Fünf Muotathaler am Eidgenössischen Schwingfest: Von einem Tresor, dem guten ISV-Teamgeist und Hühnerhaut-Momenten

Nebst der Resultatanalyse (siehe Blogbeitrag vom 31.8.2016) führte ich mit den fünf Estavayer-Fahrern vom Schwingklub Muotathal (SKM), Ralf Schelbert, Guido Gwerder, Dario Gwerder, Stefan Heinzer und Theo Blaser auch ein Interview.

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Ralf, Stefan, Guido, Dario und Theo im offiziellen ISV-Tenue
Bildquelle: Schwingklub Muotathal

Für Guido war Estavayer2016 bereits sein drittes Eidgenössisches, für Stefan das zweite. Ralf, Dario und Theo waren das erste Mal an einem ESAF. 2013 in Burgdorf waren vom SKM nur Guido und Stefan dabei.
Die fünf Muotathaler waren mit ihren Auftritten in Estavayer mehrheitlich zufrieden. Stellvertretend meinte Ralf: „Ganz zufrieden ist man eigentlich nie. Ich bin mit meinem ersten Eidgenössischen aber zufrieden, auch weil man gesund heimkehren konnte.“ Angesprochen auf die Zielsetzungen meinte Guido: „Ich habe meine Ziele erreicht.“ Und: „Es war schön, dass alle Muotathaler acht Gänge schwingen konnten.“

Allgemein meinten sie, dass sie beim Eidgenössischen viele Erfahrungen sammeln konnten. Zu den gewonnenen Erkenntnissen sinnierte Dario: „Das nächste Mal besser sein, so dass man seine Gabe früher holen kann.“ Ralf ergänzte: „Ich persönlich möchte mental stärker werden. Dass ich mich vor einem Gang noch besser fokussieren und mich richtiggehend in ein Rohr begeben kann. Bei so einem Grossanlass bekommt man halt vor einem Gang schon viel mit und es kann einen schon ablenken.“

Die Gaben
Ganz unterschiedliche Gaben nahmen die fünf mit nach Hause. Dazu Theo: „Ich nahm einen Tresor mit. Dieser war leider nicht voll.“ Stefan holte sich einen Kompressor ab, Guido einen Tisch mit zwei Bänken, Dario entschied sich für eine Kippfräse und Ralf sicherte sich ein grosses Erinnerungsbild an Estavayer, mit einem Alpaufzug als Motiv.

Beim Gespräch erfuhr ich, dass ihre Betreuung in Estavayer durch den Innerschweizerischen Schwingerverband (ISV) organisiert wurde. Es waren auch Leute vom Schwyzer Kantonalen Schwingerverband dabei, wie der TK-Chef Fidel Schorno. Von den anderen vier Kantonalverbänden waren ebenfalls die TK-Chefs dabei. Jeder Kanton stellte insgesamt zwei bis drei Helfer, darunter waren sieben Masseure und der Verbandsarzt. Alles in allem waren es etwa 15 Personen.

Ralf und Dario waren zehn Tage vor dem Grossanlass mit einigen anderen vom ISV-Team zum Rekognoszieren vor Ort. Sie inspizierten unter anderem die imposante Arena. Ralf erklärte: „Sie wollten nicht, dass wir erschrecken, wenn wir am Freitag aufs Gelände kommen.“ Untergebracht wurden sie in der Fliegerkaserne Payerne, etwa 15 Minuten Fussmarsch von der Arena entfernt.
Am Freitagnachmittag trafen die Muotathaler in Estavayer ein. Nach dem Einrichten in der Unterkunft gingen alle ISV-Schwinger auf Erkundungstour. So zum Beispiel ins Schwingerdorf, wo mehrere Zelte aufgestellt waren. Später besuchten sie gemeinsam die Eröffnungsfeier in der Broye-Arena, und nach dem Nachtessen verfolgten sie die Flugshow der Patrouille Suisse.

Die Verpflegung und Vorbereitung
Verpflegt wurden alle Schwinger in einem grossen Verpflegungszelt im Schwingerdorf. Im Schwingerdorf befanden sich für die Athleten zudem sanitäre Anlagen wie WC’s und Duschen, und jeder Teilverband hatte ein eigenes Zelt zur Verfügung. Die Muotathaler berichteten, dass ihr Zelt unter anderem mit Matten und einem Fernsehen eingerichtet war.

