Echte Liebe

Leute, der zweite Carte blanche-Beitrag ist eingetroffen!
Ich habe mich sehr gefreut, als mich letzte Woche Ivan kontaktierte. Er fragte mich, ob er auch einen eigenen Beitrag verfassen dürfe, und zwar etwas über die Bundesliga. «Natürlich darfst du» schrieb ich ihm zurück.
Wenige Tage später traf der Beitrag von Ivan, mit dem Titel «Echte Liebe», bei mir ein.

Nach etwas harzigem Start in mein neues Projekt «Carte blanche» kann ich nun den zweiten Beitrag nach Silvia Götschi’s Premiere (24.1.2013) präsentieren. Ein dritter wird demnächst folgen, wie mir Blanca Imboden kürzlich verriet.

Hier also Bühne frei für Ivan!

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Echte Liebe

Von Ivan

Irgendwie unbeschreiblich was die letzten Jahre alles abgeht in Dortmund! Im Jahr 2005 stand mein Verein noch kurz vor dem Bankrott und jetzt stehen wir im Champions League-Finale!
Dazu die überraschende Meisterschaft 2011 und der noch überraschendere Gewinn des Doubles aus Pokal und Meisterschaft 2012. Das Ganze mit einer überdurchschnittlich jungen und talentierten Mannschaft, die von Trainer Jürgen Klopp nach dem fast-Kollaps praktisch von Null aufgebaut wurde.

Echte Liebe – einerseits ein klar marketingstrategischer Slogan, andererseits aber einer der irgendwie in die Dortmunder Fanseele passt!
Ich verspüre diese „echte Liebe“ jeweils daran, dass es mir nicht kalt den Rücken runter läuft, sondern kalt den Rücken hoch wenn ich an gewisse Situationen denke oder es auf dem Platz richtig geil abgeht – das ist ein sensationell tolles Gefühl.

Der geneigte Leser mag sich fragen, warum ein Innerschweizer so sehr für einen Verein aus dem grossen Kanton schwärmen kann – ich habe darauf auch keine Antwort…
Alles begann irgendwann als ich noch klein war, Papa schaute sich samstags immer die Sportschau an, ich natürlich mit. Die Sympathien waren klar verteilt, Papa mochte den kleinen wendigen Chappi und fieberte wohl deshalb auch immer ein wenig mit den schwarzgelben Borussen mit. Wie es so ist, die Kleinen schauen sich dem Papa gern mal was ab und PENG – auch ich fieberte fortan mit den Borussen mit.

Was folgte waren tolle Jahre: spannende UEFA-Cup-Abende vor dem Fernseher mit einer Megapackung Schokoladeneis, um welches sich Papa und ich jeweils mit den Esslöffeln stritten, ein unvergesslicher Besuch in München mit meinem Cousin und Firmgötti im altehrwürdigen Olympiastadion (ich höre noch heute das Lied welches die mitgereisten Dortmunder sangen, es war das Comeback-Spiel von Chappi, nachdem dieser vom Co-Trainer im Trainingsspiel schwer verletzt wurde: der Chapuisat ist wieder da), 1995 die erste Meisterschaft nach 32 Jahren langen Wartens, Meisterschaft 96. Es folgten Champions League-Abende. All das gipfelte 1997 im Champions League-Triumph, welcher im immer noch altehrwürdigen Münchner Olympiastadion realisiert wurde, als der erst 20-jährige Lars Ricken mit seinem Traumtor zum 3-1 über die alte Dame aus Turin alles klar machte, sowie dem Weltpokalsieg über Belo Horizonte (BRA) in Tokio durch Tore von BVB-Legende und aktuellem Sportchef Michael Zorc und Heiko Herrlich. Für mich als Schweizer BVB-Fan noch schöner: Diese Jahre prägten zwei Schweizer (ja gut, vielleicht eineinhalb) ganz wesentlich mit: Stéphane Chapuisat und der jetzige Naticoach Othmar Hitzfeld!

Nach einiger Zeit des Wartens folgte dann 2002 unter der Leitung des heutigen Bayern-Sportvorstands Matthias Sammer die 6. und für längere Zeit wieder letzte Deutsche Meisterschaft der mittlerweile börsenkotierten Borussen aus dem Kohlenpott!

Wie angesprochen folgte eine lange Zeit des Wartens auf einen auch nur annähernden Erfolg des BVB. Die Einnahmen aus den erfolgreichen Champions League-Jahren wurde für überteuerte Stars und das Stadion ausgegeben. Irgendwann war dann halt Sense und nix mehr da. Die BVB-Mitgliederversammlung musste im Jahr 2005 gar einem Sanierungskonzept zustimmen.
Die rigorose, aber unumgängliche Konsolidierung und Sanierung durch die Bosse Reinhard Rauball und Aki Watzke zollte natürlich ihren Tribut: Fortan wurden kleinere Brötchen gebacken… sehr viel kleinere! Die Platzierungen wurden in der Folge leider immer ungewohnter und gipfelten schliesslich 2008 im 13. Platz und dem zeitweise heftig spukenden Abstiegsgespenst.

2008 wurde Jürgen Klopp als neuer Übungsleiter engagiert. Der für Bundesliga-Verhältnisse junge Übungsleiter formierte nach und nach eine junge und äusserst talentierte, hungrige Mannschaft.
Was anfangs noch niemand zu träumen wagte, der Mann würde die Schwarzgelben auf die Erfolgsstrasse zurückführen! Für mich ist es noch immer unfassbar was dieser TYP für Borussia Dortmund getan hat! UND: Der Mann lebt Fussball wie fast kein zweiter, der Pöhler passt zu Dortmund wie die feine Rahmkirschtorte «vo z‘Konditers» zum schönen Muotathal!

