Saison-Bilanz mit ESV-TK-Chef Samuel Feller

Die Freiluft-Saison im Schwingsport ist nun zu Ende. Zeit um Bilanz zu ziehen. Dies tat ich kürzlich bei einem Telefonat mit dem ESV-TK-Chef Samuel Feller. ESV-TK-Chef? Auf der Homepage vom ESV, dem Eidgenössischen Schwingerverband, wird in der Liste der Technischen Kommission Feller’s Funktion als Ressortleiter Technik angegeben. Der Berner gab mir zu zehn Fragen ausführlich Auskunft.

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Samuel Feller, ESV-TK-Chef
Bildquelle: blick.ch

Welche Bilanz ziehst du für die nun zu Ende gegangene Saison?
Vom Wetter her war es ein harziger Start. Sonst erlebten wir eine super Saison. Was sehr positiv ist, sind die steigenden Zuschauerzahlen. Die schönste Bilanz sind für mich die vielen Neu-Eidgenossen, welche in Estavayer ihre bisherigen Leistungen bestätigen konnten. Schade, dass mit Joel Wicki ein weiterer junger und aufstrebender Schwinger nicht dabei sein konnte. Ich ziehe eine positive Bilanz für diese Saison.

Was waren für dich die Höhepunkte dieser Saison?
Der Höhepunkt war das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF). Es war vorher ein gewisser Druck vorhanden, den haben wir auch beim Einteilungskampfgericht gespürt. Der absolute Höhepunkt in Estavayer war der Schlussgang, wo es eine Entscheidung gegeben hat. Es ist immer schön, wenn ein Sieger aus einem Schlussgang hervorgeht. Das war gewissermassen das Tüpfelchen auf dem „i“.

Welche Dinge beurteilst du eher kritisch?
Das ist schwierig zu sagen. Dazu gehören unter anderem eine gewisse Grösse der Feste und gewisse Begehrlichkeiten von Seiten der Veranstalter. Weiter: Dass wir nach wie vor genügend Funktionäre haben. Viele von ihnen waren neu, was sicher ein kritischer Punkt darstellt. Sie haben aber ihre Arbeit gut gemacht. Man muss auch bedenken, dass diese Leute ihre Ämter ehrenamtlich ausführen, und sie sich dabei teilweise stark positionieren.

Was sagst du zu der teilweise harschen Kritik aus Innerschweizer Sicht zur Einteilung beim ESAF?
Die Innerschweizer haben zum Teil nicht das erreicht, was sie sich erwartet haben. Es war hinterher eine Ernüchterung da. Sie stellten die grösste Mannschaft und hatten trotzdem keine Chance auf den Königstitel. Zwei Ostschweizer dominierten neben den Bernern das Geschehen. Am Schluss scheiterten die Innerschweizer Schwinger bei zwei oder drei entscheidenden Gängen.
Auch die Einteilung kann unbewusst das Glück oder Pech beeinflussen. Aus meiner Sicht wurden keine Einteilungsfehler gemacht. Es muss am Schluss einfach jemand schuld sein. Aber: Jeder Innerschweizer Kantonalverband hat seine Kränze gemacht. So gesehen hätte es also noch schlechter kommen können.

Wie beurteilst du die Arbeit der verschiedensten Schwing-Funktionäre über die Saison gesehen?
Ich bin sehr stolz auf die Funktionäre, sie haben einen guten Job gemacht. Man spürte, dass jeder sein Bestes gab. Natürlich sind diese Tätigkeiten auch abhängig von der Tagesform. Die Strukturen und ein entsprechendes Reglement sind vorhanden. Die Kampfrichterleistungen waren teilweise durchzogen, was aber auf eine bodenständige Kontinuität zurückzuführen ist. Die Funktionäre haben in Estavayer ihre Arbeit gut gemacht. Die Teambildung im Vorfeld hat etwas gebracht.

Wo siehst du als oberster TK-Chef aus den Erkenntnissen der 2016er-Saison Handlungsbedarf?
Wichtig ist nun, dass nach einem Eidgenössischen Jahr die Teilverbände mit den neuen Einladungsbegehren arbeiten können. Riesige Baustellen sind keine vorhanden, es ist alles gut aufgegleist. Der grösste Punkt ist das Tenue der Schwinger. Wir werden dabei strenger sein und genau schauen, was für T-Shirts die Schwinger unter dem Tenue tragen. Dabei werden wir das technische Regulativ rigoros durchsetzen.
Wir werden zudem ein Konzept erarbeiten, um die Schwingklubs noch besser unterstützen zu können. Was für sie eine zusätzliche Motivation bedeuten soll. Die Schwingklubs sind nämlich die Basis vom Eidgenössischen Schwingerverband (ESV). Es ist wichtig, dass flächendeckeckend die Jungschwinger gefördert werden. Wir dürfen uns dabei nicht blenden lassen von den Klubs, bei denen es gut läuft.

