Wenn die katholische Kirche nach dem Evangelium handeln würde, wäre ein Bischof Huonder nicht mehr im Amt

Im letzten Blogbeitrag schrieb ich: „Streng genommen hat der Bischof von Chur richtig gehandelt. Nach der bestehenden Lehre darf keine Segnung von Lesben oder Schwulen vorgenommen werden. Er hat eigentlich nichts falsch gemacht. Dennoch erntet Vitus Huonder ein Sturm der Entrüstung.“
Ich kündigte an, in einem nächsten Blogbeitrag der Frage „Wieso das so ist?“ nachzugehen. Zudem auch der Tatsache, dass der Churer Bischof leider (zu) oft die katholische Lehre über das Evangelium stellt.

Inzwischen habe ich mir einige Gedanken dazu gemacht. Ich möchte betonen, dass das meine subjektive Meinung ist, und nicht wertend sein soll. Meine Zeilen sollen aber zum Nachdenken anregen und nichts und niemanden aufregen. Meine Absicht ist es auch, dabei niemanden zu beleidigen. Denn es ist mir schon aufgefallen, wie empfindsam verschiedene Gemüter sind, wenn es ums Thema Glauben und Kirche geht.

vitus huonder

Bischof Vitus Huonder
(Bildquelle: www.nzz.ch)

Bischof Huonder zog mit seiner konservativen Haltung schon vielfach den Unmut vieler Gläubigen auf sich. Meinen übrigens auch. Denn es ist einfach unbegreiflich, wieso ein Mann Gottes nicht alle Menschen gleich behandelt wissen möchte. Wie steht es doch so schön in der Bibel (Römer 2,11): „Denn vor Gott sind alle Menschen gleich.“ Für Huonder scheint die katholische Lehre aber wichtiger zu sein als das Evangelium. Denn nicht anders ist sein Verhalten in der Causa Bürglen zu deuten. Der Bischof amtet leider (zu) buchstabengetreu und übersieht dabei die Menschen.

Dieses „an den Menschen vorbei handeln“ wird dem Churer Bischof übel genommen. Statt auf die Gläubigen zuzugehen, erhebt er nur zu gern und zu oft seinen Warnfinger. Vitus Huonder vergisst aber dabei, dass die Kirche heutzutage praktisch keinen gesellschaftlichen Einfluss mehr hat. Das war vor vielen Jahren noch ganz anders, als die Kirche sich gewaltig in die Gesellschaft einmischte und den Tarif in Sachen Recht, Ordnung und vor allem Moral gleich selber durchgab.
Das ist zum Glück nicht mehr so. Deshalb „muss“ man in der neuen Zeit nicht mehr in der Kirche sein. Man kann austreten, und die Kirchenoberen können einem den Buckel runter rutschen.

Viele gehen diesen Weg: Trotz Glauben an Gott und Jesus Christus wenden sie der immer noch pseudo-moralisierenden (Huonder)-Kirche den Rücken zu. In so einer Gemeinschaft, welche teilweise menschenverachtend ist, möchten viele Gläubige nicht mehr dabei sein.
Soweit möchten ich und ein paar andere aber nicht gehen. Wir stellen das Evangelium über die Kirchenlehre und glauben an einen barmherzigen Gott. Einige dieser „Schäfchen“ äussern denn auch lautstark ihren Unmut und protestieren gegen die Oberen in Chur. Völlig zu Recht!

Den austrittswilligen Menschen verständlich zu machen, trotzdem zu bleiben, scheint aber sehr schwierig. Die Fronten sind verhärtet. Für viele reicht’s nun, gerade auch nach dem Fall Bürglen.
Aber: Es braucht weiterhin Mitglieder in der römisch katholischen Kirche. Mitglieder, die den Fortbestand dieser Kirche weitertragen. Auch wenn ein Bischof Huonder wie ein Gesetzeshüter streng nach den alten Regeln vorgeht: Der Mann ist nicht Gott. Er ist höchstens ein Hirte auf Abwegen, den man nicht unbedingt ernst nehmen muss. Ausser man ist sein Angestellter…

papst franziskus
Papst Franziskus
(Bildquelle: www.katholisches.info)

Papst Franziskus lässt in uns die Hoffnung aufkeimen, dass es auch ein Leben ausserhalb der reinen katholischen Kirchenlehre gibt. Er lebt eine wunderbare christliche Menschlichkeit vor und handelt oft so, wie es vermutlich Jesus Christus heutzutage in dieser modernen Welt auch täte.

