Hööch Muurä-Problematik zum Zweiten, diesmal ernsthaft und sachlich

Hööch Muurä1
Hööch Muurä
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Der Vorsteher des Amtes für Wasserbau (Kanton Schwyz), Alois Rey, schickte mir letzte Woche eine längere Email auf meine Fragen zur „Hööch Muurä-Problematik“. Zur Erinnerung: Am Samstag, 20. Juni verfasste ich zu diesem Thema einen satirischen Beitrag. Heute wollen wir uns diesem komplexen Thema ernsthaft und sachlich widmen.

Zugegeben, ich verstehe von der ganzen Sache nicht wirklich viel. Deshalb freut es mich umso mehr, dass ein ausgewiesener Fachmann Stellung zu meinen Fragen bezog. Aus diesem Grund gebe ich in der Folge den ganzen Inhalt der Email von Herr Rey wieder.
Als Einleitung und zum besseren Verständnis hier nochmals meine Fragen:

Wie würde im Falle eines Falles ein Umbau der Hööch Muurä aussehen?

Müsste bei einem Umbau der „Hööch Muurä“ nicht auch die Muota, deren Damm, und die Brücken umgestaltet/verstärkt werden?

Diese Mauer ist seit 1910 ein sicherer Rückhalt, und verhinderte seit damals Schlimmeres. Geht man mit einem Umbau nicht ein (zu) grosses Risiko ein?

Die Finanzen des Kantons sind ja nicht gerade auf Rosen gebettet. Anstatt zu sparen sind aber scheinbar „Renaturierungen“ und Umgestaltungen unserer Gewässer momentan hoch im Kurs. Verschleudert man da nicht (wieder) viel Geld mit sogenannt „biologischen Kriterien“ oder zu gut deutsch gesagt: „grünen Anliegen“?

Wann könnte das neue Wasserrechtsgesetz in Kraft treten?

Setzt der Kanton bei Inkrafttreten des neuen Wasserrechtsgesetzes sein Recht durch, oder wird man trotzdem auf die Sorgen und Anliegen der Bezirke, Gemeinden und Wuhrkorporationen eingehen?

Muss sich die Gemeinde Muotathal darauf vorbereiten, dass die altehrwürdige „Hööch Muurä“ nun dereinst umgebaut werden muss?

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Hööch Muurä
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Alois Rey: „Ganz so einfach ist die Geschichte nicht und auch der Artikel im Bote ist unpräzise. Ich habe anlässlich des Vortrags im Rahmen der Wuhrversammlung der Wuhrkorporation Muota und Starzlen die Gründe erklärt, weshalb eine Totalrevision des kantonalen Wasserrechtsgesetzes erforderlich ist. Einer der vielen Gründe ist das im Jahre 2011 revidierte Gewässerschutzgesetz des Bundes und die dazugehörende Gewässerschutzverordnung. Anhand des Geschiebesammlers Höch Muurä habe ich versucht, eine der vielen Schwierigkeiten der heutigen Zuständigkeiten im Wasserbauwesen aufzuzeigen.

Mit dem revidierten Gewässerschutzgesetz werden die Kantone verpflichtet, die negativen Auswirkungen der von den Geschiebehaushalten eines Fliessgewässers negativ beeinträchtigenden Bauten und Anlagen zu sanieren. Ein intakter Geschiebehaushalt ist nicht nur ein wesentlicher Bestandteil der Gewässerökologie und des Wasserhaushalts, sondern ebenso des Hochwasserschutzes. Jedes Gewässer ist in der Lage, bei einem Hochwasser eine gewisse Menge Geschiebe zu transportieren. Kommt mehr Geschiebe, so ist mit Auflandungen zu rechnen. Kommt weniger Geschiebe als die Transportfähigkeit des Fliessgewässers ist, so nimmt sich der Bach das Geschiebe aus der Sohle und den angrenzenden Ufern. Ufer- und Sohlenerosionen sind die Folge. Diese wiederum unterspülen bestehende Ufersicherungen und Böschungen.

