Bisistaler Musikanten

Am 17. Januar war ich in Ibach (Schwyz) zu Besuch bei Griti Ulrich-Gwerder („Schönäbödlers Paulis Frau“, Jg. 1928), in ihrer Alterswohnung.

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Griti Ulrich-Gwerder
(Bildquelle: feldwaldwiesenblogger)

Griti Ulrich ist im Rossmattli in Schwyz geboren. Ihr Vater spielte Büchel und Mulörgeli. Anno 1947 ging sie einen Sommer lang mit ihrem Bruder auf Geitenberg ob Bisistal „z’Alp“.
Als Griti Ulrich ein wenig Geld besass, kaufte sie erst ein Velo und dann eine Handorgel. Sie spielte nach ihren Angaben aber vorher schon (heimlich) auf Bruder Karis Handorgel, und lernte so ein paar Tänzli.
Griti Ulrich ging in jungen Jahren für einige Zeit nach Amerika und nahm ihre eigene Handorgel mit. In Amerika musizierte und sang sie, und verbrachte eine schöne Zeit.

Als sie wieder zuhause in Schwyz war, wollte Griti Ulrich schon bald wieder „durä“. Paul Ulrich („Schönäbödlers“) vom Schönenboden in Bisistal kam zu dieser Zeit zu ihr „z’Dorf“. Eigentlich hätten sie miteinander nach Amerika gehen wollen. Da Paul Ulrich’s Mutter aber laut Griti Ulrich deswegen unglaublich traurig gewesen wäre, blieben die beiden. Paul Ulrich baute im Bisistal vis-à-vis vom Restaurant Schönenboden ein Haus, und sie heirateten im September 1956. Paul Ulrich führte die Poststelle im Bisistal. Gemeinsam hatten sie vier Kinder und durften eine glückliche Zeit erleben.

Die rüstige 86-Jährige berichtete von ihrem reichhaltigen Leben, von der eigenen Familienkapelle „Huusmusig Familie Ulrich“ und von ihrem Zither-Spiel. Daneben wollte ich aber auch etwas über die Bisistaler Musikanten erfahren. Im Folgenden gebe ich wider, was sie mir zu erzählen wusste.

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Bisistal
(Bildquelle: de.wikipedia.org)

Einer der wohl bekanntesten Bisistaler Musikanten in den alten Zeiten war Paul Suter („Fruttler“), welcher mit Rees Gwerder zusammenspielte und mit ihm in dessen Muotathaler Tagen auch auftrat.
Paul Suter wohnte mit seiner Familie im Seeberg (Bisistal) und war Landwirt. Er hatte mehrere Kinder, zwei heissen Beat und Marie. Griti Ulrich erzählte mir von diesen beiden, da sie für die „Bisistaler Musikanten“ von Interesse sind.

Beat Suter wohnt nun in Schattdorf auf Haldi und ist dem Vernehmen nach ein sehr guter Handorgelspieler. Er spielt unter anderem sogar „Lunnitänz“.

Beat Suter’s Schwester Marie ist die Mutter von Roman und Theo Schmidig. Die beiden jungen Musikanten spielten vor einigen Jahren gemeinsam beim Ländlertrio „Echo vom Mälchberg“. Roman Schmidig und Marcel Schelbert („Kutzeners“) spielten in dieser Formation Schwyzerörgeli und Handorgel, Theo Schmidig Klavier und Bass. Das Trio brachte 2005 sogar eine CD raus, hat sich in der Zwischenzeit aber aufgelöst.

Roman und Theo Schmidig machen aber weiterhin Ländlermusik. So spielten sie im Jahr 2013 beispielsweise zusammen mit ihrem Onkel Beat Suter im Restaurant Fluhhof (Ried-Muotathal) am „Muotitaler Ländlersunntig“.

Der Vater von Roman und Theo Schmidig ist der im November 2014 leider verstorbene Wisel Schmidig. Er war auch ein Bisistaler. Wisel Schmidigs Mutter Lisi ist eine Schwester von Oswald und Franz Föhn („Föhnä“) ab der Windegg. Der talentierte Klavierspieler wuchs ebenfalls auf der Windegg auf.
Wisel Schmidig hat angeblich schon früh mit dem Klavierspiel begonnen. Der mit einem guten Musikgehör ausgestattete Musikant entwickelte sich zu einem sehr guten Klavierspieler und musizierte später bei mehreren Formationen (unter anderem mit der „Kapelle Kari Suter“).

