Wenn man nachfolgendes Bild studiert, könnte man meinen, dass wir unsere Bratwürste (immer noch) illegal futtern. Dieses Bild hängt zurzeit nämlich als Plakat an Strassenrändern, Anschlagbrettern und dient als Zeitungsfüller.
(Bildquelle: www.blick.ch)
Was ist aber dran, an der «Illegalität» unserer Bratwürste?
Dieser Frage widmete sich gestern die ganze feldwaldwiesenblogger-Redaktion.
Als Erstes wurde rausgefunden, dass es sich hier um eine Abstimmungsvorlage handelt. Genau wie die GSOA-Wehrpflichtsinitiative kommen «die Bratwürste» am 22. September auch vors Volk.
Der genaue Wortlaut der Vorlage lautet:
Änderung vom 14. Dezember 2012 des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG; BBl 2012 9655; Öffnungszeiten der Tankstellenshops).
Alles klar, oder? Dieses Beamtenkauderwelsch habe ich ab der bundeseigenen Homepage www.news.admin.ch.
Trotzdem: Was hat das mit den illegalen Bratwürsten zu tun?
Für mein Wohlbefinden und zum besseren Verständnis machte ich deshalb einen Besuch bei Doktor Armin Ablondi.
Ich fragte meinen berühmten Hausarzt, ob ich meinen Magen auspumpen lassen muss. Wegen den Bratwürsten, welche ich scheinbar (bis anhin) illegal ass.
Der gute Doktor Ablondi, inzwischen auch Hausarzt von (Noch-)Schwingerkönig Kilian Wenger, verneinte. Er meinte, diese seien längst verdaut und stecken nun als Fett an deinem Bauch. Zudem sei der Verzehr von illegalen Bratwürsten nicht eine Frage von Jahren (Verjährungsfrist), sondern Tagen. Verjährungstage? Noch schlimmer…
Ich bat ihn um eine Erklärung der Abstimmungsvorlage. Bei einem Glas (oder auch zwei, das weiss ich nicht mehr so genau) Rotwein erläuterte mir Doktor Armin Ablondi den Sachverhalt.
Hier ein Auszug aus seiner Erklärung:
» (…) Nun, die Bratwürste verkörpern so quasi die Nachtöffnungszeiten und dessen Angebot der Tankstellenshops im Arbeitsgesetz. Dieses Arbeitsgesetz soll nun eine Änderung, eine Lockerung erfahren.
Eigentlich und vor allem geht es bei der Änderung des Arbeitsgesetzes «nur» darum, dass Tankstellenshops an Hauptverkehrswegen und Autobahnen erlaubt werden soll, ihr gesamtes Sortiment auch während der Nacht anbieten zu können.
Weiter beinhaltet diese Änderung nichts Schlimmes oder Unsinniges, welches es zu bekämpfen gälte. Ganz im Gegenteil: Es geht darum, eine blöde Absurdität aus der Welt zu schaffen. Diese sieht nämlich bis dato eine Verkaufsbeschränkung zwischen 1 und 5 Uhr nachts von Produkten vor, die nicht auf die Bedürfnisse von Reisenden ausgerichtet sind.
Das klingt nach absolutem Unsinn! Wie wir wissen, gibt es in der Nacht Menschen, die für die Tagmenschen arbeiten. Und diese Nachtarbeiter machen die Nacht halt zu ihrem Tag und haben in der Nacht die gleichen Bedürfnisse, wie wir «Untertagarbeiter».
Verstehst du?
Die Bedürfnisse dieser Menschen werden mit kalten Cervelats, welche nach der jetzigen Regelung verkauft werden dürfen, nicht unbedingt abgedeckt. Denn: Die Befürworter dieser Änderung haben rausgefunden, dass in der besagten Sperrzeit gar keine Bratwürste verkauft werden dürfen. Grund: Die müssten erst noch gebraten werden!
Ehrlich, etwas viel Dümmeres habe ich noch nicht oft gehört oder gelesen!
Wohl verstanden, wir reden hier nur von Tankstellenshops, welche so oder so lange geöffnet haben. Teilweise gibt es solche Shops, die jetzt schon 24 Stunden offen haben. Die Befürworter sehen deshalb in der Lockerung des Arbeitsgesetzes überhaupt keinen Schritt zu längeren Arbeitszeiten. Dafür bräuchte es nämlich weitere Änderungen in unseren tonnenweisen Gesetzen.
