Am 22. September dürfen wir, Gruppe Schweiz ohne Armee (GSOA) sei Dank, über die allgemeine Wehrpflicht abstimmen.
Ich berichtete bereits am 25. Juli und am 26. Juli darüber.
Dannzumal ging es darum, Roger Federer in den Abstimmungskampf der GSOA einzuspannen. Dieser wollte leider nicht, die Aufmerksamkeit erhielt die GSOA mit ihrer Aktion gleichwohl.
(Bildquelle: www.20min.ch)
Nun vernahm man gestern aus der Presse, dass das gegnerische Komitee auch eine Kampagne mit Spitzensportlern plant. Namentlich Skicross-Olympiasieger Mike Schmid und noch zu benennende andere Sportler werden für ein Nein zur Initiative werben.
Alles schön und gut. Nur: Mike Schmid und mit ihm noch viele weitere Spitzensportler haben und hatten das Privileg, eine Spitzensportler-Rekrutenschule bei der Armee zu absolvieren. Eine RS mit Topbetreuung, professionell geführten Trainingseinheiten und auf sie zugeschnittene Ernährung. Am Rande erhalten sie vermutlich nur noch eine kleine militärische Ausbildung. Das Augenmerk gilt aber ganz bestimmt ihrem Sport.
Von so was kann (und konnte) unsereins und die meisten anderen jungen Schweizer nur träumen. Wir erlebten sinnlose Drilleinheiten mit Leerläufen, schlechtem und veraltetem Material und teilweise katastrophalem Essen.
(Fast) jeder fluchte darüber und versuchte sich seine Militärzeit so bequem wie möglich («Irgendwo verschlaufen und einen saufen») hinter sich zu bringen.
Wenn man nun im Vorfeld der Wehrpflicht-Abstimmung darauf zu sprechen kommt, stellt man fest, dass einige Bürger etwas verwechseln: Sie verwechseln ganz einfach die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht mit der Abschaffung der Armee!
Dies kommt sicher nicht von ungefähr: Denn die Initiative wurde ja von unseren «Armeeabschaffern», der GSOA lanciert. Da denkt man sowieso: Denen geht’s nur um die Abschaffung unserer (besten) Armee der Welt.
Das ist sicher auch so: Das Fernziel dieser Gruppierung ist und bleibt die Abschaffung der Armee.
Bei mir aber definitiv nicht! Trotzdem: Nach längerem Überlegen habe ich mich jetzt für ein JA zu dieser Initiative entschieden.
Über dieses JA könnte man jetzt stundenlang diskutieren und seitenweise darüber schreiben.
Kurz und bündig zusammengefasst kann ich vermelden: Ich bin für die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, aber für die Beibehaltung der Armee.
Ich möchte auf den nächsten Zeilen meine Sicht der Dinge zu diesem Initiativ-Ja darstellen.
(Bildquelle: www.aargauerzeitung.ch)
Ein Ja zur Abschaffung der Wehrpflicht ist für mich eine grosse Chance für den Oberkommandierenden Ueli Maurer und seine Armee.
Dies aus verschiedenen Gründen:
Scheinbar sind laut der Neuen Luzerner Zeitung vom 25. Juli heutzutage noch 62% der jungen Männer diensttauglich.
(Quelle: www.luzernerzeitung.ch)
Eine erschreckend tiefe Zahl! Dass dabei noch von einer «allgemeinen Wehrpflicht» gesprochen wird, ist ja geradezu ein Spott und Hohn. Nebst den gut sechzig Prozent gibt es 14,5% der Männer, welche als tauglich für den Zivildienst ausgehoben werden.
Der Rest will und kann nicht, und darf deshalb jährlich 3% des steuerbaren Einkommens dem Staat entrichten.
Den körperlich und geistig behinderten will ich diesbezüglich ganz und gar nicht zu nahe treten. Sie haben schon genug zu leiden, und finde es daher eine Frechheit, denen auch den Militärpflichtersatz anzuhängen!
Weiter gibt es keine Auswahlmöglichkeit zwischen Militärdienst und Zivildienst. Die jungen Männer müssen vorher ihr Gewissen erforschen und nach wie vor «ihren Gewissenskonflikt» bekräftigen, dass sie aus welchen Gründen auch immer nicht in die Armee eintreten möchten.
Das ist doch alles antiquiert und gehört längst überholt. Deshalb wünsche ich der Armee, dem Oberkommandierenden und den Sicherheitspolitikern nichts sehnlicher, als dass es am Abend des 22. Septembers in der Tagesschau heisst: Volk und Stände haben die GSOA-Initiative zur Aufhebung der Allgemeinen Wehrpflicht angenommen!
Ich bin felsenfest überzeugt, dass kein Plan B existiert. Zu sicher sind sich die Sicherheitspolitiker um Jakob Büchler und Co., dass das GSOA-Begehren abgelehnt wird. Dabei hätte man parallel zur Initiative ein paar Überlegungen anstellen können, mit denen man als Gegenvorschlag auch vors Volk hätte gelangen können.
Aber eben: Verknöchert bleibt verknöchert.
(Bildquelle: www.suedostschweiz.ch)
Spielen wir doch mal das (Horror-)Szenario durch: JA zur Aufhebung der allgemeinen Wehrpflicht!
