Vorschau auf den Unspunnen-Schwinget (Teil 2): Von Eindrücken und Favoriten

Text und Fotos: feldwaldwiesenblogger

In den katholischen Landen ist der 15. August, Maria Himmelfahrt, ein Feiertag. An diesem Tag begab ich mich über den Brünig und dann nach Interlaken. Zum Ort des Geschehens, wo nun bald der Saisonhöhepunkt auf dem Programm steht. Mit der Fotokamera ausgerüstet, verschaffte ich mir einen Überblick und ein paar Eindrücke vom Aufbau des Schwingplatzes.


Eine Schwing-Arena für 15’000 Zuschauer wird errichtet

Beatleweek in Liverpool statt Unspunnen-Schwinget Interlaken
Der Gang nach Interlaken hatte noch einen anderen Hintergrund. Just am Wochenende des Unspunnen-Schwingfestes befinde ich mich in Liverpool an der Internationalen Beatleweek. Diese Entscheidung traf ich bereits letztes Jahr. Denn Musik ist nebst dem Schwingsport halt auch ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben. Auf alle Fälle begleite ich mit rund 200 Schweizern zusammen Les Sauterelles, die „Swiss Beatles“ rund um Toni Vescoli, an den Ort, wo die unglaubliche Geschichte der Beatles begann.

Heute geht es aber nicht um Musik, sondern um den Schwingsport. Die Begehung und Inspizierung der Höhematte nahm ich also vor, um auch ein bisschen „Unspunnen 2017“ einatmen zu können. Die Geschichte des prestigeträchtigen Anlasses begann zwar an einem anderen Ort. Nämlich 1805, unweit der Burgruine Unspunnen, auf dem „Bödeli“. 2006 wurde dort das letzte Schwingfest ausgetragen. 2011 erfolgte die Premiere auf besagter Höhematte im Zentrum von Interlaken.

Die Bild-Eindrücke sind Teil meiner Vorschau und ein bisschen Teilnahme beim Saison-Höhepunkt. Der prestigeträchtige Schwinget gehört seit 1981 zu den Schwingfesten mit eidgenössischem Charakter.
Der Unspunnen-Schwinget 2017 ist nun allgegenwärtig, besonders in Interlaken. Aber glücklicherweise doch nicht so dauerpräsent wie das Eidgenössische vor einem Jahr. Die vielen Vorschauen, Reportagen und Einschätzungen in praktisch jedem Schweizer Medienerzeugnis machten im August 2016 langsam aber sicher müde und stumpf. Da lobe ich mir doch den gewissen Abstand vor dem diesjährigen Saisonhöhepunkt!


Die Errichtung der Arena und der Festzelte erfolgt inmitten einer prächtigen Bergwelt

Unspunnen-Schwinget 2011
In einem Beitrag von 20 Minuten, mit dem Titel „Wo steht das Schwingen nach Unspunnen 2011?“ konnte man lesen: „Unspunnen 2011 war primär ein Schwingfest in einer wunderbaren Arena. Aber wenn das Wetter trüb und regnerisch ist, wenn die Arena 15’000 und nicht fast 50’000 fasst wie in Frauenfeld, dann kann nicht die gleiche Stimmung aufkommen. Unspunnen 2011 hat uns wegen der äusseren Bedingungen eine Rückkehr zu den Wurzeln des Schwingens, zur Bescheidenheit beschert und war deshalb noch urchiger als Frauenfeld 2010.“
Das verhält sich 2017 ähnlich. Estavayer 2016 war ein Fest der Superlative, mit allem Drum und Dran. Das Unspunnen-Schwinget 2017 konzentriert sich im Wesentlichen auf den Schwingsport. Gut so.


Für die urchige Unterhaltung und das leibliche Wohl werden grosse Zelte aufgestellt

Einschätzung der Teilverbände vor Unspunnen 2017
Diesmal werden kaum zwei Nicht-Berner im Schlussgang stehen. Meine Vermutung zielt dahingehend, dass der Ausgang einen ähnlichen Verlauf nehmen könnte wie kürzlich beim Brünig-Schwinget. Warum? Nicht bloss ein Gefühl. Denn die Berner haben als erste kapiert, wie wichtig eine gute Teambildung ist. Schwingen ist zwar ein Einzelsport. Trotzdem spricht man bei Grossanlässen immer von den Machtkämpfen zwischen den einzelnen Teilverbänden.

