Klara Mazenauer’s Erinnerungen an die Anfangstage der St. Josefshalle

Im ersten Teil über den 80. Geburtstag der St. Josefshalle in Muotathal widmete ich mich der frühen Geschichte. Aus der „Hediger-Halle“, welche vorher dort stand wo sich heute das Mythenforum Schwyz befindet, wurde durch die Initiative von Pfarrer Thomas Fässler die St. Josefshalle. 1935, am Stefanstag, wurde eine stimmungsvolle Einweihung gefeiert. In den Anfangstagen wurde dieses spezielle Gebäude im Wil, wo seit 1949 alljährlich das berühmte Muotathaler Theater aufgeführt wird, vor allem als Turnhalle verwendet. Im Eingangsbereich befand sich zudem der Kindergarten.

Zu der frühen Geschichte wusste Otto Hediger (Försters) einiges zu berichten. Der rüstige Rentner riet mir aber auch, eine weitere Zeitzeugin zu befragen. So besuchte ich kürzlich Klara Mazenauer, Jahrgang 1920. Die 95-jährige Dame erzählte mir dabei ein paar interessante Dinge.
Auf ihr Alter angesprochen meinte die noch recht rüstige Frau grinsend: „Die Leute sagen mir jeweils: Man sieht dir überhaupt nicht an, dass du schon 95 Jahre alt bist.“
Klara Mazenauer war damals bei der Einweihung der St. Josefshalle 15 Jahre jung.

St_Josefshalle_vor_1985
St. Josefshalle vor 1985
Bildquelle: theater-muotathal.ch

Klara Mazenauer’s Erinnerungen

Ich fragte Frau Mazenauer als Erstes, was für Erinnerungen sie mit den Anfangstagen der St. Josefshalle verbinde.
Ich besuchte damals am Ende meiner Schulzeit während einem Winter die Haushaltungs-Schule. Wir bekamen den Auftrag von der Haushaltungs-Schule, die Fensterritzen der St. Josefshalle mit Moos abzudichten, damit es weniger in die Halle zog. Wir machten das natürlich gerne, so waren wir mal weg von der Schule. Aber das Abdichten hat meines Erachtens doch überhaupt nichts genützt.
Nach dem Absolvieren der Haushaltungs-Schule blieb ich zu Hause und half meiner Mutter. Ich sagte ihr: Du hast schon so viel gearbeitet in deinem Leben, du darfst es im Alter nun ein wenig ruhiger angehen. Viele Mädchen traten damals eine auswärtige Stelle an und arbeiteten dabei meist in fremden Haushalten. Man sagte dem im Muotathal: „Fort ga, gu dienä.“
Ich war übrigens das jüngste Kind einer grossen Familie, und wuchs zusammen mit sieben Mädchen und vier Buben auf. Weitere drei Geschwister starben leider schon sehr früh. 1960 zogen wir ins neue Haus neben der Kirche. Vorher wohnten wir im alten Haus bei der Muota, wo sich einst unten drin die Darlehenskasse befand.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich damals bei Schwester Alfonsia „gemault“ habe. Dabei machte ich nicht immer alles so, wie sie es wollte. Deshalb rief sie: „Ernst bitte!“ Ich erwiderte: „Der ist gar nicht hier.“ Ich habe gedacht, sie meine meinen Bruder Ernst. Die Klosterfrau wollte aber, dass wir mehr Ernst an den Tag legten. Schwester Alfonsia hat mich darauf beim Pfarrer „verklagt“. Sie meinte, dass der Herr Pfarrer nun mit mir schimpft. Das tat dieser aber zu meinem und ihrem Erstaunen nicht.
Weiter erinnere ich mich auch, dass wir am 1. August zuerst in die Kirche zur Messe gingen. Anschliessend machten die Turner im Schachen „die Pyramide“. Josef Gwerder (Schmalauelers) zündete zudem bengalische Lichter an. Das war jeweils so schön.
Zur St. Josefshalle kann ich leider nicht mehr berichten. Da ich mir darüber schon länger keine Gedanken mehr gemacht habe, geriet die Erinnerung in Vergessenheit. Zudem war die St. Josefshalle nicht unbedingt mein Lebensmittelpunkt. Ich besuchte zwar regelmässig die Aufführungen der Theatervereinigung, hatte aber mit dem Theater sonst nie etwas zu tun. Was mir noch einfällt ist, dass ich einmal mit Leo Weissen zusammen die Kasse im Vorraum des Theaters betreute.

