Joel Wicki: Ein Jahrhundert-Talent?

schwingkolumne

Um das Jungtalent Joel Wicki haben sich in den letzten Wochen die Ereignisse richtiggehend überschlagen. Erst stand der 18-Jährige beim Stoos-Schwinget im Schlussgang, welchen er gegen den Routinier Philipp Laimbacher (noch) verlor.

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Quelle: Jakob Niederberger/YouTube

Letzten Sonntag, eine Woche später, erreichte Wicki beim Schwing- und Älplerfest Schwarzsee in Plaffeien (FR) wieder den Schlussgang. Diesmal liess er seinem Gegner, dem Schwyzer Adrian Steinauer, keine Chance. Der Sörenberger feierte seinen ersten Kranzfestsieg. Schier unglaublich!

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Quelle: Jakob Niederberger/YouTube

Nach dem Stoos-Schwinget stand in einem NZZ-Artikel, dass Joel Wicki keine Angst vor den Grossen kennt. Diese Tatsache unterstrich er auf eindrückliche Art und Weise an allen Schwingfesten, bei welchen er dieses Jahr antrat. Nicht umsonst hat er sich in dieser Saison bereits sechs Kränze erkämpft.
Die beiden Bergkränze sind zudem nicht die ersten in der Sammlung des Entlebuchers: Letztes Jahr holte er sich auf der Rigi und dem Brünig die begehrten Bergtrophäen Nummer eins und zwei ab. Kaum zu glauben, aber Wicki besitzt jetzt schon 12 (!) Kränze.
Im Jahr 2013 erschwang sich der damals 16-Jährige am Luzerner Kantonalfest den ersten Kranz, welcher ihm die Teilnahme beim ESAF in Burgdorf einbrachte.

Weiter war im besagten NZZ-Beitrag zu lesen: „Die starke Leistung wird seiner Mutter noch mehr Arbeit bescheren.“ Mutter Esthi Wicki ist es auch, die Koordinationsaufgaben wie Anfragen von Fans, Sponsoren, Medien und die Betreuung der Homepage übernimmt. Damit sich der Junior auf seine Lehre als Baumaschinenmechaniker und das Schwingen konzentrieren kann.
Esthi Wicki sagte diese Woche bei einem Tele 1-Interview, dass sie auch einen Massage-Kurs besuchte, um die Muskeln ihrer beiden schwingenden Söhne massieren zu können. Joel hat noch einen älteren Bruder, Kevin, welcher kürzlich beim Luzerner Kantonalen auch auf sich aufmerksam machte.

Im NZZ-Beitrag von Anja Knabenhans war auch zu lesen, dass Joel Wicki achtsam mit seinem Körper umgeht. Er setzt auf einen sorgfältigen Aufbau und genügend Regeneration. Bezüglich Krafttraining sei noch Steigerungspotenzial vorhanden, denn Wicki trainierte bisher noch nicht mit den schwersten Gewichten, um den Rücken nicht überzubelasten. Der Baumaschinenmechaniker-Lehrling träumt sogar vom Königstitel.
Das darf er auch, denn Wicki ist ein Riesentalent, vielleicht sogar ein Jahrhundert-Talent. Für den Innerschweizerischen Schwingerverband jedenfalls eine willkommene Bereicherung.

Die starken Leistungen diesen Frühling und der bärenstarke Auftritt auf dem Stoos veranlassten mich schon letzte Woche einige Fragen Richtung Sörenberg zu entsenden. Genauer gesagt am Donnerstag, 18. Juni. Dann kam die grosse Sensation: Der Sieg beim Schwarzsee-Schwinget. Völlig verständlich, dass Wickis Antworten erst sechs Tage später, also am Mittwoch, 24. Juni bei mir ankamen. Aus diesem Grund sind nicht alle meiner gestellten Fragen ganz auf dem aktuellen Stand…

joel wicki (bildquelle nzz)
Bildquelle: nzz.ch

Fünf Kränze haben sich diese Saison erst zwei Schwinger erkämpft. Dies sind ausgerechnet die beiden Jungtalente, also du und der Berner Remo Käser. Du liegst in der Schlussgang-Wertung gar auf Platz vier (Stand Montag, 15. Juni), eingebettet zwischen den Eidgenossen Benji von Ah und Matthias Glarner. Das ist schlicht sensationell, wenn man bedenkt, dass du erst 18 Jahre alt bist. Woher kommt diese Stärke?
„Ich habe mittlerweile sechs Kränze und bin auf Rang zwei der Schlussgang-Wertung. Ich bin schon seit meiner Jugend ein kräftiger Bursche und habe sicher auch etwas von meinen Eltern mitbekommen.“