Griti Ulrich erzählte, dass sie und ihr Mann Paul Ulrich um 1970 ein Jahr im Restaurant Schäfli wirteten. Fredy Zwimpfer kam damals fast jeden Abend ins Schäfli. Um etwa 21.30 Uhr begann Fredy Zwimpfer jeweils mit der chromatischen Piccolo-Handorgel, welche die Ulrichs in der Gaststube hatten, zu spielen. „Fredy spielte sehr schön auf diesem kleinen Instrument. Er war halt schon ein guter Handörgeler. Einige Wirtshausbesucher kamen sogar extra, um den Klängen von Fredy zu lauschen“, wusste Griti Ulrich zu berichten.
Nebst Fredy Zwimpfer kehrte auch Wisel Schmidig manchmal im Restaurant Schäfli ein. Dieser zeigte der damaligen Serviertochter Rita Betschart ein paar Sachen auf dem Klavier. Rita Betschart ist eine Nichte von Griti Ulrich und heiratete später den Klarinettisten Paul Gwerder. Rita Gwerder-Betschart wohnt heute in Brunnen. Sie wurde eine gute Klavierspielerin, und spielt auch in Ländlerkapellen.

Die bereits erwähnten Oswald und Franz Föhn ab der Windegg waren ebenfalls sehr gute Handorgelspieler. Oswald Föhn musizierte auch in der bereits erwähnten „Kapelle Kari Suter“.
Franz Föhn spielte im „Handorgelduo Suter-Föhn“, zusammen mit Willy Suter („Stützlers“, Handorgel) und Niklaus Renggli (Klavier).
Die beiden Brüder hatten aber auch ein eigenes Handorgelduo, am Klavier begleitete sie Niklaus Renggli.

Der Vater von Oswald und Franz Föhn hiess ebenfalls Franz. Er spielte früher Klarinette und sang im Kirchenchor Bisistal. Griti Ulrich erzählte, dass Franz Föhn eine schöne Bassstimme hatte, und sogar Musiknoten lesen konnte. Er sei sehr musikalisch gewesen.
„Ich hörte Franz Föhn singen, das war wunderbar und hat mich beeindruckt“, schwärmte Griti Ulrich.
Der Klarinettist und Sänger Franz Föhn ist übrigens der Grossvater vom jetzigen Alpenrösli-Wirt Franz Föhn (Restaurant Alpenrösli Muotathal).

Apropos Gesang und Kirchenchor: Rosi Schmidig vom Ahornberg hat früher während vielen Jahren jeden Sonntag in der Kirche Bisistal Kirchenorgel gespielt. Rosi Schmidig war zudem sehr viele Jahre Köchin im Restaurant Schwarzenbach.

echo vom pfannästock (www.mediamondo.ch)
„Echo vom Pfannästock“
(Bildquelle: www.mediamondo.ch)

Weiter darf man natürlich das bekannte „Echo vom Pfannästock“ vom Schwarzenbach nicht vergessen. „Felixä“, wie sie bei uns im Muotatal genannt werden, traten in den Anfangstagen als Familienkapelle auf. Später bestand die Formation aus den drei Geschwistern Alois, Vreni und Hedy Ulrich. Gespielt wurde auf Schwyzerörgeli, Handorgel, Geige und Bassgeige. Das „Echo vom Pfannästock“ absolvierte viele Auftritte, auch weit über unsere Kantonsgrenze hinaus. Die Kapelle gibt es seit einigen Jahren nicht mehr.

Griti Ulrich wusste zu „z’Felixä“ zudem folgendes zu erzählen: „Der Vater von Alois Ulrich senior hiess Felix, deshalb der Übername „Felixä“. Dieser soll früher sehr schöne alte Jützli vorgetragen haben. Er brachte dabei die Jützli mit so vielen „Ränkli“, wie man sie heutzutage leider nicht mehr zu hören bekommt.“

schwyzer zither (www.zitherbau.ch)
Schwyzer Zither
(Bildquelle: www.zitherbau.ch)

Die Schwiegermutter von Griti Ulrich, Theres Ulrich, („z‘Wildä Theres“, von der ehemaligen Wirtschaft „Wildä Maa“ im Boden, Ried-Muotathal) hat auch Musik gemacht. „Schönäbodä Muätter“, wie sie von Griti Ulrich genannt wurde, hat angeblich sehr schön Schwyzer Zither gespielt. Theres Ulrich musizierte öfters im Restaurant Schönenboden, zusammen mit dem Handorgelspieler Paul Ulrich, ihrem Sohn und Griti Ulrichs Mann, für Gäste.
Griti Ulrich hat nach dem Tod der Schwiegermutter mit dem Zither-Spiel angefangen. Sie hat die Instrumente, sogenannte „Sisiger Zithern“, von Theres Ulrich übernehmen dürfen, und brachte sich das Spiel selber bei. Griti Ulrich erklärte: „Bei den Sisiger Zithern handelt es sich um Schwyzer Zithern, welche ein gewisser Aschwanden in Sisikon UR hergestellt hatte. Schwiegermutter Theres Ulrich kaufte sie dort vor vielen Jahren.“

„Ich hatte das Gehörte von Theres Ulrich, traditionelle Stückli, noch im Kopf. Ich habe ihr immer schön zugehört“, meinte Griti Ulrich. Wenn sie gewisse Teile nicht mehr wusste, half ihr Mann Paul Ulrich weiter. „Wenn wir später aufspielen gingen, habe ich „Schwiegermutter’s Tänzli“ jedes Mal gespielt, und noch solche, welche ich dazu lernte“.