Trotzdem: Viele Fragen und Ungewissheiten sind vorhanden. Lebt Papst Franziskus wirklich nach dem Evangelium, oder ist seine Überzeugung in etwa die gleiche wie die von Vitus Huonder? Wenn’s hart auf hart käme, würde er genau gleich vorgehen wie der Bischof von Chur?

Zweifel, Fragen und Gedanken sind berechtigt. Zumal in der Kirche auch Menschen angestellt sind, welche nach ihrer Überzeugung handeln. Pfarrer Wendelin Bucheli tat dies ebenso und segnete ein Lesben-Paar.
Eigentlich müsste dem Paar ein grosses Kränzchen gewunden werden. Viele Paare heute kümmern sich einen Deut um die Kirche und heiraten nur standesamtlich.

Wie im letzten Beitrag schon angesprochen: Auf der einen Seite stehen diejenigen, welche sich buchstabengetreu auf das Kirchenrecht berufen. Auf der anderen Seite befinden sich die Gläubigen, welche Menschen wie beispielsweise Homosexuelle, nicht diskriminieren wollen.

Für mich persönlich ist der Fall klar: Wie oben beschrieben, kann es nicht die Absicht von Jesus Christus sein, irgendwelche Menschen oder Menschengruppen zu diskriminieren oder gar auszuschliessen.
Genau das tut aber Bischof Huonder und seine konservative Gefolgschaft. Nach deren Auslegung der Kirchenlehre sollen gleichgeschlechtliche Paare nicht gesegnet werden, oder dürfen Geschiedene nur mit verschränkten Armen zur Kommunion kommen.

Diskutiert man solches Gebaren mit weniger gläubigen Menschen, wird nur gelacht, gelästert oder der Kopf geschüttelt. Ich verteidige dann sogar die Kirche mit dem Argument, dass es ja auch die aufgeschlossenen Priester, Laientheologen und mit Franziskus einen menschlichen Papst gibt. Die Hoffnung und das positive Denken sterben zuletzt…

Wie aber geht das bloss mit der römisch katholischen Kirche weiter? Bischof Huonder fördert mit seinem Rumreiten auf den Kirchenparagrafen kräftig den Exodus aus der Kirche. Die sonst schon gelichteten Reihen werden noch dünner. Stattdessen laufen viele Gläubige irgendwelchen Quacksalbern, Sekten oder was weiss ich in die offenen Arme. Ist dies das Bestreben von Chur und Co.?

Ob die Zahl der Atheisten wegen der oft sturen Haltung der katholischen Kirche grösser geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Was aber eindeutig gestiegen ist, ist die Zahl der Konfessionslosen (siehe Wikipedia). Diese sind aber sicher nicht einfach so den Atheisten zuzordnen.
Neue Glaubensrichtungen, Gruppierungen und allerlei Sekten haben vermutlich darum gewaltig an Boden gewonnen. Das hingegen stört mich ungemein, da dort vielfach Menschen in persönlicher Not in deren Abhängigkeit geraten. Gerade aber solchen Menschen müsste die katholische Kirche, wenn sie denn nach dem Evangelium leben würde, Hand bieten, sie in ihre Gemeinschaft aufnehmen, um sie kümmern und nicht verstossen.

Solange aber die konservativen Kräfte innerhalb der Kirche den Ton angeben, wird die Kirchenlehre über das Evangelium gestellt. Und viele Menschen geraten weiterhin unter die Räder, sei es aus persönlicher Not oder einfach weil es gegen ihre persönliche Überzeugung läuft.

Ich meine deshalb zum Schluss: Wenn die katholische Kirche nach dem Evangelium handeln würde, wäre ein Bischof Huonder nicht mehr im Amt. Stattdessen wäre ein Bischof in Chur, welcher wie Papst Franziskus viel Hoffnung und Freude verbreiten würde. Einer, der die Menschen nehmen würde, wie sie wären. Ganz gleichen Geschlechts, Hautfarbe oder Nationalität sie wären.
Ob ich deswegen ein Träumer bin? Vielleicht, aber erhoffen darf man es sich von einer Institution, deren Ursprung niemand anders als Jesus Christus und seine Jünger waren.

feldwaldwiesenblogger

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