Bist du gewissermassen ein Jahrhundert-Talent? Haben deine Vorfahren schon geschwungen? Sind Entlebucher einfach von Natur aus bärenstark?
„Ein Jahrhundert-Talent, das kann ich nicht selber beurteilen. Ich habe es aber auch schon gehört. Mein Vater hat früher an Kilbischwinget teilgenommen. Ja, vielleicht sind Entlebucher tatsächlich von Natur aus stark.“

Ich habe kürzlich gelesen, dass du einen sorgfältigen Aufbau betreibst, gerade auch hinsichtlich Kraft. Wie hast du dich auf diese Saison vorbereitet?
„Ich trainiere sehr vielseitig. Mein Training beinhaltet Kraft- und Ausdauereinheiten.“

Hattest du einen Trainingsplan, mit Vorgaben und Gewichtsgrenzen beim Krafttraining?
„Ja, das hatte ich. Zudem verfüge ich über sehr gute Trainer und Trainingspartner, welche genau auf mich geschaut haben.“

Du sollst gar vom Schwingerkönig-Titel träumen. Ist das im nächsten Jahr schon ein Thema? Gedenkst du dich hinsichtlich Estavayer speziell vorzubereiten? Allenfalls mit einem separaten Trainer?
„Ich habe nächstes Jahr die Lehrabschlussprüfung. Zuerst kommt der Beruf, dann der Sport. Zudem nehme ich es wie’s grad kommt.
Nein, ich habe keinen separaten Trainer. Ich bin mit meinen Trainern und Trainingspartnern sehr glücklich und zufrieden.“

Ist mentales Training bei dir auch ein Thema?
„Natürlich, das mentale Training darf nicht fehlen.“

Vor kurzem schrieb Manuel Röösli im Kommentar einer Schlussgang-Ausgabe über dich: „Zudem muss sich der Luzerner (…) auch seine Schwingweise ändern. Ein derart extrem ins hohle Kreuz gezogener Kurzschwung kann auf Zeit hinaus kaum förderlich für den Rücken sein.“
Was meinst du dazu, hat Röösli recht? Denkst du, dass du deine Schwingweise ändern oder anpassen musst? Was meinen deine Trainer dazu?
„Seit eh und je mache ich den Kurz so, da brauche ich nichts zu ändern. Ich mache zudem spezielles Krafttraining dafür…“

Auf dem Stoos lehrtest du die arrivierten Schwinger das Fürchten. Nach den viel umjubelten Siegen gegen Stefan Burkhalter und Martin Grab stoppte dich erst Philipp Laimbacher im Schlussgang. Wie geht dein Weg weiter? Liegt dieses Jahr schon der erste Kranzfestsieg drin?
„Ja, wie du sicher weisst, habe ich am Schwarzsee meinen ersten Kranzfestsieg gefeiert.“

Bei welchen Kranzfesten trittst du dieses Jahr noch an?
„Am 5. Juli beim Innerschweizerischen Schwing- und Älplerfest in Seedorf (UR) und Ende Juli beim Brünigschwinget.“

Welche Schwinger sind oder waren deine Vorbilder?
„Benno Studer selig und Ueli Banz.“

Deine Mutter kümmert sich um die Koordinationsaufgaben, damit du dich aufs Schwingen und die Lehre konzentrieren kannst. Wie sieht eine Woche bei dir aus?
„Alle organisatorischen Aufgaben laufen über meine Mutter. Wir besprechen sie miteinander und entscheiden, was zu tun ist. In meiner Woche enthalten sind das eigentliche Schwingtraining, das Krafttraining und das mentale Training. Es läuft immer etwas, und ich muss mir die Zeit einteilen. Natürlich kommt noch die Berufsschule dazu, für welche ich auch lernen muss.“

Wicki beim Schwingen
Bildquelle: joelwicki.ch

Der 18-Jährige reift jetzt schon zu einem Spitzenschwinger. Joel Wickis explosive und offensive Schwingweise begeistert das Publikum. Mit seinen Massen (183 cm, 104 kg) bringt er gute körperliche Voraussetzungen mit sich. Wer weiss, vielleicht wandelt das Jungtalent auf den Spuren eines Jörg Abderhalden und wird eines Tages ein ganz Grosser im Schwingsport.

feldwaldwiesenblogger

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