Historisches vom Schwingsport: Der „Fall Knüsel“

Am vergangenen 8. Dezember, als ich zum ersten Mal das Archiv des Eidgenössischen Schwingerverbandes besuchte, fielen mir auch die verschiedenen „Fälle“ auf. Im Blogbeitrag vom 21. Dezember 2015, „Gespräch mit Albrecht Siegenthaler, dem Archivar des Eidgenössischen Schwingerverbandes“, schrieb ich dazu: „Weiter sind auch Dokumente unter „Streit- und Disziplinarfälle“ archiviert. Laut Siegenthaler waren einige Schwingerkönige mit solchen Fällen konfrontiert. In den Unterlagen sind beispielsweise der Fall der Gebrüder Roth, der Fall Vogt, der Fall Hunsperger, der Fall Schläpfer oder der Fall Knüsel abgelegt.“

Archivschachtel 122, Mappe 5-11
Als Innerschweizer stach mir gleich der „Fall Knüsel“ ins Auge. Dieser ist in der Archivschachtel 122, Mappe 5-11, gut dokumentiert abgelegt.

Ein Jahr nach Harry Knüsel‘s Schwingerkönig-Titel (Sion, 1986) wurde eine Schwingerreise in die USA angekündigt: „Mit den Schwingern in die USA“. Der Werbetext erschien auf dem Titelbild des „Gelben Heft“. Dabei handelte es sich um eine Leserreise.

Knüsel informierte sich beim Schwingerkönig von 1977, Noldi Ehrensberger, welcher auch mit von der Partie war, „über ein regelkonformes Vorgehen“. Ehrensberger wiederum sprach beim ESV-Obmann Otto Brändli vor. Wie mir Albrecht Siegenthaler anvertraute, war der damalige ESV-Obmann eine geachtete Persönlichkeit in Schwingerkreisen.
Eben dieser Brändli liess verlauten, dass Fotos von Noldi und Harry im Reiseprospekt „nicht statthaft“ seien. Er führte weiter aus: „Publikation in der Schwingerzeitung wird nicht bewilligt, weil es eine Werbung darstellt.“ Sonst schien soweit alles in Ordnung zu sein. Denn Otto Brändli gab seine Zusage für eine Veröffentlichung im „Gelben Heft“.

Es kam zu einem Fototermin. Harry Knüsel fragte dabei auf der Flugzeugtreppe: „Ist dieses Vorgehen gestattet?“ Und: „Muss mit keinen Schwierigkeiten gerechnet werden?“ – Niemand entgegnete.

Doch es kam anders. Der Zentralvorstand (ZV) des Eidgenössischen Schwingerverbandes (ESV) befasste sich „pflichtgemäss“ mit der „Werbung für die kommende Schwingerreise“. Der ZV fällte einen Beschluss. Otto Brändli und seine Mannen trafen Massnahmen und waren der Meinung, dass es sich dabei um ein angemessenes „Urteil“ handelte.

Die Reise an und für sich war zu keinem Zeitpunkt ein Thema. Vielmehr ging es einzig und allein darum, dass mit Aktivschwingern keine Werbung betrieben werden dürfe. Auf der Titelseite des „Gelben Heftes“ wurde ein „werbeträchtiges“ Bild mit den beiden Schwingerkönigen Knüsel und Ehrensberger im Wettkampftenü veröffentlicht. Die beiden wurden an einer ausserordentlichen ZV-Sitzung angehört und gestanden ein, dass ihre Gutgläubigkeit missbraucht wurde. Sie standen zudem zu den begangenen „Fehlern“ und waren bereit angemessene Massnahmen zu tragen.

Die Massnahmen respektive Sanktionen betrafen laut diesem Schreiben nur Knüsel. Der bisher einzige Innerschweizer Schwingerkönig durfte im Jahr 1987 an keinem Schwingfest ausserhalb des Innerschweizerischen Verbandsgebietes teilnehmen. Weiter war es ihm auch untersagt, am Brünigschwinget teilzunehmen. Von dieser „Strafe“ oder Regelung, wie es der ESV nennt, war nur der Unspunnenschwinget ausgenommen. Heinrich Knüsel stand immerhin ein Rekursrecht zu.

Der amtierende Schwingerkönig rekurrierte aber nicht dagegen.
Apropos Unspunnenschwinget 1987: Knüsel hat damals beim ersten Gang, so quasi als Wiederholung des Schlussganges vom Eidgenössischen in Sion, Ernst Schläpfer grad nochmals besiegt. Vermutlich hatte der Innerschweizer wegen dieser „Werbe-Geschichte“ eine zünftige Wut im Bauch…

Ich bedanke mich bei Albrecht Siegenthaler für sein Entgegenkommen und seine unkomplizierte Art, welches mir Recherchen von Geschichtlichem übers Schwingen erlaubt.

feldwaldwiesenblogger

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