Marco Good’s Kranzgewinn am «Eidgenössischen» in Pratteln darf als faustdicke Überraschung bezeichnet werden

Der Nordostschweizer gewann am ESAF fünf seiner Kämpfe und wurde mit 75.00 Punkten (Rang 8f) verdient zum Eidgenossen gekrönt. Marco landete mit seinen eher bescheidenen Körpermassen und nach einer schwierigen Saison eine faustdicke Überraschung.

Text: Schwinger-Blog / Bilder: Marco Good

Regelmässiger Kranzsammler

Fünf Sieg-Kreuze stechen beim ESAF auf dem starken Notenblatt hervor, sie stehen drei Niederlagen gegenüber. Die Bilanz nach dem ersten Tag mit zwei Siegen und zwei Niederlagen deutete auf einen steinigen Weg zum Eidgenössischen Kranz. Am Sonntag legte Marco aber nach dem Auftaktsieg und der Niederlage im sechsten Gang mit Siegen gegen Stefan Ettlin und um den Kranzgewinn gegen Ruedi Roschi einen fulminanten Endspurt hin. Er bewies, dass es immer noch möglich ist mit bescheidenen Körpermassen den Eidgenössischen Kranz zu gewinnen.

Nimmt man die Kranzbilanz des Neueidgenossen näher unter die Lupe, fällt die Regelmässigkeit der Kranzgewinne auf. In der Saison 2014 gewann Marco nicht nur den ersten Kranz. Es kamen gleich noch drei weitere Eichenlaub-Exemplare hinzu. Diese Jahres-Marke erreichte er in der Folge nicht mehr. In der diesjährigen Saison stehen drei Kranzgewinne zu Buche. Und: In der Saison 2018 gewann der Neueigenosse keinen Kranz. Im nachfolgenden Gespräch erzählt uns der Sennenschwinger unter anderem von seiner Verletzung im angesprochenen Jahr, seinen Rückenbeschwerden in dieser Saison und ordnet den überraschenden Kranzgewinn am «Eidgenössischen» ein.

Nach dem Sieg gegen Ruedi Roschi im achten Gang durfte sich Marco zum Eidgenossen krönen lassen

Mitglied beim Schwingklub Mels

Marco’s Geburtsdatum ist der 14. August 1996. Der 26-Jährige wohnt derzeit in Sargans, ist ledig und gehört mit seiner Grösse (176 Zentimeter) und seinem Gewicht (90 Kilogramm) zu den kleinen und leichten Athleten. Der frisch gebackene Eidgenosse machte eine Ausbildung zum Forstwart und arbeitet nun Vollzeit in diesem Beruf in Mels. In der Zeit, welche nebst dem Beruf und dem Schwingsport übrigbleibt, steht Marco im Winter auf den Ski. Im Sommer züchtet er Geissen, geht fischen und auf Wanderungen in die Berge. Der Sennenschwinger ist Mitglied beim Schwingklub Mels, welcher dem St. Galler Kantonalen Schwingerverband angehört. Während der Schwingsaison wird drei- bis viermal trainiert. Auf dem Programm stehen zwei Schwing-, ein Kraft- und je nach Zeit noch ein oder zwei Crossfit-Trainings.

Der Eidgenössische Kranz ist bisheriges Karrieren-Highlight

Das am ESAF gewonnene Eichenlaub bedeutet Kranz Nummer 17 für Marco, und ist sein bisheriges Karrieren-Highlight. Zur Kranz-Sammlung des St. Gallers gehören zudem ein Teilverbands- und 15 Kantonalkränze. Seinen ersten Kranz gewann er wie bereits erwähnt 2014, und zwar beim Thurgauer Kantonalen in Basadingen. Weitere Erfolge sind die beiden ESAF-Teilnahmen in Estavayer-le-Lac 2016 und Zug 2019, die Teilnahme beim Unspunnen-Schwinget 2017 sowie der Kranzgewinn am Nordostschweizer Schwingfest 2021 in Mels. Zudem gewann Marco viermal den NOS-Nachwuchsschwingertag. Die bevorzugten Schwünge sind der Stöckli und verschiedene Bodenschwünge. Am meisten kommt dabei der Münger zum Zug. Zum Schwingsport kam der Melser gewissermassen durch seine Mutter. Er wuchs zusammen mit vier Geschwistern, darunter einem Bruder, auf einem Bauernhof auf. Die beiden Brüder gaben sich regelmässig «aufs Dach». Die Mutter hatte eines Tages genug davon und schickte den siebenjährigen Marco kurzerhand ins Schwingtraining, damit er dort Dampf ablassen konnte. Er fand Gefallen daran und blieb dem Schwingen bis heute treu.

