Nachgefragt bei Matthias Glarner, dem momentan stärksten Berner Schwinger

schwingkolumne

Matthias Glarner ist zurzeit der wohl stärkste und konstanteste Berner Schwinger. Der Berner Oberländer Eidgenosse aus Meiringen hat in dieser Saison bisher zwei Kranzfeste (das Oberaargauische und das Seeländische Gaufest) gewonnen sowie sich insgesamt vier Kränze erkämpft. Obwohl der Sennenschwinger der Hierarchiefrage keine grosse Bedeutung beimisst (siehe nachfolgend bei Frageblock vier) ist Glarner nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Schwingerkönig Matthias Sempach derzeit die Nummer eins der Mutzen.

Grund genug, als Vorschau für das am nächsten Sonntag auf dem Programm stehende Schwarzsee-Bergschwinget sieben Frageblöcke Richtung Berneroberland zu Matthias Glarner zu schicken. Denn Glarner gehört nebst den anderen Bernern Kilian Wenger, Christian Stucki, Simon Anderegg, Florian Gnägi, Thomas Sempach und Thomas Zaugg zu den Topfavoriten.
Hartes Brot zu beissen bekommen die heuer eingeladenen Innerschweizer (unter anderem Andi Imhof, Christian Schuler, Andreas Ulrich, Benji von Ah, Joel Wicki und Mike Müllestein). Der Kranzgewinn wird für diese Herren wohl das primäre Ziel sein. Wer weiss, vielleicht wächst der eine oder andere über sich hinaus, und sorgt am Abend für einen Innerschweizer (Überraschungs-)Sieg…
Gemeldet ist auch der Südwestschweizer Eidgenosse Michael Nydegger. Ob er aber am Start sein wird, ist wegen einer neuerlichen Ellbogenverletzung ungewiss. Die Südwestschweizer Schwinger versuchen trotz der Berner Übermacht, sich den einen oder anderen Kranz zu ergattern. Die besten Chancen darauf haben Benjamin Gapany, Pascal Piemontesi, Stéphane Haenni, Michael Matthey, Augustin Brodard und William Hänni.
Übrigens: Da auf dem Kasernenareal Schwarzsee momentan Umbauarbeiten durchgeführt werden, findet der Schwinget dieses Jahr in Plaffeien bei der Pferdesportanlage statt.

Ich glaube, es ist nicht vermessen, wenn ich Matthias Glarner zu einem der heissesten Kandidaten für den Tagessieg beim Schwarzsee-Bergschwinget zähle. Vorhang auf also zu den interessanten und aufschlussreichen Antworten des 95-fachen Kranzschwingers. Es erfüllt mich zudem mit Stolz, dass ich letztes Jahr in meinem Schwingprojekt mit Matthias Glarner Kontakt haben durfte.

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Matthias Glarner mit Lebendpreis am Baselstädtischen Schwingertag 2013
Bildquelle: matthiasglarner.ch

Frageblock 1:
Du hast dieses Jahr bereits sechs Schwingfeste gewonnen, darunter zwei Kranzfeste. Weiter hast du diese Saison auch schon vier Kränze gewonnen und kürzlich den Hattrick beim Seeländischen (drei Siege hintereinander) realisiert. Woher kommt diese unglaubliche Stärke? Hast du in deiner Saisonvorbereitung etwas Bestimmtes gemacht oder verändert?
„Die gesamte Vorbereitung verlief eigentlich in einem ähnlichen Rahmen wie in den Jahren zuvor. Ich war die ganze Zeit verletzungsfrei und profitierte extrem von den beiden WK’s in Magglingen. Zudem war der Start mit den Siegen an den Regionalanlässen sicher gut für das Selbstvertrauen.“

Frageblock 2:
Wie gross ist dein wöchentlicher Trainingsaufwand? Hast du diesen nach dem Abschluss deines Studiums nochmals vergrössert? Konntest du aus deinem Sportstudium auch Profit für dein Training schlagen, welcher sich nun in Erfolgen auszahlt?
„Im Winter war der Aufwand so um 15 bis 20 Stunden Training pro Woche. Jetzt während der Saison hat sich dieser zwischen 8 bis 12 Stunden wöchentlich eingependelt.
Mit dem Abschluss des Studiums habe ich ein Praktikum bei den Bergbahnen Meiringen Hasliberg angefangen, wobei der Trainingsaufwand im Vergleich zum Studium ein wenig abgenommen hat. Die zusätzliche Bewegung hole ich mir aber während der Arbeit. Das Körperbewusstsein sowie das Hintergrundwissen, welches ich mir während des Studiums angeeignet habe, ist sicherlich ein Vorteil beim Absolvieren der Einheiten.“