Nach dem Morgenessen wärmten sich die Schwinger jeweils um 06.30 Uhr auf. In der Nähe des Einganges fanden die Innerschweizer Schwinger dafür eigens einen Platz vor. Auf die Frage, ob vor dem Beginn der Wettkämpfe eine Team-Besprechung abgehalten wurde, erzählte Ralf: „Nein, es gab vorher keine Besprechung. Ich war deshalb überrascht. Die Berner haben das gemacht, unter anderem mit Einschwören und einem Kampfschrei. Bei uns nichts dergleichen. Ich habe gedacht, dass so etwas auch kommt.“ Stefan ergänzte: „In Burgdorf hielten wir am Morgen jeweils eine Besprechung ab.“ Guido meinte abschliessend: „ISV-TK-Chef Thedy Waser gab jedem von uns am Samstagmorgen ein kleines Mutter Gottes-Emblem. Als Glücksbringer und dass wir verletzungsfrei durch den Wettkampf kommen.“

Die Vorbereitung auf einen Gang ist jeweils individuell. Die Wartezeit zwischen zwei Duellen kann an einem Eidgenössischen ziemlich lange werden. Dazu Theo: „Die Dauer zwischen den einzelnen Gängen betrug zwischen einer und drei Stunden.“ Ralf erinnerte sich: „Mir kam es relativ kurz vor. Nach einem Gang fuhr man runter und liess sich massieren. Denn eine zweitägige Belastung ist schon enorm. Zudem ruhte man sich auch ein wenig aus. Die Konzentration begann in dem Moment, als man seinen nächsten Gegner erfuhr.“ Guido führte weiter aus: „Auf einem Bildschirm im Zelt konnte man die einzelnen Paarungen entnehmen. Wenn noch etwa vier oder fünf Paarungen vor der eigenen waren, begann man sich aufzuwärmen und lief dann zum Schwingplatz.“ Stefan ergänzte: „Die Vorbereitung erfolgte ansonsten wie an anderen Schwingfesten. Man sollte es ja auch möglichst gleich machen.“

Wie gross war die Nervosität?
Ralf meinte dazu: „Ich war schon angespannt. Bei anderen Schwingfesten war ich aber viel nervöser. Der Grund ist sicher auch, dass ich diese Saison bereits einige Schwingfeste absolviert habe. Das Drumherum war natürlich viel grösser als bei jedem anderen Schwingfest.“ Guido stellte seine Sichtweise so dar: „Am Samstagmorgen vor dem ersten Gang war ich ziemlich nervös. Aber das bin ich eigentlich bei jedem Schwingfest. Dies legt sich bis zum letzten Gang, dann steigt die Nervosität wieder an.“ Dario ergänzte: „Meine Nervosität und Anspannung verhielt sich wie bei einem anderen Schwingfest.“

Der gute ISV-Teamgeist
Die fünf Muotathaler besuchten als Vorbereitung aufs Eidgenössische die Trainingszusammenzüge vom ISV und dem Schwyzer Kantonalverband. Beim Schwingklub Muotathal wurde aber kein spezielles Training absolviert. Auf die Frage, ob vorgängig auch mentales Training auf den Saisonhöhepunkt hin gemacht wurde, sagte Ralf: „Vom ISV her wurde in dieser Hinsicht nichts gemacht. Mentale Vorbereitung muss jeder individuell für sich machen, und selber entscheiden, wie viel er dafür investieren möchte. Bei der Vorbereitung wurde vor allem auf das Sportliche geachtet. Die Verantwortlichen legten auch grossen Wert darauf, dass wir nun ein Team geworden sind und der Teamgeist funktioniert. Ich fand es zudem gut, dass wir vom SKM zu fünft waren. Wir sind sonst schon ein gutes Team, und machen uns gegenseitig Mut. Innerhalb des Schwyzer Kantonalen Verbandes haben wir ebenfalls ein gutes Einvernehmen. Man spürt innerhalb des ISV-Teams aber immer noch die Kantonszugehörigkeiten.“ Stefan und Guido fügten hinzu: „Das Team hat gut funktioniert. In unseren Augen besser, als vor drei Jahren.“
Die fünf konnten sich auf dem Schwingplatz nicht gross gegenseitig anfeuern: Die Dimensionen waren schlicht zu gross. Sie besprachen sich aber vorher untereinander über die einzelnen Gegner.