Ueli Maurer und der Bundesrat müssten tags darauf zu einer dringlichen Bundesratssitzung zusammenkommen.
Der Bundesrat müsste erst mal die Tatsache hinnehmen, dass «der alte Zopf» mit der allgemeinen Wehrpflicht nun Geschichte ist.
Nach zähen Sitzungen und viel Palaver käme er vielleicht zu der gleichen Ansicht wie ich:
Statt allgemeine Wehrpflicht – allgemeine Gesellschaftspflicht
Jeder junge Schweizer und jede junge Schweizerin, welche weder geistig noch körperlich behindert sind, müssten mit 20 Jahren ein halbes Jahr Dienst für die Gesellschaft verrichten.
Was heisst das?
Bei einer sogenannten Pflichteinberufung (statt Aushebung) würden die jungen Leute informiert, was für Möglichkeiten sie bei der «allgemeinen Gesellschaftspflicht» hätten.
Zur Auswahl stünde entweder ein Eintritt in die Armee, den Katastrophenschutz oder den Zivildienst.
Die Armee hätte einen Bestand von 100’000 Mann (und Frau), und bestünde aus Profis. Die minimale Dienstdauer betrüge die obligatorischen 6 Monate, zu absolvieren an einem Stück. Die maximale Dienstdauer müsste auf 5 Jahre festgelegt werden. Dies deshalb, um den jungen Leuten während ihrer Militärdienstzeit eine ordentliche Ausbildung mitgeben zu können. Beispielsweise eine KV-Lehre oder Informatik-Lehre im Dienste der Armee. Natürlich hätten bei dieser Berufsarmee auch die Spitzensportler ihren Platz.
Der Katastrophenschutz bestünde aus 30’000 Personen. Die Dienstzeiten wären gleich wie bei der Armee. Auch könnten bei dieser Einheit Ausbildungen gemacht werden, wie beispielsweise zum Kfz-Mechaniker oder Berufschauffeur. Der Katastrophenschutz wäre immer auf Pikett und könnte bei Naturereignissen (Lawinenniedergänge, Hochwasser etc.) sofort Leute und Maschinen entsenden. Selbstverständlich wäre dieser Dienst, wie die Armee, auch ein Profibetrieb.
Der Katastrophenschutz könnte aber auch für Sportgrossereignisse (ESAF 2013, Lauberhorn-skirennen etc.) herangezogen werden.
Zu guter Letzt der Zivildienst: Bei diesem Bereich der «allgemeinen Gesellschaftspflicht» gäbe es zahlenmässig keine Beschränkungen. Allerdings könnten hier keine Ausbildungen gemacht werden, um so einen zusätzlichen Anreiz für die Armee und/oder Katastrophenschutz zu schaffen. Auch bliebe die Dienstzeit auf die erforderlichen obligatorischen 6 Monate beschränkt.
Beim Zivildienst gäbe es, wie bisher, die Möglichkeit im sozialen Bereich (Spitäler, Altersheime) bis zur Landwirtschaft und der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen tätig zu sein.
Allerdings bestünde der letzte Punkt «Bewältigung von Katastrophen und Notlagen» darin, eine etwas modernere Version des jetzigen Zivilschutzes zu leisten.
So, auf den obigen Zeilen habe ich nun einen kurzen Abriss meiner Gedanken skizziert. Sicher, vieles ist noch etwas vage. Aber die Schweiz würde bei einem JA zur Aufhebung der allgemeinen Wehrpflicht nicht untergehen. Vielmehr böte sich ihr eine Chance. Eine Chance mit erhobenen Hauptes in die Zukunft zu blicken und zu gehen.
Denn was nützt uns eine allgemeine Wehrpflicht, die schon längst zur Farce verkommen ist? Oder eine Armee, die schon längst nicht mehr richtig diensttauglich ist?
(Bildquelle: www.nzz.ch)
Die Ursachen und Konsequenzen werden, wie man dem NZZ-Bericht von Anfang Jahr entnehmen kann, unterschiedlich beurteilt. In meinen Augen hat der immer marodere Zustand der Armee auch mit dem oben erwähnten «alten Zopf» allgemeine Wehrpflicht zu tun. Da wird auf Biegen und Brechen an einem Zustand festgehalten, und dabei vergessen (oder geflissentlich ausgeklammert) wie es innen drin wirklich aussieht.
Der Kern, die Armee muss und soll erhalten bleiben. Aber die äusseren, spröden und alten Schichten und Hüllen, dürfen einer Schlange gleich gehäutet und entfernt werden. Das alte Gebäude «Armee» bedarf einer Renovierung und Sanierung. Am besten gleich mit meiner angedachten These: Statt allgemeine Wehrpflicht – allgemeine Gesellschaftspflicht.
Zudem: Es hat noch keinem jungen und gesunden Menschen geschadet, irgendetwas Sinnvolles für die Allgemeinheit zu tun. Sei es eine Tätigkeit in der Armee, im Katastrophenschutz oder im Zivildienst.
Deshalb: Am 22. September ein JA zur GSOA-Initiative in die Urne legen! Nicht für die GSOA, aber zum Wohl und Schutz unserer Schweiz.
feldwaldwiesenblogger