Besuch beim vierfachen Eidgenossen Andi Ulrich auf dem Bergheimet Föhnenberg – Teil 2

Text und Fotos: feldwaldwiesenblogger

Andi Ulrich ist ein Publikumsliebling. Er spürt diese Wertschätzung und erhält in der ganzen Schweiz viele Komplimente. Einige haben schon staunend zu ihm gesagt: „Was, du bist ein Bergbauer, und schwingst an der Spitze mit?“ Oder er wird auch wegen seiner Technik gelobt. Andere meinten gar, dass sie ihm am liebsten zuschauen und seine Schwingweise sehr attraktiv finden.

Im Teil 1 behandelte ich mit Andi unter anderem sein Schwingtraining. Diesen Faden will ich hier erneut aufnehmen. Der Sennenschwinger erlernte die Schwünge als Jungschwinger relativ einfach. Mit 18 Jahren gewann er bei den Aktiven auf Anhieb in einer Saison vier Kränze. Der Gersauer wendete damals vor allem den „Lätz“ an. Sein Glück war, dass ihn die anderen Schwinger damals noch nicht kannten. Als Andi’s „Lätz“ in der Schwingerszene bekannt war, wusste er, dass er etwas ändern muss, um wieder erfolgreich zu sein. Der mittlerweile 78-fache Kranzschwinger setzte sich damals das Ziel, auch über die rechte Seite Schwünge zu beherrschen, wie beispielsweise den Kurz. Das Erlernen der neuen Schwünge fiel ihm relativ leicht, ebenso das Umsetzen an Schwingfesten. Dazu meint der vielseitige Techniker: „Schwünge schulschwingmässig oder im Wettkampf zu beherrschen sind zwei separate Schuhe.“ Andi setzte sich als weiteres Ziel, jedes Jahr einen neuen Schwung zu erlernen. Mehr noch: Dass er auf diese bei Schwingfesten auch setzen kann.

Andi Ulrich ist ein Instinktschwinger
Beim Südwestschweizerischen Schwingfest in Kerzers FR gewann der Familienvater mit vier verschiedenen Schwüngen: Wyberhaken, Lätz, Übersprung und Kurz. Beim Gespräch erklärt Andi weiter, dass er 2017 mit Kurz noch nicht viele Gegner besiegt habe. Zu seinem Repertoire an Schwüngen gehören der erwähnte Kurz, Lätz, Wyberhaken, Brienzer, Innerer Haken, Fussstich und Übersprung. Nebst diesen sieben Schwüngen wendete der vierfache Eidgenosse beim Schwyzer Kantonalen auch den Schlungg an.

Andi ist ein Instinktschwinger, denn manchmal weiss er nach einem Gang gar nicht mehr genau, mit welchem Schwung er zum Erfolg kam. Der „Mythenverbändler“ meint dazu: „Wenn du viel schwingst und viele Schwingtrainings absolvierst, bekommst du auch das nötige Gefühl fürs Schwingen und deren Abläufe. Durch das Schwingen bekommt man aber auch eine gute Fitness. Das Schwingtraining ist einfach das Wichtigste, auch für die Kondition.“

Weiter erklärt der Bergbauer, dass man beim Schwingen den ganzen Körper bewegt und braucht, vom Kopf bis hinunter zu den Füssen.
Pausen seien für die Muskeln und den Körper genauso wichtig wie das Training. „Um meinem Körper die nötige Erholung zu gönnen, verzichte ich auch auf Trainings. Dies ist in meinen Augen auch eine Vorbeugung für Verletzungen“, ergänzt Andi. Die schlimmste Verletzung, welche der achtfache Kranzfestsieger jemals erlitten hatte, war ein Rippenbruch.


Andi Ulrich beim Gespräch auf dem Föhnenberg

So wie ich dich einschätze, verbringst du nicht so viel Zeit im Krafttraining wie gewisse (junge) Schwinger. Wenn du nochmals 20-jährig wärst, würdest du mehr Krafttraining machen?
„Nein, denn mir sagt dieses Training nicht zu. Wenn ich im Winter das Krafttraining aufnehme, starte ich bei den Übungen meist bei null. Das heisst, ich muss wieder dort beginnen, wo ich bereits vor einem Jahr anfing. Bis zum Frühling kann ich mich schon steigern. Weil ich dann wieder aufhöre, fällt mein Level wieder ab. Eigentlich sollte man deswegen auch im Sommer Krafttraining machen. Ich mache es einfach nicht gerne. Denn ich trainiere lieber polysportiv. Früher spielte ich sogar Squash, Tennis oder Fussball, um mich möglichst vielseitig zu bewegen.
Aus meiner Sicht ist das Schwingtraining das Wichtigste. Klar, wenn ich nicht meine Technik hätte, sähe das vielleicht anders aus. Dann müsste ich wohl körperlich mehr machen, damit ich kräftiger wäre.“