Frageblock 3:
Wenn ich mich recht entsinne hast du seit dem Brünigschwinget 2014 (Schlussgangniederlage gegen Kilian Wenger) keinen Gang mehr verloren. Woher kommt diese Konstanz? Schwingst du sprichwörtlich mit Köpfchen, respektive mit einer gesunden Mischung aus Angriff und Verteidigung?
„Soviel ich weiss, datiert meine letzte Niederlage vom Kilchbergschwinget gegen Daniel Bösch. Spannender wäre aber die Frage, ob mit ein wenig mehr Risiko und weniger gestellten Gängen noch mehr drin gelegen wäre. Ich habe aber sehr hart an mir gearbeitet und konstant und verletzungsfrei trainiert. Wahrscheinlich ist dies der Grund für meine Konstanz.“

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Beim Oberaargauischen Gaufest in Grasswil
Bildquelle: matthiasglarner.ch

Frageblock 4:
Eigentlich wirst du in den meisten Vorschauen nach den beiden Schwingerkönigen Sempach und Wenger sowie Christian Stucki als Nummer vier der Berner aufgezählt. Diese Saison bist du aber die Nummer 1 deines Teilverbandes. Siehst du das auch so? Misst du dem viel Bedeutung zu, oder schaust du vor allem auf dich und deine Leistung?
„Dieser Hierarchiefrage messe ich eigentlich keine grosse Bedeutung bei. Die Dichte an Spitzenschwingern ist im Kanton Bern momentan sehr hoch, und dass ich da in den Medien hinter den Königen anstehen muss, ist nach Papierform selbstverständlich. Schlussendlich wird aber jeder Sonntag von neuem geschaut, wer die Nummer 1 an diesem Tag ist. Somit ist mir meine Leistung wichtiger als irgendwelche Statistiken.“

Frageblock 5:
Wenn dieses Jahr das Eidgenössische Schwingfest wäre, wärst du momentan einer der Topfavoriten. In einem Jahr auch? Was für Erfolge traust du dir mit der jetzigen Form zu? Kannst du dich gar noch steigern?
„Mit was-wäre-wenn-Fragen beschäftige ich mich eigentlich grundsätzlich nicht. Diese Saison ist für mich als ‚Weg nach Estavayer‘ wichtig. Dies ist eines meiner letzten grossen Ziele meiner Schwingerlaufbahn und ich traue mir noch einiges zu. Und wenn ich gesund bleibe, liegt sicher noch eine weitere Steigerung drin.“

Frageblock 6:
Noch fünf Kränze, und du gehörst auch dem Hunderter-Klub an. Ist das schon ein Thema? Könnte es schon diese Saison so weit sein?
„Wenn alles rund läuft und ich an jedem verbleibenden Fest den Kranz mache, würde es bis Ende Jahr reichen. Das ist aber wieder eine was-wäre-wann-Frage. Im Hinterkopf ist es sicher vorhanden, aber ich nehme Fest für Fest. Dann sehen wir weiter.“

Frageblock 7:
Welches werden deine nächsten Einsätze sein? Was für Saisonziele hast du noch?
„Mein nächster Einsatz wird am Schwarzseeschwinget sein. Weitere grosse Ziele in diesem Jahr sind sicher das Schwägalp- sowie das Brünigschwinget.“

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Titelverteidigung beim Seeländischen Schwingfest
Bildquelle: matthiasglarner.ch

Aha, da habe ich mich mit der letzten Niederlage von Matthias sogar ein wenig vertan. Ich habe aber auch nicht recherchiert, und mich einfach auf mein Bauchgefühl verlassen.
Ein wöchentlicher Trainingsaufwand im Winter von 15 bis 20 Stunden ist schon happig. Das wären durchschnittlich gut zweieinhalb Stunden Training täglich. Selbst der Aufwand während der Saison ist gross. Aber wie sagt man doch so schön: Von nichts kommt nichts.

Ich habe Matthias diese Saison leider erst einmal „live“ schwingen gesehen. Das war beim Ballenberg-Schwinget Mitte April, wo der dreifache Eidgenosse den Festsieg mit fünf gewonnenen Gängen in eindrücklicher Manier davontrug. Hinterher gratulierte ich ihm persönlich und spürte einen Händedruck, der Entschlossenheit markierte.
Wegen meinem letztjährigen Schwingprojekt beobachte ich „meine Schützlinge“ nach wie vor aus der Distanz. Bei Matthias stellte ich schon im Frühling eine unglaubliche Konstanz und Stärke fest. Wie er oben selbst erklärt, ist das ESAF Estavayer eines seiner letzten grossen Ziele seiner Schwingerlaufbahn. Dabei meinte er mit Bestimmtheit nicht nur den vierten Eidgenössischen Kranz. Man muss kein Prophet sein, wenn ich den bärenstarken Berner Oberländer jetzt schon zum engeren Favoritenkreis beim Eidgenössischen in einem Jahr zähle.

Vorerst bedanke ich mich bei Matthias Glarner mit einem kräftigen Schwingergruss für das Beantworten meiner Fragen und wünsche ihm für das kommenden Sonntag anstehende Bergschwinget Schwarzsee alles Gute und viel Erfolg.

feldwaldwiesenblogger

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