Seit rund 50 Jahren werden alle 10 Jahre Querprofilaufnahmen der Muota aufgenommen. Dabei wurde eine stetige Tendenz zur Abtiefung der Sohle der Muota vom Muotatal bis nach Brunnen festgestellt. Auch anlässlich der Unwetterereignisse in den Jahren 1999 und 2005 wurden massive Sohlen- und Ufererosionen mit entsprechenden Folgen festgestellt. Auch haben wir Stellen an der Muota bemerkt, an welchen eine Abdeckung der Sohle mit Geröll gänzlich fehlte und die Muota direkt auf einer Lehmunterlage floss. Aus wasserbaulicher Sicht ist aufgrund der vorhandenen Ausgangslage klar, dass der Geschiebehaushalt der Muota nicht im Gleichgewicht ist, sondern dass langfristig gesehen ein beträchtliches Geschiebedefizit herrscht.“

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Hööch Muurä
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Alois Rey: „Wie Sie richtig schreiben, hält der Geschiebesammler bei der Höch Muurä in Hinterthal den grössten Teil des anfallenden Geschiebes aus dem Bisisthal zurück. Dies hat zur Folge, dass im darunter liegenden Lauf der Muota das Gleichgewicht gestört ist und langfristig viel zu wenig Geschiebe in der Muota verbleibt. Das Ziel der Sanierung besteht nun darin, das Abschlussbauwerk des Geschiebesammlers so umzubauen, dass bei kleineren Hochwasserereignissen das anfallende Geschiebe weiter transportiert wird. Erst bei extremen und seltenen Ereignissen mit viel Geschiebeanfall soll der zu Problemen führende Anteil des Geschiebes nach wie vor im Geschiebesammler zurückgehalten werden. Es gibt verschiedene technische Möglichkeiten um das oben beschriebene Ziel erreichen zu können. Diese sind im Rahmen der Projektentwicklung aufzuzeigen und gegeneinander abzuwägen. Eine technische Lösung wäre allenfalls, die Höch Muurä neu als Schlitzsperre umzugestalten.

Zu Ihren Ausführungen bezüglich zu viel und unnötiger Ökologie respektive grünen Anliegen halte ich fest, dass sich in sehr vielen Fällen ein ausgewogener Hochwasserschutz sehr wohl mit einer Aufwertung der ökologischen Situation verbinden lässt, ohne dass dadurch Mehrkosten entstehen. Insbesondere mit der Verbauung der Muota nach dem Unwetter 1910 wurde diese teilweise stark kanalisiert und eingeengt. Zusammen mit dem weit gehenden Geschieberückhalt bei der Höch Muurä sind die oben erwähnten Probleme entstanden. Diese sollen nun in einem ausgewogenen Masse und unter Beachtung der Nachhaltigkeitskriterien minimiert werden.

Wie bereits erwähnt, habe ich das Beispiel Höch Muurä im Zusammenhang mit meinem Vortrag zur Totalrevision des kantonalen Wasserrechtsgesetzes nur erwähnt, um an einem konkreten Beispiel die Komplexität der wasserbaulichen Zusammenhänge aufzuzeigen.

Die von Ihnen gestellten Fragen gehen von einer völlig anderen Ausgangslage aus. Insbesondere ist die von Ihnen angesprochene Verpflichtung zur Renaturierung der Gewässer und der Sanierung des Geschiebehaushalts bereits im Bundesrecht verankert. Die Kantone sind verpflichtet, die Bundesgesetze umzusetzen. Mit der Revision des kantonalen Wasserrechtsgesetzes sollen lediglich die optimalen Strukturen und Zuständigkeiten für die Umsetzung des geltenden Bundesrechts geschaffen werden. Es ist nicht vorgesehen, im Rahmen der Revision des Wasserrechtsgesetzes zusätzliche, über die Bestimmungen der eidgenössischen Gewässerschutzgesetzgebung hinaus gehende Verpflichtungen zur Renaturierung von Fliessgewässern zu verankern.

Wie die Höch Muurä in Zukunft aussehen wird, werden die detaillierten Abklärungen ergeben. Wir waren bereits in der Vergangenheit stets bemüht, zusammen mit allen Beteiligten tragfähige Lösungen zu finden. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“

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Hööch Muurä
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Mein Dank gebührt Alois Rey, welcher sich die Zeit nahm, meine Fragen ausführlich und tiefgründig zu beantworten.
Dass die ganze Geschichte nicht so einfach ist, wie Rey einleitend schreibt, ist mir nun auch klar. Dem Schreiberling des Bote war die ganze Sache scheinbar auch nicht so klar, nicht umsonst nennt der Vorsteher des Amtes für Wasserbau den Bericht „unpräzise“…

Ich hoffe, ich konnte mit meinen Fragen und den Erläuterungen von Alois Rey etwas zur Meinungsbildung bei der „Hööch Muurä“-Problematik beitragen.

feldwaldwiesenblogger

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