Die heute nicht mehr aktive Zither-Spielerin hatte ein lebendiges Spiel mit einem schönen Zug, und strich mit dem Plektrum auf den Saiten hin und her, anstatt nur von einer Richtung her. Laut Griti Ulrich hatte sie das von ihrer Schwiegermutter so übernommen. Vorher habe sie noch niemand so spielen sehen. „Mir gefiel dieser Stil mit dem einseitigen, von einer Richtung über die Saiten streichen nicht. Darum habe ich es auch nicht gelernt“ ergänzte sie.

Hier mache ich eine Klammer auf für eine weitere Bisistaler Formation: Die Familienkapelle „Huusmusig Familie Ulrich“.
Griti Ulrich spielte nach dem Erlernen des Zither-Spiels vorerst mit ihrem Mann zusammen, welcher sie mit der Handorgel begleitete.
Als ihre Kinder grösser waren, kaufte ihnen Griti Ulrich verschiedene Musikinstrumente: Geige, Bassgeige, Piccolo-Handorgel, Büchel, Schwegelpfeife und Flöte.
Sie gründeten dann die besagte Familienkapelle. Die erwähnten Instrumente wurden eingesetzt, vor allem aber Schwyzer Zither, Handorgel, Geige, Bassgeige und Klavier. Griti spielte Schwyzer Zither sowie Handorgel, Paul Handorgel, Paul junior spielte Bassgeige sowie Klavier und René Geige.
Als René wegen einer Armbehinderung nicht mehr musizieren konnte, spielte das jüngste der Kinder, Margreth, in der Familienkapelle Geige. Margreth betätigte sich zudem an der Schwegelpfeife.

Griti Ulrich erklärte weiter: «Wir hatten etliche Auftritte mit der Familienkapelle. Als Paul junior und René mit etwa 30 Jahren starben, gingen wir nicht mehr so viel aufspielen. Es hat uns einfach nicht mehr viel gesagt. Mit Margreth zusammen gingen wir noch an ein paar Auftritte.»
Es sind übrigens auch Plattenaufnahmen der „Huusmusig Familie Ulrich“ vorhanden.

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Restaurant Schönenboden (Bisistal)
(Bildquelle: www.muotathal.ch)

Volksmusik im Bisistal wurde früher schon in den beiden Restaurants Schönenboden und Schwarzenbach gespielt. Auch heute noch treten dort regelmässig Ländlerformationen auf, so beispielsweise am Bisistaler Schafmärcht.
Auf die Frage nach „Schloffätänz“ im Bisistal sagte Griti: „Vielleicht gab es solche im Heimetli Sonnenberg. Die Schmidigs dort verfügten über viel Musikgehör und machten früher auch Ländlermusik. Später zogen sie fort. Cäcilia Schmidig-Schmidig, Frau von Franz Schmidig senior („Lunnis“) stammte ebenfalls vom Sonnenberg.“
Cäcilia Schmidig-Schmidig wurde weit über die Muotathaler Grenzen hinweg bekannt als Komponistin von etwa vierzig Muotathaler Liedern wie „Im Muotaland isch schön“, „Im Stoos ob Schwyz“ und „Wänn alläs blüäht im Muotithal“.

Zölestin Gwerder („Dominälis Stinul“) war ebenfalls ein Bisistaler Musikant, welcher unter anderem mit Rees Gwerder spielte. Der von der Hilträteren stammende Schwyzerörgeler wohnte später im Hinterthal, genauer gesagt in der „Mühle“ im Bödeli. Ich erwähnte Zölestin Gwerder bereits in einem älteren Blogbeitrag: „Lisäbethler“, „Egg-Basch“ und eine Anekdote vom ersten eidgenössischen Ländlertreffen in Sargans (1971)»

Heutzutage ist Paul Schelbert („Baschäwisels“) noch ein aktiver Bisistaler Musikant. Er spielt hervorragend Schwyzerörgeli, was angeblich schon sein Vater Alois tat.

Griti meinte zum Schluss unseres Gesprächs, dass das, was sie noch wusste, an einem kleinen Ort sei. Ich widersprach ihr, und sagte, dass das Gegenteil der Fall war. Ich bedankte mich bei Griti Ulrich für ihre wertvollen Aussagen und Antworten.

feldwaldwiesenblogger

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