Die empfindliche Niederlage anno 2011 steckte den Mutzen derart in den Knochen, dass sie bald anfingen, die angesprochene Teambildung noch mehr zu fördern. Wie es scheint, ist ihnen das bestens gelungen. Denn nicht nur die Innerschweizer plagen Verletzungssorgen, auch die Berner. Trotzdem schaffen sie es trotz gewichtigen Absenzen genügend Spitzenleute an den Start zu bringen. Bei diesem Punkt scheinen die Innerschweizer ziemlich im Hintertreffen zu sein. Nebst dem Verletzungspech tun sie sich mit der sogenannten Teambildung schwerer, bestes Beispiel war das ESAF in Burgdorf. Ihre Athleten müssen sich dann so gut wie möglich schlagen, was sich bei der schwachen Ausbeute der Eidgenössischen Titel niederschlägt.

Da sich die Nordostschweizer nur vereinzelt mit der Verletzungshexe rumschlagen müssen, können sie ziemlich aus dem Vollen schöpfen. Aber sie stehen kräftemässig nicht dort wie noch in den fetten 1990iger Jahren. Die Nordwestschweizer und die Südwestschweizer sind nur schon zahlenmässig und von der Leistungsdichte her nicht in der Lage, um ganz vorne mitkämpfen zu können. Ich bin aber überzeugt, dass trotz der geballten Berner Macht, Schwinger von anderen Teilverbänden weit nach vorne dringen werden. Bis ganz an die Spitze wird es aber wohl nur ein Berner schaffen. Oder doch wieder ein Nordostschweizer?


Für die Errichtung der Infrastruktur wird viel Material benötigt

Die Favoriten 2017
Die haushohen Favoriten sind wie schon 2011 die Berner Schwinger. Allen voran Christian Stucki und Kilian Wenger. Wie sich Matthias Sempach nach der Verletzung schlagen wird, wird sich zeigen. Er strebt den sogenannten „Schwinger-Grand-Slam“ an, wie ihn einst Jörg Abderhalden schaffte. Das heisst: Nach dem Schwingerkönig-Titel und Kilchberger-Sieg visiert „Mättu“ nun auch den Sieg beim Unspunnen-Schwinget an. Nebst diesem „Berner Dreigestirn“ muss man aber auch Bernhard Kämpf, Matthias Aeschbacher oder Simon Anderegg zum erweiterten Favoritenkreis zählen.

Aus Sicht der Nordostschweizer zähle ich die beiden jungen Teamleader Samuel Giger und Armon Orlik zu absoluten Favoriten. Nach dem starken Auftritt auf der Schwägalp ist Titelverteidiger Daniel Bösch wieder ein heisser Kandidat, zumal der St. Galler weiss, wie sich ein Unspunnen-Sieg anfühlt. Eigentlich gehört auch der formstarker Martin Hersche dazu. Mit seinem starken Auftritt beim Nordwestschweizerischen galt der Appenzeller für mich gar als Geheimfavorit. Aber: Leider verletzte sich Hersche im zweiten Gang des Schwägalp-Schwingets und fällt für Unspunnen aus.

Die Innerschweizer dürfen nach dem superben Auftritt am Nordwestschweizer Schwingfest wieder auf den genesenen Joel Wicki zählen. Er ist der unbestrittene Teamleader einer Truppe, die leider verletzungsbedingt unter Substanzverlust leidet. Neben dem Sörenberger haben höchstens noch Sven Schurtenberger, Marcel Mathis, Marcel Bieri oder Benji von Ah das Zeug dazu, um ganz vorne mitzutun.

Die Nordwestschweizer Hoffnungen ruhen fast gänzlich auf Nick Alpiger, der Bruno Gisler diese Saison als Teamleader abgelöst hat. Besagter Gisler, aber auch Christoph Bieri und Mario Thürig haben den Zenit überschritten. Sie besitzen kaum (mehr) eine Chance für nach ganz vorne.

Die Romands haben so gut wie keine Chance auf den Unspunnen-Titel. Steven Moser ist mit starken Leistungen und wichtigen Kranzgewinnen zum Leader aufgestiegen. Er, Marc Gottofrey, Lario Kramer, Pascal Piemontesi, Michel Dousse, Stéphane Haenni, Samuel Dind oder Johann Borcard haben aber das Zeug dazu, den einen oder anderen Spitzenschwinger aus der Deutschschweiz zu ärgern.


Grosse Tafeln künden in Interlaken das neun-tägige Unspunnenfest an

feldwaldwiesenblogger

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