Saison-Zwischenbilanz der Berner: Die breite Spitze macht sie am ESAF in Pratteln unberechenbar

Der Berner Kantonale Schwingerverband (BKSV) hat nach ihrem Teilverbandsfest in Thun ihre Schwinger fürs ESAF von Ende August in Pratteln selektioniert: 59 Schwinger und 5 Ersatzschwinger. Überraschungen gab es keine.

Text: Schwinger-Blog

Es befinden sich Spitzenschwinger wie Schwingerkönig Christian Stucki, Michael Ledermann oder Michael Wiget darunter, welche derzeit noch rekonvaleszent sind. Ob sie dann am «Eidgenössischen» dabei sein können, wird sich zeigen. Nichtsdestotrotz: Die Berner bestechen durch ihre breite Spitze und ihre Tiefe im Kader. Ihre Stärke ist die Ausgewogenheit im Team, eine gesunde Mischung aus Routiniers und jungen hungrigen Akteuren. Gerade vor Wochenfrist liess sich das einmal mehr am Bernisch-Kantonalen Schwingfest beobachten. Da in dieser Saison bisher kein Schwinger hervorstach, wie beispielsweise Samuel Giger bei den Nordostschweizern, sind sie unberechenbar. Dieser Umstand könnte am ESAF ein grosser Vorteil sein. Sticht ein Trumpf nicht, folgt sogleich der andere. So geschehen auf dem Stoos. Bis zum Saisonhöhepunkt dauert es allerdings noch einen Moment, Zeit für eine Saison-Zwischenbilanz. Der Schwinger-Blog unterhielt sich zu diesem Zweck mit Roland Gehrig, dem Technischen Leiter der Berner. Gehrig wurde, wie schon vor einer Woche sein Innerschweizer Kollege Thedy Waser, zu fünf Stichworten befragt. 

Roland Gehrig ist der Technische Leiter der Berner Schwinger

Bild: Barbara Loosli

Saison-Zwischenbilanz

Was für eine Saison-Zwischenbilanz ziehst du insgesamt vom Berner Team?

«Ich ziehe eine sehr positive Bilanz, welche zudem ausgeglichen ausfällt. Wir durften verschiedene Festsieger feiern und die Verteilung der Favoritenrolle ist auf mehreren Schultern verteilt. Ich finde es positiv, dass keiner heraussticht. Das ist sicher ein Vorteil, und wir stehen so weniger unter Druck.»

Was fiel dir besonders positiv auf?

«Die jungen Athleten rund um Adrian Walther und Michael Ledermann. Sie sind den Erwartungen gerecht geworden. Es ist auch eine Bestätigung dafür, dass sie nochmals einen Schritt gemacht haben, um an die Spitze zu gelangen. Erfreulich ist für mich auch die Entwicklung von weiteren Jungen wie Matthieu Burger oder Lars Zaugg.»

Was stach dir besonders negativ ins Auge?

«Eigentlich nichts Spezielles. Die Verletzungen sind immer besonders hart. Mir persönlich tut es vor allem für Lukas Renfer leid. Die neuerliche Verletzung ist ein bitterer Rückschlag für ihn, und nach 2019 verpasst er erneut ein ESAF. Was mir nicht behagt, ist die Berichterstattung von gewissen Medienleuten betreffs der Kampfrichter und deren Leistungen. Für diese ist es sowieso schwierig genug, und wir sind nur schon froh, genügend gute Kampfrichter zu finden. Umstrittene Entscheide gehören einfach zum Schwingsport. Nick Alpiger hat es am Nordostschweizer Schwingfest richtig gesagt: Im Verlaufe einer Karriere gleicht sich das Ganze aus.»

Was sagst du zu den Leistungen deiner Schützlinge an den Gauverbandsfesten?

«Ich bin im Grossen und Ganzen zufrieden. Wie bereits erwähnt gab es verschiedene Festsieger. Unsere Stärke ist die Ausgeglichenheit. Das hätte eventuell anders ausgesehen, wenn ein fitter Christian Stucki dabei gewesen wäre. Mit dem Ausgang beim Seeländischen Schwingfest (fünf Festsieger) bin ich nicht ganz zufrieden. In meinen Augen wurde im vierten und fünften Gang nicht konsequent genug eingeteilt.»

Wie fällt deine Bilanz für die bisherigen Bergkranzfeste aus?

«Sehr positiv. Wir haben unsere Ziele erreicht und bei beiden bisherigen Bergkranzfesten auf dem Stoos und am Schwarzsee jeweils den Sieger gestellt und am meisten Kränze gewonnen. Ein weiteres Ziel ist es, an diesem Wochenende auch den Weissenstein-Schwinget zu gewinnen.»

Wie beurteilst du die Leistung deines Teams am Bernisch-Kantonalen Schwingfest in Thun?

«Die Leistung war gut, die Mannschaft trat geschlossen auf und es gab viele Entscheidungen. So konnten von Anfang bis Ende gute Paarungen eingeteilt werden. Es gab die eine oder andere Überraschung, die es braucht, damit es spannend bleibt. In meinen Augen war das ein top Fest, mitsamt einer super Infrastruktur in der Stockhorn-Arena.» 

Das Team der Berner, im Bild der Einmarsch beim ESAF 2019 in Zug, wird in Pratteln 59 Schwinger umfassen

Bild: Michael Wiget

Selektionierung fürs ESAF

Nach welchen Selektionskriterien hast du dein Team zusammengestellt?

«In erster Linie wird anhand einer Punkteliste, welche wir während der Saison führen, selektioniert. In zweiter Linie holen wir solche Schwinger ins Team, welche uns etwas bringen und die auch etwas reissen können.»