Was meinst du ganz allgemein zum gezeigten Schwingsport dieses Jahr?
Ich habe Freude an den jungen Schwingern wie Wicki, Reichmuth, Käser, Giger oder Alpiger. Es wurde gut gearbeitet und eine Basis gelegt, damit diese jungen Burschen an die Spitze gelangen konnten. Es ist guter Nachwuchs vorhanden. Dieses Jahr wurde ganz allgemein schöner und hochstehender Schwingsport gezeigt.

Wie beurteilst du die Nachwuchsarbeit nach dieser Saison?
Der Nachwuchs konnte diese Saison die verdienten Lorbeeren einfahren. Wir müssen bei der Nachwuchsarbeit aufpassen und diese weiterhin gezielt fördern und in den Mittelpunkt stellen. Ebenfalls wollen wir die Teilverbands-Nachwuchsschwingertage noch mehr in den Mittelpunkt stellen. Die wahren Helden sind die Funktionäre und Trainer, welche in die Nachwuchsarbeit involviert sind. Die Bandbreite ist dabei aber zu gross. Wir wollen dort, wo es nicht so gut läuft, gezielt unter die Arme greifen und entsprechende Hilfsmittel zur Verfügung stellen.
Das kürzlich erarbeitete Schwingerlehrbuch ist dafür ein erster Schritt. Wir wissen, dass nicht alles Gold ist was glänzt. Manchmal sprengt es halt auch unsere Kapazitäten und Möglichkeiten.

Die Südwestschweizer verpassten am Eidgenössischen leider wieder einen Kranzgewinn. Was denkst du ganz allgemein zur Entwicklung des Schwingsportes in der Südwestschweiz?
Wir müssen dies leider so zur Kenntnis nehmen. Die Südwestschweizer hätten sich den Kranz in Estavayer wirklich verdient. Sie erreichten dabei gute Notenblätter und viele Schwinger konnten acht Gänge schwingen. 2013 in Burgdorf und 2014 in Kilchberg hatten sie noch keine Chance. Sie sind auf einem guten Weg. Wenn die Südwestschweizer weiterhing gut arbeiten, erkämpfen sie sich beim ESAF in Zug zwei Kränze. Sie befinden sich nämlich auf einem aufsteigenden Ast, und es ist Potenzial vorhanden. Etliche Schwinger sind noch jung, wie beispielsweise der 20-jährige Steven Moser.

Gedenkst du die schwingerischen Randregionen wie das Oberwallis, Engadin oder Tessin vermehrt sportlich zu unterstützen?
Es wird für sie keine Sonderregelungen geben. Wichtig ist, dass nicht nach dem Giesskannen-Prinzip vorgegangen wird. Entwicklungshilfe kann nicht „Geld geben“ bedeuten. Sonst fruchtet deren Arbeit nicht. Wir lassen ihnen Unterstützung zukommen und können ihnen helfen, wenn beispielsweise Sägemehl fehlt. Manchmal fehlt es auch an Räumen.
Wir sagen ihnen: Ihr braucht vier Leute – Einen Präsidenten, einen TK-Chef für die Aktiven und einen für die Jungschwinger, sowie einen Sekretär. Wir können mit ihnen vor Ort reden und Sitzungen abhalten.
Wichtig ist, dass die Klubs Schwingfeste organisieren können. Das ist der Pulsschlag und hilft deren Region. Das Ganze muss vor Ort, von der Basis her, gedeihen. Es wäre schön, wenn der Schwingsport in allen Regionen wachsen könnte.

Vielleicht wundern sich einige weniger schwingkundige Personen, dass ich den ESV-TK-Chef im Interview „duze“. Das mache ich bewusst so, denn innerhalb der grossen Schwingerfamilie ist das einfach Usus. Wieso also sollte ich das bei meinen Interviews im Schwingsport anders handhaben?
Ein herzliches Dankeschön an die Adresse von Samuel Feller für die wohlüberlegten und interessanten Antworten!

feldwaldwiesenblogger

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