Nach der Unspunnen-Selektion der Nordostschweizer: Fridolin Beglinger gibt Auskunft und sagt: «Das Problem wird eher sein, neue Kampfrichter zu rekrutieren. Diese wollen sich nicht nach jedem Wochenende in einem medialen Schaufenster finden.»

Die Verantwortlichen des Nordostschweizer Schwingerverbandes (NOSV) waren diesmal die Ersten, und haben am 14. Juli bereits 27 Schwinger definitiv für den Unspunnen-Schwinget selektioniert. Zu Diskussionen führte einzig die Nichtnomination von Stefan Burkhalter. Dieser und weitere Punkte wie die Erwartungen für den Unspunnen-Schwinget, eine Saison-Zwischenbilanz, die Verletzungssituation und die allgemeine Situation rund um den Schwingsport werden heute mit Fridolin Beglinger besprochen. Der Glarner ist der Technische Leiter der Nordostschweizer Schwinger. Apropos Bilanz: Aktuell sind fünf von zehn Schwinger in der SCHLUSSGANG-Jahreswertung Nordostschweizer. Kein anderer Teilverband hat mehr Schwinger in den «Top Ten».

Text: Schwinger-Blog

Fridolin Beglinger ist aktuell der Technische Leiter der Nordostschweizer

Bild: Südostschweiz

Selektion Unspunnen-Schwinget

Die Liste der selektionierten Schwinger wurde am 14. Juli publiziert. Dabei wurde eine einzige Überraschung festgestellt: Die Nichtberücksichtigung von Stefan Burkhalter, welcher diese Saison nebst dem Glarner-Bündner auch den NOS-Kranz in Mollis gewann. Anfangs Woche gab es deshalb Diskussionen und Spekulationen. Warum wurde «Burki» eigentlich nicht selektioniert? Will er nicht, oder soll er nicht?

«Stefan möchte schon. Aufgrund seiner Leistungen in letzter Zeit, dazu zählen wir alle Schwingfeste seit dem ESAF in Pratteln, haben wir uns entschieden, einem jüngeren Schwinger den Vorrang zu geben. Dies auch im Hinblick auf das «Eidgenössische» 2025 im Glarnerland. Der Thurgauer ist Eidgenosse und wird dementsprechend auch so eingeteilt. Man sah dies jüngst auf der Rigi, wo er nicht im Ausstich war. Der Technische Leiter vom Thurgauer Schwingerverband hat mit ihm über unseren Entscheid gesprochen. Es ist unbestritten, was Stefan alles für den NOSV gemacht hat. Wir wissen das selbstverständlich zu würdigen.»

Nach welchen Kriterien hast du und dein Team die Selektion vorgenommen?

«Primär stehen die Leistungen an Schwingfesten im Vordergrund. Weiter schauen wir auf die Teamintegration und die Teilnahmen an den Verbandstrainings. Wir warten noch den Brünig-Schwinget und das Schaffhauer Kantonalschwingfest ab, um dann die definitive Selektion samt den drei Ersatzschwingern bekanntzugeben.»

Unspunnen-Schwinget

Welchen Nordostschweizer Schwingern traust du den Sieg zu?

«Bei diesem Anlass haben wir für einmal nicht die Topfavoriten-Rolle inne, sondern diejenige des Jägers. Absolute Topfavoriten sind meines Erachtens Fabian Staudenmann und Joel Wicki. Von unserem Team kommen mit Samuel Giger, Armon Orlik, Damian Ott und Werner Schlegel mehrere Athleten in Frage. Etwas dahinter traue ich aber auch Domenic Schneider und Roger Rychen durchaus Chancen auf den prestigeträchtigen Sieg zu. Wir haben ein gut aufgestelltes Kader, mit welchem wir in Interlaken gut abschneiden wollen.»

Armon Orlik jubelte nach seinem überlegenen Sieg am NOS in Mollis. Der Bündner ist derzeit der bestklassierte Nordostschweizer Schwinger in der Jahreswertung

Bild: Gian Ehrenzeller (Keystone)

Saison-Zwischenbilanz

In der SCHLUSSGANG-Jahreswertung sind aktuell (Stand vom 16. Juli 2023) fünf von zehn Schwinger Nordostschweizer. Armon Orlik, Damian Ott, Domenic Schneider, Mario Schneider und Roger Rychen belegen geschlossen die Ränge drei bis sieben. Kein anderer Teilverband hat nur annähernd so viele Schwinger in den «Top Ten» dieser Wertung. Und: Samuel Giger und Werner Schlegel sind wegen inzwischen ausgeheilten Verletzungen noch nicht mal dabei. Was ist dein Kommentar zu dieser starken Mannschaftsleistung?