Otto Hediger wusste kürzlich zu berichten, dass Ihr Vater, Josef Mazenauer, selber beim Bau der St. Josefshalle mithalf. Er habe zusammen mit Schülern den Rollwagen gestossen, um Kies von der „Risi“ für den Platz, wo die Halle zu stehen kam, zu holen. Was für eine Rolle spielte Ihr Vater sonst noch für die St. Josefshalle?
Daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Mein Vater war Lehrer und unterrichtete die grösseren Primarschulklassen, zudem war er Kirchenorganist. Er war ein strenger Mann. Mein Vater kam 1898 von Mörschwil (St. Gallen) ins Muotatal. Sie kamen zu zweit und gingen sich bei Dekan Schmid vorstellen. Beide mussten auch in die Kirche zum Orgelspiel. Mein Vater konnte dabei besser Kirchenorgel spielen als der andere Kandidat. Darauf sagte Dekan Schmid: „Sie sind gewählt.“ Er brauchte für diese Wahl keinen Gemeinderat.
Aprops Dekan Schmid: Der Priester ging seinerzeit manchmal in die Oper nach Luzern. Er blieb jeweils bis zum Ende der Vorführungen. Anschliessend musste Dekan Schmid zu Fuss von Luzern ins Muotatal heim laufen. Am Vormittag, nach dem Heimmarsch, klopfte er meist um 11 Uhr an die Schulstube meines Vaters. Dekan Schmid bat dann um einen Ministranten, damit er zuerst die Messe lesen konnte. Ja, das ist alles schon so lange her!
Übrigens: Ob dem Theaterstübli in der St. Josefshalle befand sich damals ein weiteres Zimmer, welches durch einen Holzdeckel zu erreichen war. Wir von der Jungfrauen-Kongregation hatten in jenem Zimmer Unterricht. Meine Schwester Maria, eine gescheite Frau, unterrichtete uns. Sie besass eine Mutter Gottes-Statue und stellte es auf ein Tischchen. Wir beteten dort oft. Irgendwann wurde der Deckel so unsanft betätigt, dass dabei die Statue in Brüche ging. Mich reute das sehr. Wir hatten damals nicht so viel Geld, dass wir gleich wieder etwas Neues kaufen konnten.

Eine Bemerkung zu Dekan Anton Schmid: Er war es, der laut Muotathaler Theatergeschichte mit der im Jahr 1901 gegründeten Jungfrauenkongregation vor vielen Jahren schon für regelmässige Theateraufführungen während der Fasnacht sorgte.
Waren Sie eigentlich auch an der Einweihungs-Feier der St. Josefshalle?
Auch daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Klara Mazenauer lächelte und meinte: „Du musst mich nicht danach fragen, ich bin doch zu alt dafür.“

Habt ihr Mädchen damals auch in der St. Josefshalle geturnt?
Mit Turnen haben wir Mädchen damals rein gar nichts zu tun gehabt. Wir konnten nicht, durften nicht und mussten sowieso immer Röcke tragen. Hosen waren uns nicht erlaubt, die Schwestern im Kloster wollten das nicht.

Wurden in den Anfangstagen der St. Josefshalle (1935 – 1949) auch ab und zu Theater aufgeführt?
Ich erinnere mich nur daran, dass Pfarrer Fässler die „Hediger-Halle“ in Schwyz kaufte. An ihn kann ich mich noch gut erinnern. Als ich Erstkommunikantin war, mussten wir uns im Kloster in die Herz Jesu-Bruderschaft einschreiben, und wurden so in diese aufgenommen.
Bevor die St. Josefshalle stand wurde im alten Schulhaus Theater gespielt. Ich weiss noch, dass unsere Mutter dort einmal vor Weihnachten einen neuen Schlitten unter der Bühne versteckte. Ich fand ihn und sagte meiner Mutter, dass ich weiss, was uns das Christkind zu Weihnachten schenken wird. Sie meinte darauf: „Man kann vor euch Kindern doch gar nichts geheim halten.“

Um 1936 wurde der Kindergarten im Eingangsbereich der St. Josefshalle integriert. War das damals der erste Kindergarten im Muotatal?
Ich glaube, das war dem so. Die Kindergärtnerin war eine Klosterschwester und hiess, wenn ich mich recht entsinne, Marie-Louise. Sie sagte später einmal: „Ich hatte am Anfang 40 Kinder im Kindergarten. Heute schimpfen sie schon bei einer Anzahl von zehn Kindern, und meinen, sie haben zu viel.“
Die erste und die zweite Primarschulklasse waren meines Wissens ebenfalls mal in der St. Josefshalle untergebracht, und zwar auch im Eingangsbereich.

