Gespräch mit Pfarrer Toni Schmid, Teil 2

Am 22. November stellte ich Teil 1 meines Gespräches mit Pfarrer Toni Schmid in den Blog. Darin ging es um eine kleine Einleitung und warum ich mit Pfarrer Schmid ein Gespräch führen wollte.

Als erstes fragte ich Herr Schmid beim Gespräch: «Wieso Mission?» Er gab mir zur Antwort, dass ihn seine Schwester dazu animierte und gab mit der Befreiungstheologie in Südamerika und dem Konzil noch zwei weitere Beweggründe an.


(Bildquelle: feldwaldwiesenblogger)

Nun folgt Teil 2 unseres Gespräches.

Wie lange Mission?

Pfarrer Toni Schmid: «Beim ersten Mal in Kolumbien war ich sechs Jahre in einer Pfarrei mit einer Krankenschwester und einer Lehrerin, die auch Katechetin war. Die Lehrerin ist eine Urnerin, und heisst Emmi Arnold. Sie war vorher Lehrerin in Altdorf. Wir waren im Landesinnern, im Norden von Kolumbien. Damals war alles noch ruhig, man konnte noch zu den Menschen gehen.
Die Pfarrei, welche ich hatte, war sehr gross, und wies eine Distanz vom Sörenberg bis nach Zürich auf. Wir waren zu Fuss, mit Pferden und Autos unterwegs.

Ein Grossgrundbesitzer hat dann in unserer Gegend Land gestohlen, in dem er die Landurkunden fälschte. 26 Bauern, welche auf diesem Land waren und keine Schriften hatten, liess der besagte Grossgrundbesitzer wegen angeblichem Landraub vom Militär verhaften und während acht Monaten ins Gefängnis werfen. Dabei war der Grossgrundbesitzer der Landräuber.

Diese Bauern kamen dann zu uns, und wir gaben ihnen Geld für einen Juristen. Der Jurist ging wahrscheinlich auch zum Grossgrundbesitzer. Man fand dann heraus, dass der Grossgrundbesitzer den Juristen auch bezahlt hat. Wie das halt dort drüben so ist, mit Geld macht man halt alles.

Daraufhin ging ich zum Bischof. Das war ein lieber, gescheiter und frommer Bischof. Ich fragte ihn: „Ob er einen soliden und guten Juristen kenne? Wir kennen nämlich bei uns im Land draussen keinen.“ Der Bischof klopfte mir auf die Schulter und sagte dabei: „Ihre Aufgabe, Padre, ist nichts anderes, als Messen feiern und beten. Das geht Sie nichts an, das sind juristische Sachen.“

Das war die alte, traditionelle Theologie gewesen, wo man hinauf schaut in den Himmel, betet und fromm ist. Die anderen daneben lässt man einfach „verrecken“.


(Bildquelle: www.horyzon.ch)

Etwas später lernte ich bei der Sprachschule in Bogota einen Jesuiten kennen. Dieser erzählte mir, dass sie zwei Fachleute für Landfragen haben, und er mir einen schicke. Diese Fachleute, Juristen, werden übrigens von den Katholiken in Holland bezahlt. Denn das war wegen den Grossgrundbesitzern bitter nötig. Denen war nicht über den Weg zu trauen. Wenn nämlich so ein Grossgrundbesitzer sagte, er habe Land gekauft, war das etwa so glaubwürdig wie ein Sörenberger Bauer, welcher behauptet, er habe einen Christbaum gekauft.

Dieser Jurist wollte dann mit dem Grossgrundbesitzer vor Gericht. Es wollte jedoch kein Gericht unser Anliegen behandeln. Auf dem Katasteramt gab man uns darüber auch keine Auskunft. Das war alles richtiggehend organisiert. Der Jurist ging wieder, und sagte mir aber vorher: Ich soll einmal an einem Nachmittag, wenn so richtig schwüles und heisses Wetter herrsche, aufs Katasteramt gehen. Denn dann würde der Chef nicht dort sein.»

So war es auch. Es war ein junger Mitarbeiter dort, der wahrscheinlich neu dort war und keine grosse Ahnung hatte. Dieser zeigte mir alles und dabei tauchte tatsächlich eine alte Urkunde des Grossgrundbesitzers auf. Dieses Schriftstück besagte, dass der Mann vor längerer Zeit das gleiche Land dem Staat für umgerechnet viereinhalb Millionen Schweizer Franken verkaufte. Der Grossgrundbesitzer liess dann diese Landurkunde verschwinden, dieser Mistkerl.
Er dachte nicht mehr daran, dass noch irgendwo ein schriftlicher Beleg vorhanden sein könnte.
Zum Glück fand ich diese alte Urkunde. Denn diese belegte eindeutig den Betrug, den der Grossgrundbesitzer beim Erstellen einer neuen Urkunde machte.

Ich rief dann den Juristen an, und erzählte ihm von meinem Fund. Dieser fragte sofort, ob ich das gefundene Schriftstück beglaubigen liess. Ich verneinte, weil ich in jenem Moment nicht daran dachte. Er meinte, mit Geld liesse sich viel regeln. Er riet mir, diese Urkunde von jemandem bestätigen zu lassen. Ich ging dann zu einer Notarin. Diese glaubte mir sofort und stellte fest, dass die alte Landurkunde nicht gefälscht war. Ich liess sie von ihr beglaubigen.
Darauf gingen wir vor das Nationalgericht. Das kostete uns wohl 10‘000 Dollar, aber wir gewannen und erhielten Recht.


(Bildquelle: feldwaldwiesenblogger)

Dies zeigte uns, dass wir mit einem guten Juristen und mit Schweizer Geld, dass wir jeweils aus der Heimat als Spenden erhielten, doch einiges ausrichten kann. Der Grossgrundbesitzer hatte wohl im Departement Macht, verlor vor Gericht aber trotzdem den Prozess.

Darauf liessen wir ein Fest steigen und die Bauern kamen nach acht Monaten wieder aus dem Gefängnis. Übrigens, zu jener Zeit war ich schon sechs Jahre in Kolumbien.

Der gleiche Jesuit rief mich bald nach dieser Geschichte an, und sagte mir, dass ich sofort nach Bogota kommen und verschwinden soll. Ich sei in den zwei grössten Zeitungen von Kolumbien, „El Espectator“ und „El Tiempo“, auf der Frontseite. Darin sei beschrieben, dass bei uns eine kommunistische Zelle sein soll. Der Padre dort habe internationale Beziehungen und sei wahrscheinlich zuständig für die Waffeneinfuhr der Kommunisten.

Damals hatte man ja in ganz Südamerika wegen Kuba einen „Kommunismusschrecken“. Mit solcherlei Verdächtigungen konnte man jemanden fertig machen.

Der Jesuit erklärte mir weiter, es gebe in Kolumbien ein Gesetz, mit welchem Polizisten befördert werden, wenn sie einen öffentlich erklärten Kommunisten erschiessen.
Dann werde auch gleich klar, ob sie die Zeitungen gelesen haben.

Darauf ging ich halt retour in die Schweiz und war während zehn Jahren Pfarrer in Luzern.»

Beim Teil 3 erzählt Pfarrer Toni Schmid darüber, wie sein zweiter Aufenthalt in Kolumbien verlief. Denn nach den besagten zehn Jahren in Luzern ging Schmid ein zweites Mal nach Kolumbien in die Mission.

feldwaldwiesenblogger

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