Die Gegner dieser Änderung, welche unter dem Namen «Sonntagsallianz» rumweibeln, möchten ein Zeichen setzen gegen eine 24 Stunden-Gesellschaft und gegen die Profitgier von Unternehmen. Diese Gruppierung setzt sich vor allem aus linken und kirchlichen Kreisen zusammen. Sie sind die versinnbildlichten Bratwursthasser und wahrscheinlich alles «eingefleischte» Vegetarier.
Einer der prominentesten Vertreter der «Sonntagsallianz» ist ausgerechnet der Abt von Einsiedeln, Martin Werlen.
Wieso sich der sonst so besonnene Mann bei dieser Aktion ein spannen lies, leuchtet mir nicht ein. Zudem hätte der gute Abt an einem Sonntag mit Messen lesen besseres zu tun, als so komische Allianzen zu schmieden.
Ich meine, die ganze Geschichte erinnert an biederes Bürgertum. Es geht eigentlich nur um die berühmte Wurst. Nicht mehr und nicht weniger.
Von einer 24 Stundengesellschaft sind wir in der Schweiz weit entfernt, und der Markt reguliert sich von alleine. Denn in der tiefen Nacht sind unter der Woche erfahrungsgemäss sehr wenig Menschen unterwegs. Dass man aber denen, und darunter den Arbeitern, die Bratwurst vergönnt, hat mit Nächstenliebe überhaupt nichts mehr zu tun. Das gibt mir zu denken, Herr Werlen aber offensichtlich überhaupt nicht. (…)»
Beruhigt ging ich aus der Praxis von Doktor Ablondi.
Nun sitze ich also hier, vor meinem PC. Wenigstens weiss ich jetzt, um was es bei dieser Vorlage geht, und sinniere über die sogenannte (Nacht-)Illegalität der Bratwürste nach.
Die Befürworter dieser Arbeitsgesetz-Lockerung hatten bei der Auswahl ihres Propagandamaterials recht: Die Bratwurst kam ihnen als Abstimmungsmotiv gerade recht. Denn ich bin auch der Meinung von Doktor Ablondi, und finde die ganze Sache nicht nur dumm, sondern völlig lächerlich.
Die Bratwurst unterstreicht die Absurdität und die Lächerlichkeit der Vorlage völlig treffend.
Aber eines will mir nicht aus dem Kopf: Abt Martin Werlen, ein Kirchenmann, mischelt bei diesem Abstimmungskampf mit. Warum bloss?
Eigentlich sind Staat und Politik seit einigen Jahren getrennt. Dies schert den gottesfürchtigen Mönch aber nicht im Geringsten. Geht es ihm um seine Zukunft?
Denn bald ist Schluss mit Abt und der nächste kommt. Könnte es sein, dass Herr Werlen in Zukunft in der Politik anzutreffen sein wird, als Nachfolger von Pfarrer Ernst Sieber?
(Bildquelle: www.blick.ch)
Zwei gewichtige Argumente sprächen sehr wohl für ein JA des Abtes:
– Die Frühmessen könnten wieder durchgeführt werden, da die Messgänger sich vorher mit warmen Bratwürste stärken könnten.
– Die Pilger könnten künftig während der Nacht unterwegs sein und sich dabei auch gehörig mit einer ordentlichen Bratwurst verpflegen.
Ich weiss, ich weiss, die Pferde sind mit mir und meinen Gedanken wieder mal durchgegangen. Aber wie man diese Geschichte dreht und wendet, es geht eigentlich schlicht nur um eine Frage, die der «Blick» am 28.6.2013 (für einmal) treffend stellte:
«Geht es nur um die Korrektur eines absurden Gesetzes oder um den Anfang einer Lieberalisierungswelle?»
Diese Frage und meine Gedanken gilt es, liebe Leserinnen und Leser, gut zu überdenken.
Trotzdem: Für die Schweiz geht es bei dieser Vorlage am 22. September nicht um’s Überleben, auch nicht um sein oder nicht sein. Es geht für sie lediglich um «die (Brat)wurst»!
feldwaldwiesenblogger