ENST-Sieger Adrian Walther darf wieder schwingen und an Wettkämpfen teilnehmen

Text: feldwaldwiesenblogger

Seit dem 1. März dürfen die Schwinger mit Jahrgang 2001 und jünger wieder im Sägemehl trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen. Zu ihnen gehört auch Adrian Walther mit Jahrgang 2001. Der junge Berner gewann 2018 am Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag (ENST) in Landquart einen Kategoriensieg und konnte mittlerweile Fuss fassen bei den Aktiven. Auf dem Konto des 200 Zentimeter grossen und zirka 110 Kilogramm schweren Sennenschwingers sind bereits drei Kränze. Hinzu kommt ein Achtungserfolg am ESAF 2019 in Zug: Adrian dufte alle acht Gänge bestreiten. Er gewann als Jungschwinger etwa 30 bis 40 Zweige und holte sich sechs Festsiege.

Am 9. August wird der für den Mittelländischen Gauverband schwingende Sägemehlathlet 20-jährig. Adrian gehört dem Schwingklub Worblental an, und wohnt in Habstetten. Derzeit absolviert er eine Ausbildung zum Zeichner Fachrichtung Architektur und befindet sich im vierten Lehrjahr.

Die Corona-Pandemie ist für alle eine schwierige Zeit. Man darf aber sicher behaupten, dass es für die Jungen besonders schwer ist. Sie sind in einer Ausbildung, möchten sich mit Gleichaltrigen austauschen und die Welt entdecken. Vieles davon geht momentan nicht, oder nur beschränkt. Man mag es darum den jungen Schwingern von Herzen gönnen, wenn sie sich wenigstens im Sägemehl messen dürfen. Adrian erzählt uns heute aus seinem Alltag.


Adrian Walther durfte am ESAF 2019 in Zug die Berner Farben vertreten und absolvierte acht Gänge
Bild: esv.ch

Wie sieht dein Trainingsalltag nach den Lockerungen aus?
«Ich habe nun das Krafttraining zurückgefahren und bin wöchentlich nur noch ein bis zweimal im Kraftraum. Derzeit absolviere ich pro Woche drei bis vier Schwingtrainings. Ich spüre das Defizit im schwingerischen Bereich, und es wird nun eine Weile dauern, bis ich wieder auf dem Niveau bin, welches ich mal innehatte.»

Wie fühlt sich das an, wieder im Sägemehl stehen zu dürfen?
«Es ist unbestritten ein gutes Gefühl. Am Anfang fühlte es sich ein wenig ungewohnt an, die Kräfte und die Dynamik beim Schwingen wieder zu spüren. Das Schwingtraining kann man mit dem besten Krafttraining nicht wett machen. Gewisse Muskelgruppen werden nur beim Schwingen trainiert, dies kann durch nichts ersetzt werden.»

Hast du derzeit viele Trainingspartner im Kurzholz?
«In unserem Schwingklub sind etliche Schwinger mit Jahrgang 2001 und jünger. So sind bei jedem Training um acht bis zehn Athleten anwesend. Das ist gut für die Abwechslung. Zudem bin ich im Nachwuchskader der Berner Schwinger und nehme an deren Trainings teil. Das Feld an möglichen Trainingspartnern ist darum sehr gross und es besteht nicht die Gefahr, dass das Training eintönig werden könnte.»

Auf was legst du den Fokus beim wieder gestarteten Schwingtraining?
«Am Anfang geht es nicht gleich von Null auf Hundert, und es beschränkt sich vorderhand auf das Techniktraining. Es gilt, die bestehenden Schwünge aufzufrischen und gut durchzuziehen. Weiter die neuen Schwünge genug oft zu üben. Zudem trainieren wir momentan vermehrt das Bodenschwingen. Denn bei dieser Trainingsart ist das Verletzungsrisiko geringer. Angestrebt wird nun eine stetige Steigerung, um in drei bis vier Wochen behutsam ins wettkampfmässige Schwingen überzugehen, und nach und nach Vollgas im Schwingtraining geben zu können. Dabei muss man stets darauf achten, wie sich der Körper verhält und entwickelt.»