Hühnerhaut-Momente
„Das Einlaufen und das Abspielen der Nationalhymne waren Hühnerhaut-Momente“, erinnerte sich Stefan. Ralf beschrieb seine Eindrücke so: „Wie Stefan sagte, war es ein spezielles Gefühl, eine bleibende Erinnerung. Es wurde uns im Vorfeld auch gesagt, dass wir diesen Moment geniessen sollen.“ Dario schwärmte: „Als ich einmal auf einen Gang wartete, lief gerade die Welle durch die Arena. Das war für mich sehr eindrücklich.“
Wie die fünf Schwinger weiter ausführten, wurde die spezielle Stimmung in der Arena während einem Gang nicht wahrgenommen. Höchstens dann, wenn ein Spitzenschwinger gewann, und ein Riesenjubel aufbrandete. Vor und nach einem Kampf nahm man die tolle Atmosphäre aber sehr wohl wahr. Man schaute sich im Zelt am Fernsehen die Spitzengänge an, und studierte auch die Rangliste. So wussten sie jederzeit, wie der Stand war.

Die extreme Hitze
Was den fünf aber auch in Erinnerung bleiben wird, war die extreme Hitze. Guido erklärte: „Die Hitze am Samstag hat an allen gezehrt. Es ging kein Lüftchen. Am Sonntagmorgen waren deswegen die meisten ein wenig angeschlagen. Ich persönlich war am Sonntagmorgen ziemlich kaputt, was ich bei den beiden vorherigen Eidgenössischen nicht war. Die Gänge wurden immer strenger. Wenn man aber auf dem Platz stand, spürte man dies kaum. Die Erholungsphasen nach den Gängen wurden aber immer länger.“
Unisono gaben sie zu Protokoll, dass Estavayer2016 ein schönes Fest mit einer guten Organisation war. Guido und Stefan teilten die Meinung, dass die Organisation vergleichbar mit derjenigen vom ESAF in Burgdorf war.

Wie geht es in dieser Saison weiter?
„Nach dem Eidgenössischen hatte ich ziemlich lange Muskelkater. Ich erholte mich aber relativ schnell. Die Spannung ist nun auch ein wenig weg“ gestand sich Ralf ein. Der Start in die Herbstsaison ist bereits erfolgt. Ralf und Dario traten letzten Sonntag erfolgreich beim Allweg-Schwinget an. Des Weiteren stehen für die Muotathaler Schwinger der Herbstschwinget Siebnen und dasjenige in Unteriberg noch auf dem Programm. Dann ist die Eidgenössische Saison bereits Geschichte und die Athleten dürfen sich bis zum Trainingsstart für die Saison 2017 ein wenig ausruhen.

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Die fünf Estavayer-Fahrer zusammen mit dem TK-Chef Erwin Betschart (ganz links) und dem Präsidenten René Schelbert (ganz rechts)
Bildquelle: feldwaldwiesenblogger

Die jungen wilden Muotathaler sind auf einem guten Weg. Insgesamt erkämpften sie sich diese Saison 17 Kränze und weitere hervorragende Klassierungen an Rangschwingfesten. Drei der fünf Estavayer-Fahrer waren das erste Mal an einem Eidgenössischen Schwingfest. Auch wenn es beim Saisonhöhepunkt keinen Kranz zu feiern gab, konnten sie viele wertvolle Erfahrungen sammeln.
Apropos erster Eidgenössischer Kranz: Man erinnere sich nur an Hanspeter Pellet, einen der bekanntesten Schwinger überhaupt. In seiner glanzvollen Karriere sammelte er 136 Kränze, davon fünf Eidgenössische. Hanspeter verliess aber seine beiden ersten Eidgenössischen (1992 und 1995) ohne Kranz.

feldwaldwiesenblogger

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