Plötzlich kommen alte, fast verloren geglaubte Gefühle zurück! Aber nicht nur das, auch Erinnerungen, die ich weiter oben schon beschrieben habe.

Die Jungs spielten sich allmählich in einen Rausch und damit in die Herzen der Fans! Sie begeisterten die Fussballfans gar über die deutschen Landesgrenzen hinweg. Das Märchen erreicht 2011 einen ersten Höhepunkt mit dem überragenden Meistertitel! Dieser Titel kam mehr als überraschend für alle und war demnach umso schöner! Dass eine soooo junge Mannschaft einen so attraktiven und berauschenden Fussball spielen kann, hat für grosses Aufsehen gesorgt, was letztlich auch Begehrlichkeiten der ganz grossen Clubs in Europa weckte. Nuri Sahin, der Überflieger der Saison, wechselte zu Real Madrid.

Aber auch in der Folgesaison 2012 liess das Team um Jürgen Klopp nicht nach, verkraftete diverse Ausfälle und den Sahin-Abgang, als ob nichts gewesen wäre und schafft noch viel überraschender die Titelverteidung und somit die insgesamt 8. Deutsche Meisterschaft. Nicht nur das, man schaffte es sogar, unseren ärgsten Gegner aus dem Freistaat Bayern noch mehr zu verärgern und erdreistete sich auch das Pokalfinale gegen ebenjenen FC Bayern zu gewinnen. Das Spiel war eine einzige riesige Fussballparty! Mit 5 zu 2 wurden die grossen Bayern abgefertigt und ohne Lederhosen zurück nach München geschickt! Eine insgesamt traumhafte Revanche für das verlorene Endspiel 2008, welches mit 2-1 knapp zu Gunsten der Rot-Weissen ausfiel.

Die aktuelle Saison endet nur deshalb nicht in einer erneuten schwarzgelben Meistersause, weil der neue deutsche Meister eine intergalaktische Saison spielt! Unsere Jungs haben aber wiederum gezeigt, dass sie ebenfalls einen ganz tollen Fussball spielen können. Sei es weil der Abgang des quirligen Kagawa zu Manchester United problemlos verkraftet und kompensiert wurde, oder sei es, weil der BVB in dieser Champions League-Saison klasse Fussball zeigt und kurz vor Europas Krone steht. Spiele wie in dieser Champions League-Saison lassen’s mir wieder kalt den Rücken hoch laufen – auch jetzt, wo ich gerade dran denke! Ich merke mehr denn je, Borussia Dortmund ist für mich nicht nur „echte Liebe“ sondern auch Intensität pur! Bei jedem Spiel gehe ich ab, sei es vor dem TV oder via BVB-Netradio. Nobby Dickel der Stadionsprecher, Fan, Spielerlegende und Netradio-Kommentator fiebert da jeweils mit wie ein Brasilianischer TV-Kommentator in einem WM-Finale der Selecao – das reisst mit!

Ich habe kein Problem damit, hinter der aktuell besten Fussballmannschaft der Welt, sowie dem bestgeführten Sportclub der Welt zweiter zu werden.
Gratulation hiermit nach München zur Meisterschaft und dem wohl anstehenden Pokalgewinn – das sollte dann aber bitte reichen…

Jetzt freue mich diebisch auf das Endspiel um den Henkelpott, welches die beiden aktuell wohl besten Mannschaften dieses Planeten bestreiten werden!

Ganz egal wer am 25. Mai den heiligen Rasen vom Wembley als Sieger verlässt, der Fussball hat schon gewonnen! Ein Schritt in die richtige Richtung, ohne Scheichs die sich einen Traditionsverein wie ManCity oder PSG als Spielzeug zulegen und monströse Ablösesummen aus der Portokasse zahlen. Nein, zwei solide wirtschaftende Vereine wie der Ballspielverein Borussia 09 Dortmund und der FC Bayern stehen sich im Finale gegenüber. Das hat Signalwirkung und tut dem europäischen Club-Fussball extrem gut!

Natürlich kann ich nicht verleugnen, dass es für mich ein Riesengefühl wäre, wenn meine Dortmunder-Jungs den (übrigens äusserst sympathischen) Osram ein letztes Mal als Bayern-Trainer zum Glühen bringen…

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Wau, das Thema hätte passender nicht sein können! Ivan ein glühender Anhänger von Borussia Dortmund und ich ein eben solcher vom FC Bayern München. Und beide stehen sich am 25. Mai im Wembley im Endspiel der Champions League gegenüber.
Ivan meinte, ob wir mal gemeinsam ein Bayern-Dortmund-Spiel in München besuchen wollen. Aber sicher doch!

Wie ihr seht, habe ich absolut keine Berührungsängste mit Fans von anderen Mannschaften. Ganz im Gegenteil: Ich stelle sogar Beiträge von ihnen in meinen Blog.
Ich darf mich wirklich als «den etwas anderen Fan» bezeichnen, und mags auch dem Gegner gönnen, wenn er gewinnt und gut spielt.
Gerade gestern Abend (Ironie des Schicksals?) sass ich beim Heimsieg der Luzerner über den FC St. Gallen neben einem Dortmund-Fan in der swisspor-Arena!

feldwaldwiesenblogger

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