Ganz allgemein gesehen: Was rätst du jungen Teamkollegen, wie sie trainieren sollen?
„Bei unserem Schwingklub Mythenverband haben wir zwei Schwingtrainings pro Woche. Daneben wird im Winter einmal wöchentlich ein Kantonaltraining durchgeführt, welches die jungen Schwinger auch besuchen können. Von unserem Klub aus wird im Winter auch ein Konditionstraining angeboten. Wenn sie diese vier Trainings besuchen, sind sie sicher auf einem guten Weg. Das Schwingtraining ist einfach das Wichtigste. Aber auch das Konditionstraining ist erforderlich, denn es gibt dir die nötige Härte. Ebenso Übungen für die Koordination, Beweglichkeit und Reaktion.
Meines Erachtens sollte man erst mit 20 Jahren in den Kraftraum gehen, wenn man das möchte. Für das Krafttraining und dessen Organisation ist bei uns „Mythenverbändler“ jeder Schwinger selber verantwortlich.
Man muss einfach gut auf den eigenen Körper hören. Was ich jetzt wohl genau tue, habe ich als ganz junger Schwinger weniger gemacht. Je älter man wird, desto wichtiger ist es, dem Körper die nötige Erholung zu gönnen.“


Das Gespräch fand an dem grossen Holztisch statt, welchen der Gersauer als Gabe aus Estavayer mit nach Hause nahm

Ein Ausblick auf den Unspunnen-Schwinget: Was traust du dir dort zu?
„Ich werde nach Interlaken gehen, um zu schwingen und Freude daran zu haben. Und schaue dann, was dabei rauskommt. Beim letzten Unspunnen-Schwinget lief es nicht schlecht. Ich war jedenfalls zufrieden. Schlussendlich spricht nachher sowieso nur jeder vom Sieger. Klar, wenn mir jemand sagen würde, dass ich in der Endabrechnung den zweiten Platz belegen würde, würde ich das unterschreiben.“

Du wirst im September 32-jährig. Man sieht dich sicher noch beim Eidgenössischen 2019 in Zug schwingen?
„Sicher ist das nicht. Ich schwinge diese Saison zu Ende und schwinge auch nächstes Jahr noch. Dann werde ich über die Bücher gehen. Vom heutigen Standpunkt aus gesehen bin ich in Zug eher nicht dabei. Denn momentan habe ich keine Lust auf ein Eidgenössisches. Ich habe noch genug vom letzten, welches ein sehr strenges Schwingfest war. Wenn es so gelaufen wäre wie in Burgdorf, sähe es vielleicht anders aus. Mental war es für mich grausam, denn ich wusste, dass ich für den Kranz am zweiten Tag alle vier Gänge gewinnen muss. So etwas möchte ich am liebsten nicht mehr erleben. Es war ein Riesendruck vorhanden. Zum Glück habe ich es dann doch geschafft, und es war eine grosse Genugtuung. Körperlich war es keine Frage, aber mental. Dazu kam auch der Rummel vor Estavayer2016, welcher schon im Frühling begann. Du wurdest ständig und praktisch täglich an das Eidgenössische erinnert. Nicht nur ich empfand das als ziemlich mühsam, auch andere Klubkollegen.
Aber eben, wenn es nächstes Jahr auch sehr gut läuft, sieht das wieder anders aus.“

Der Brünig-Schwinget ist 2017 das letzte Kranzfest für Andi Ulrich. Ob er vor dem Unspunnen-Schwinget Mitte August allenfalls ein Rangschwinget bestreitet, wusste der Gersauer beim Gespräch noch nicht. Er sagt dazu: „Im Frühling kann ich es gut planen. Während der Saison nehme ich es wie es kommt. Wenn es für mich nicht stimmt, gehe ich nicht.“

Ich bedanke mich bei Andi für das interessante und aufschlussreiche Gespräch auf dem Föhnenberg und wünsche ihm für den weiteren Saisonverlauf alles Gute und beste Gesundheit.

feldwaldwiesenblogger

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