Unter den definitiv selektionierten Schwingern befinden sich auch Spitzenschwinger wie Christian Stucki, Michael Ledermann, Michael Wiget, Christian Gerber, Thomas Inniger und Dominik Roth. Sie sind derzeit noch rekonvaleszent. Werden diese Akteure rechtzeitig fit?

«Ich hoffe natürlich, dass sie rechtzeitig fit werden. Ich bin in ständigem Kontakt mit ihnen. Um eine Startberechtigung zu erhalten, müssen diese Schwinger bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Eine Ausnahmeregelung geniesst Christian Stucki als amtierender Schwingerkönig. Er darf in Selbstverantwortung entscheiden, ob es fürs ESAF reicht oder nicht.»

Wegen der breiten Spitze ist in dieser Saison bisher noch kein Schwinger hervorgestochen. Das macht die Berner in Pratteln unberechenbar. Würdest du diese Aussage unterschreiben?

«Ja, das würde ich unterschreiben. Wir sind tatsächlich breit aufgestellt und wenn die erwähnten rekonvaleszenten Schwinger zurückkehren, sieht das für uns noch besser aus. Diese Unberechenbarkeit ist sicher auch eine Stärke von uns.»

Adrian Walther, Sieger am Bernisch-Kantonalen Schwingfest in Thun, ist einer der Berner Trümpfe fürs ESAF

Bild: Berner Zeitung

Die Verletzungssituation und die Situation bei den Nachwuchsleuten

Auch in dieser Saison hatten die Berner bisher viel Verletzungspech zu beklagen. Wie beurteilst du die aktuelle Verletzungssituation?

«Aktuell ist Michael Ledermann’s Verletzung beim Bernisch-Kantonalen, die anderen Verletzten sind schon länger am Auskurieren. Zu hoffen ist, dass auf dem Weissenstein und auf dem Brünig keine neuen Verletzten hinzukommen. Wir hoffen einfach, dass diejenigen, die noch fraglich sind, in guter Verfassung zurückkehren und in Pratteln starten können.»

Mit Michael Moser und David Scheuner sind zwei junge Schwinger mit Jahrgang 2005 im Aufgebot fürs ESAF. Ein Indiz für sehr gute Nachwuchsarbeit. Bist du zufrieden mit dem eingeschlagenen Weg, dem Nachwuchskonzept und den Nachwuchsleuten? Wo gäbe es in deinen Augen noch Verbesserungspotential?

«Wir haben mit Moser und Scheuner zwei sehr junge Schwinger selektioniert. Die beiden haben die Kriterien mit Bravour erfüllt. Unser Nachwuchskonzept basiert auf dem Novizen-Kader. Meines Erachtens ist das eine sehr gute Sache, mit guter Betreuung und Trainings. Verbesserungspotential ist immer vorhanden. Besser dürfte zum Beispiel sein, dass die jungen Athleten noch regelmässiger an diesen Trainings teilnehmen würden. Mit unserem eingeschlagenen Weg werden die Nachwuchsathleten im Novizen-Kader und darüber hinaus gut betreut.»

Die letzten vier Königstitel gingen an die Berner: Kilian Wenger (links) war der erste der Serie, Christian Stucki der vierte

Bild: Christian Pfander (Berner Zeitung)

ESAF in Pratteln

Welche Ziele definierst du als Technische Leiter für das ESAF in Pratteln?

«Unser Ziel ist es, den Königstitel zu verteidigen. Ohne überheblich zu klingen, dürfen wir das nach vier Berner Königen in Serie sicher so benennen. Ein weiteres Ziel sind möglichst viele Kränze und auch Neueidgenossen. Der Fokus liegt nicht nur auf dem Königstitel. Unser Bestreben ist es auch, ein gutes Mannschaftsresultat zu erschwingen.»

Welchen deiner Schwinger traust du den Königstitel zu?

Roland Gehrig schmunzelt und lacht. «Das sage ich nicht. Wir haben eine breite Spitze. Und: Ich möchte nicht näher auf diese Frage eingehen.»

Wie schwörst du dein Team aufs «Eidgenössische» ein?

«Die Selektion haben wir nun hinter uns. Beim gestrigen ersten Kaderzusammenzug haben wir die Mission gestartet. Den Fokus legen wir auf die Team-Bildung und die Stärkung unseres Kaders. Das Bernisch-Kantonale Schwingfest war der letzte Ernstkampf, wo wir unter uns geschwungen haben. An den folgenden Kranzfesten und dann in Pratteln treten wir als Team an. Wir reisen zudem gemeinsam nach Pratteln und besuchen das Gelände des ESAF.»

Wie sieht die Vorbereitung der Berner bis zum ESAF aus?

«Die Vorbereitung beinhaltet unter anderem ein dreitägiges Trainingslager auf der Kleinen Scheidegg, inklusive Medientermin. Dort oben treffen wir auf den schönsten Schwingplatz der Welt. Während des Trainingslagers werden die Seeländer Schwinger abreisen und am Bözingenberg-Schwinget starten. Das ist wichtig für den Seeländischen Schwingerverband, welcher nicht über besonders viele Regionalschwingfeste verfügt. Für Christian Stucki ist dieser Schwinget eine gute Vorbereitung. Die Seeländer Schwinger reisen anschliessend wieder zur Kleinen Scheidegg hoch. Weiter stehen gezielte Einzeltrainings auf dem Programm. Wir legen viel Wert auf den Teamgeist und getreu nach unserem Motto «zämä simer starch» packen wir die Vorbereitung an und freuen uns auf das «Eidgenössische».

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.