«Das ist erfreulich, man muss das aber relativieren. Denn die Innerschweizer dürfen beispielsweise in ihrem Teilverband «nur» drei Kantonale besuchen, unsere Schwinger deren vier. Aber natürlich freut mich diese gute Mannschaftsleistung.» 

Was für eine Zwischenbilanz ziehst du als Technischer Leiter? 

«Bekanntlich waren einige unserer Leistungsträger, allen voran Samuel Giger und Werner Schlegel, während einiger Zeit verletzt. Dies schlug sich auch in den Resultaten nieder. Auf dem Stoos schnitten wir mit zwei gewonnenen Kränzen unter den Erwartungen ab. Mit dem Team-Ergebnis auf der Rigi bin ich zufrieden. Mit den Leistungen bei den bisherigen Schwingfesten in unserem Teilverband bin ich ebenfalls zufrieden. Die Sieger wiesen zudem allesamt ein starkes Notenblatt auf. Es ist aber bekanntlich erst eine Zwischenbilanz, abgerechnet wird Ende Saison. Unsere Athleten dürfen zum Beispiel noch bei den beiden Bergkranzfesten auf dem Brünig und der Schwägalp antreten.»

Was wertest du besonders positiv? Wo hast du das Gefühl, müsste noch der Hebel angesetzt werden?

«Besonders positiv werte ich die attraktiven Schwingfeste in der Nordostschweiz. Diese brachten würdige Sieger hervor, welche dies mit sehr guten Notenblättern zustande brachten. Unsere Mittelschwinger dürften an den Bergkranzfesten noch bessere Leistungen zeigen. Das war bisher nicht zufriedenstellend.»

Verletzungssituation 

Wie beurteilst du die aktuelle Verletzungssituation in eurem Teilverband?

«Momentan sieht es zum Glück wieder besser aus. Bis auf einen Spitzenschwinger sind wieder alle fit. Samir Leuppi, welcher sich beim Comeback am Moos-Schwinget einen Finger gebrochen hat, fällt leider wieder rund vier Wochen aus. Besonders schade sind die Verletzungen von starken Nachwuchsschwingern wie This Kolb, Gian Maria Odermatt oder Thomas Burkhalter. Sie fallen leider für längere Zeit aus.»

Wegen verbalen Entgleisungen und unerwünschten Szenen in letzter Zeit ist der Schwingsport gefordert

Bild: Claudio Thoma (Freshfocus)

Allgemeine Situation rund um den Schwingsport

Der Anstand, der Respekt und die Fairness liessen in letzter Zeit öfters mal zu wünschen übrig. Übereifrige Diskussionen um Entscheidungen im Sägemehl oder bei der Einteilung führten leider zu verbalen Entgleisungen und unerwünschten Szenen. Nicht ganz unschuldig sind dabei auch gewisse Medien und Plattformen, welche das Ganze noch befeuern, statt Wind aus den Segeln zu nehmen. Behindern oder verunsichern dich die Geschehnisse in letzter Zeit?

«Nein, es behindert mich nicht. Aber es stört mich einfach. Ich finde es schade, dass die Kampfrichter so heftig kritisiert werden. Ihre Leistungen haben sich in den letzten Jahr dank guter Ausbildung enorm verbessert. Als Einteiler kann man es nicht allen recht machen, mit Kritik muss man einfach leben. Die Schwinger akzeptieren die Entscheide. Es sind einige wenige Medien, welche das Geschehen anhand der zahlreich vorhandenen TV-Bilder breitschlagen und dabei viel Unmut schüren. Ich erwähne dabei auch die schlechte Recherche von gewissen Medienhäusern. Zum Beispiel wurde Michael Bernold wegen seiner Unspunnen-Selektion anstelle von Stefan Burkhalter in die Mangel genommen. Wäre sauber recherchiert worden, hätte man festgestellt, dass Bernold super Frühlingsfeste absolviert hatte. Und wegen Verletzungen nur eine einzige Startmöglichkeit an einem Kranzfest besass. Der St. Galler bestritt das Zürcher Kantonale und gewann mit einer starken Leistung auf Rang 3b den Kranz.»

Sind die Kampfrichter oder Einteiler in eurem Teilverband verunsichert?

«Nein, ich denke nicht. Sie wissen, was Sache ist. Wegen diesen Umständen werden sie nicht nervös. Das Problem wird eher sein, neue Kampfrichter zu rekrutieren. Diese wollen sich nicht nach jedem Wochenende in einem medialen Schaufenster finden.»

Wird der Nordostschweizer Schwingerverband deswegen etwas unternehmen?

«Wir werden nichts unternehmen. Ob der Eidgenössische Schwingerverband diesbezüglich handeln wird, entzieht sich meiner Kenntnis. In der Ostschweiz hatten wir bisher keine Probleme, und es gab auch keine grossen Diskussionen rund um das Kampfrichterwesen oder die Einteilung.»

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