Soweit also die Aussagen von Klara Mazenauer. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich zuerst ein wenig enttäuscht war über ihre Erinnerungen an die St. Josefshalle. Als ich dann Frau Mazenauers Worte ab meinem iPhone in Sätze fasste, stellte ich erfreut fest, wie interessant und aufschlussreich das Erzählte ist. Denn beim Gespräch war ich erst zu fest auf die St. Josefshalle fixiert. Je länger das „Interview“ aber ging, umso mehr liess ich die Frau erzählen. Von früher, und aus ihrem Leben. Für den „Zirk“-Beitrag ist wohl das meiste nicht relevant. Für meinen heutigen Blogbeitrag dafür umso bereichernder!

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die St. Josefshalle eine „Lotterbude“

Wenn man ein bisschen weiterblättert in der Geschichte der St. Josefshalle (Quelle Homepage Theatervereinigung) erfährt man, dass das Gebäude etwas später auch anderen Zwecken diente:
Während dem Zweiten Weltkrieg diente die Halle als Militärunterkunft und als Lebensmittellager. Meterhoch seien Getreidesäcke und andere Waren gestapelt worden, und der Bau verkam vollständig.
Pfarrer Sidler sah sich ausserstande, weiterhin für den Unterhalt der Halle aufzukommen, und ersuchte die Gemeinde, den Bau zu übernehmen und wieder in Stand zu stellen. Der Gemeinderat teilte ihm aber mit, „er habe keine Verwendung für die Lotterbude“. Nun erkannte ein Teil der Vereine die prekäre Situation, und im Jahr 1949 gründeten sie die „Theatervereinigung Muotathal“. Die Trägerschaft bildeten der Musikverein, der Turnverein und der Kirchenchor. Nun wurde die Halle notariell auf die Vereinigung überschrieben und mit einem Darlehen der Gemeinde in der Höhe von 10’000 Franken wurden die notwendigsten Reparaturen vorgenommen. Die Halle, in der nun auch Kinofilme vorgeführt wurden, diente in den Anfängen ihrer Neuzeit auch als Kindergarten, Schulzimmer und Turnlokal.
Finanzielle Gründe führten im Jahr 1954 zum Austritt des Musikvereines als Trägerverein. Die beiden anderen Vereine waren bis vor ein paar Jahren, nämlich bis 2009, weiterhin Trägervereine. Seit 2009 ist die Theatervereinigung quasi eigenständig.

Theater 2014
„Bim Waldbrünneli“ (Theaterstück von 2014)
Bildquelle: theater-muotathal.ch

Seit 1949 spielt die Theatergesellschaft regelmässig volkstümliche Theaterstücke in der St. Josefshalle. Dazu kann man unter anderem folgendes nachlesen: Als erstes Theater wurde unter Mitwirkung vom Musikverein, gemischtem Chor, Turnern und Schulkindern das Stück „Protokollbuch“ aufgeführt.

Im dritten Teil meiner Reihe zur 80-jährigen St. Josefshalle geht es unter anderem um die häufigen Um- und Ausbauten. Die Theatervereinigung investiert laufend in das Gebäude und dessen Infrastruktur. Weiter auch darum, dass die St. Josefshalle für die Gemeinde Muotathal eine kulturell wertvolle Begegnungsstätte ist.

feldwaldwiesenblogger

Ein Gedanke zu “Klara Mazenauer’s Erinnerungen an die Anfangstage der St. Josefshalle

  1. Anna Maria Stadelmann-steiner schreibt:

    Das Theater in Muotathal zu besuchen ist von vielen Leuten ein Wunsch. Leider ist es meistens ausverkauft teils an Carunternehmen. Schade das man keine Billette bekommt. Also bleibt es ein Traum! Schade!

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