Reichen dir vier Wochen Vorlaufzeit bis zum ersten Schwingfest?
«Vier Wochen sind schon extrem knapp. Für einen jungen Schwinger geht es vermutlich relativ schnell, bis der Körper wieder auf Topniveau ist.
Ein älterer Schwinger macht viel mit der Routine, hat aber wahrscheinlich länger, bis er wieder auf der Höhe ist. Dabei spürt er die körperlichen Strapazen sicher mehr als ein jüngerer Sägemehlathlet. Und: Es hängt auch davon ab, ob vor dem Start in die Kranzfestsaison kleinere Schwingfeste stattfinden. So erfolgt auch da kein Start von Null auf Hundert und es kann ein gezielter Aufbau stattfinden.»


Adrian Walther als frischgebackener Kategoriensieger am ENST 2018 in Landquart
Bild: appenzell24.ch

Wie sehen die Startmöglichkeiten an Schwingfesten für euch jungen Aktiven momentan aus?
«Theoretisch sind für uns wieder Wettkämpfe möglich. So wie ich mitbekommen habe, werden erste Nachwuchsschwingertage bei uns im Bernbiet aufgegleist. Solche Anlässe können viel kurzfristiger geplant und organisiert werden als Kranzfeste. Es sollen auch Feste in Planung sein, wo wir jungen Aktiven starten können. Jeder wünscht sich, dass er bald wieder wettkampfmässig schwingen kann.»

Wie hast du in der Zeit trainiert, in welcher das Schwingen nicht erlaubt war?
«Wir haben den Fokus im Training auf Kraft, Kondition, Koordination und Schnellkraft gelegt. Dabei haben wir versucht, die Bewegungsabläufe vom Schwingen zu simulieren. Die Trainings erfolgten grösstenteils alleine oder zu zweit mit den nötigen Schutzmassnahmen. So wurde versucht, einen möglichst ähnlichen Aufbau wie vor einer normalen Saison zu legen. Man musste dabei anders planen.
Zudem: Wenn die Schwingtrainings hinzu kommen wird der Körper anders gefordert, denn das ist ein Ganzkörpertraining. Beim Krafttraining werden ganz gezielt einzelne Muskelgruppen trainiert. So verläuft die Regeneration mit oder ohne Schwingtraining ganz anders, da andere Muskelgruppen beansprucht werden. Wie die meisten Schwinger arbeite ich zu hundert Prozent und absolviere wöchentlich jeweils am Abend vier Trainingseinheiten.»

Wie gehst du persönlich mit der Corona-Pandemie um?
«Am Anfang wusste ich nicht genau, wie man damit umgehen soll. Ich hatte Respekt davor, und eine Abschätzung der Lage war schwierig. Von einem Tag auf den anderen fiel das komplette Training weg. Man musste sich erst arrangieren, um zu Trainingsmöglichkeiten zu kommen. In den ersten Wochen hielt ich mich mit joggen und Velo fahren fit. Etwas später kamen andere Trainingsmöglichkeiten hinzu, welche man mit Maske und in Zweiergruppen absolvieren konnte. Im Sommer/Herbst gab es dann eine Phase, in welcher das Schwingtraining erlaubt war. Ein Lichtblick, leider nicht von langer Dauer. Inzwischen verspürt man eine gewisse Gleichgültigkeit, und das Sozialleben ist deutlich eingeschränkt. Ich habe Verständnis für die Massnahmen und ich halte mich so gut wie möglich an die Vorgaben.»

Für euch Junge ist das sicher eine besonders schwierige Zeit. Wie tauscht ihr euch momentan aus?
«Treffen in grösseren Gruppen ist schon länger nicht mehr möglich. Ich stehe mit meinem engsten Kollegenkreis trotz allem im regen Austausch. Man soll aber die Kontakte möglichst klein halten. Mit meinen nächsten Kollegen unternehme ich zwischendurch wieder mal etwas. Es gilt, ein Zwischending zu finden zwischen den Massnahmen und dem Sozialleben, dass man aufrechterhalten möchte.»

Was vermisst du derzeit am meisten?
«Es ist eine gewisse Freiheit, die momentan fehlt. Es wäre schön, sich privat wieder in grösseren Gruppen treffen und austauschen zu dürfen. Aufs Schwingen bezogen ist es die Planungsunsicherheit, eine Saisonplanung ist nicht möglich. Je länger je mehr wird es schwierig, dass man die Ziele nicht aus den Augen verliert. Ich legte einen guten Aufbau auf die letzte Saison hin, die dann ins Wasser fiel. Dabei die Motivation aufrecht zu halten ist nicht immer einfach. Ich habe von Schwingern mitbekommen, dass ihnen diese abhandengekommen ist, und sie die ganze Situation belastet. Ich gehe aber nach wie vor topmotiviert ins Training.»

feldwaldwiesenblogger

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