Der Kranzgewinn von Marco kam überraschend aber verdient

Herzliche Gratulation zum Eidgenössischen Kranz! Was für Gedanken begleiteten dich bei der Krönung?

«Da beinahe alle Kranzgewinner grösser und mächtiger sind als ich, kam ich mir zuerst recht klein vor. Ich war demzufolge glücklich über meinen Kranz.»

Nach dem Sieg im achten Gang war dir der Kranz sicher. Wie hast du den starken Berner Oberländer Ruedi Roschi bezwungen?

«Ich wusste, dass er sehr kräftig ist. Ich wartete daher ab und liess ihn müde werden. Ausdauermässig bin ich nämlich gut dran. Dann kam nach etwas mehr als sechs Minuten meine Zeit und ich konnte Ruedi mit einem linken Fussstich bezwingen.»

Nach dem ersten Tag deutete noch wenig auf einen Kranzgewinn hin. Ab wann hast du langsam, aber sicher daran geglaubt Eidgenössisches Eichenlaub zu holen?

«Ich fuhr mit dem Ziel nach Pratteln, acht Gänge schwingen zu können. Nach dem siebten Gang wusste ich, dass es um den Kranz noch einen Sieg braucht. Vorher habe ich gar nicht an dem rumstudiert.»

Dein ESAF-Fazit ist ein starkes Notenblatt mit fünf Siegen. War es für dich ein fast perfekter Wettkampf?

«Gegen die beiden Eidgenossen wäre vielleicht etwas mehr drin gelegen als gegen sie zu verlieren. Ich bin aber mit meiner Leistung zufrieden, und es schaute letztendlich mehr raus als ich vorgängig dachte.»

Welcher der acht Gänge war dein härtester Kampf?

«Der letzte Gang. Die Anspannung war grösser als bei den anderen zuvor, und ich ging bei diesem vorsichtiger zu Werke.»

So freuen sich Neueidgenossen!

An welcher Verletzung littest du 2018? 

«Im Frühling 2018 zog ich mir bei der Arbeit am Knie eine Meniskus- und Knorpel-Verletzung zu. Dies zog eine Operation nach sich und bedeutete vorzeitig das Saisonende. 

Kamst du 2022 beschwerdefrei durch die Saison? 

Im vergangenen Winter habe ich hart trainiert. Ab Mitte des Wintertrainings bekam ich Rückenprobleme, welche sich weit in den Frühling hineinzogen. Ab dem Sommer bekam ich diese Beschwerden mit Physiotherapie und Massage in den Griff.»

Nimmt man den diesjährigen Saisonverlauf und die vorangegangenen Jahre unter die Lupe, darf man den Gewinn des Eidgenössischen Kranzes als faustdicke Überraschung bezeichnen. Unterschreibst du diese Aussage?

«Ja, das tue ich. Es war auch für mich eine Überraschung. Aber: Jeder Schwinger, welcher am ESAF teilnimmt, liebäugelt mit dem Gewinn des Kranzes.»

Im Vergleich zu den meisten Kranzgewinnern in Pratteln bist du eher klein und leicht. Machst du deine körperlichen Defizite mit einer starken Technik wett?

«Ich würde eher sagen mit Ausdauer als mit Technik. Zudem praktiziere ich meine Schwingweise lieber am Boden als vom Stand aus. Ich mache meine meisten Schwünge am Boden fertig.»

Richtest du dein Training dementsprechend aus, mit Einbezug deiner körperlichen Voraussetzungen?

«Nein, nicht unbedingt. Ich absolviere mein Training mit unserem Schwingklub. Das Krafttraining ist dabei für alle gleich. Und: Mein Schwingtraining richte ich nicht spezifisch auf meine Grösse aus. Ich lasse eher Schwünge weg, die bei grösseren und schwereren Schwingern besser funktionieren.»

Wann steigst du ins Wintertraining ein? Wie sieht der Plan aus?

«Im Oktober habe ich mit dem Krafttraining begonnen. Anfangs November starten wir wieder mit dem Schwingtraining. Mein Wochenplan im Winter sieht so aus: Am Montag steht ein Crossfit-Training an. Am Dienstag, Mittwoch und Freitag ist Schwingtraining angesagt. Am Freitag wird jeweils mit dem Nordostschweizer Kader trainiert. Und am Sonntag steht nochmals ein Crossfit-Training auf dem Programm. Dieses ist aber nicht schwingspezifisch, sondern ein allgemeines Training.»

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