Nach dem Rücktritt: Sieben Fragen an Andi Ulrich, Bruno Linggi und Christian Gwerder

Text: feldwaldwiesenblogger / Fotos: Albert René Kolb

Am vergangenen Sonntag traten die Schwyzer Andi Ulrich, Bruno Linggi und Christian Gwerder am traditionellen Herbstschwingertag Siebnen zu ihrem letzten Schwingfest der Karriere an. Bei bestem Spätsommerwetter erlebten die Drei nochmals ein wunderbares Schwingfest und klassierten sich mit starken Leistungen in den vorderen Rängen. So wurde Andi in der Endabrechnung Dritter, Bruno belegte Platz 6a und Christian kam auf Rang 7a.
Nach dem letzten Gang wurde jeder von ihnen stimmungsvoll und würdig verabschiedet. Sie hängten ihre Schwingerhosen an den berühmten Nagel und Andi Ulrich wurde gar auf einem Einachser um den Schwingplatz gefahren. Von der emotionalen Verabschiedung berichtete ich bereits direkt vor Ort im «Schwinger-Blog».
Wie schon nach dem Rücktritt von Marcel Mathis, Lutz Scheuber und Stefan Gasser kramte ich meine «Sieben Fragen an» hervor und stellte sie auch den Schwyzern. Den heutigen Beitrag widme ich den drei zurückgetretenen Andi Ulrich, Bruno Linggi und Christian Gwerder, und wünsche ihnen für die Zukunft alles Gute sowie beste Gesundheit.


Andi Ulrich
Der Schwyzer gewann in seiner Karriere 88 Kränze (unter anderem vier Eidgenössische Kränze) und feierte acht Kranzfestsiege sowie 13 regionale Festsiege

Wie hast du dich beim letzten Schwingfest deiner Karriere gefühlt?
«Eigentlich gleich wie bei jedem anderen Schwingfest. Viele sagten zu mir, dass ich es noch einmal so richtig geniessen soll. Ich habe mich bis zum letzten Gang vorbereitet wie immer. Aber vor dem letzten Gang war ich tatsächlich nervöser als sonst.»

Was waren deine Beweggründe zurückzutreten?
«Das ist in erster Linie die zeitliche Belastung mit meinem Bauernbetrieb, und natürlich wegen meiner Familie. Ich würde nicht mehr genügend Zeit für den Schwingsport aufbringen können. Beim Schwingen hat man gewisse Ziele, und für diese muss man trainieren, um sie zu erreichen.»

Was sind rückblickend deine Karrierehöhepunkte?
«Der grösste Höhepunkt ist sicher der dritte Rang 2013 am ESAF in Burgdorf, vor mir waren nur Schwingerkönig Matthias Sempach und Christian Stucki klassiert. Weiter erwähne ich meine beiden Rigi-Siege und den Sieg als Gast am Baselstädtischen Schwingertrag, auf welchen ich besonders stolz bin.»

Was waren in deiner langen Schwingerkarriere die grössten Enttäuschungen?
«Die grösste Enttäuschung war, dass ich mich 2004 nicht fürs Eidgenössische in Luzern qualifizieren konnte. Im Vorjahr gewann ich vier Kränze, 2004 leider keinen. Eine weitere Enttäuschung war die Schlussgang-Niederlage 2017 am Innerschweizerischen, wo ich im ersten Zug verlor – das tat schon weh. Der verpasste ESAF-Kranz am Eidgenössischen in Zug fuchst mich auch.»

Hast du während deiner Karriere Veränderungen im Schwingsport wahrgenommen?
«Es hat heute viel mehr jüngere Zuschauer als 2001, wo ich zu den Aktiven stiess. Schwingerisch könnte ich nicht viel sagen, die Schwinger waren damals wie heute schon kräftige Athleten. Es wurde auch schon früher viel Zeit ins Training gesteckt. Das Training hat sich in der Zwischenzeit sicher etwas verändert. Weiter registrierte ich während meiner Aktivzeit die Zunahme des Sponsorings.»

Was wünscht du dir für den Schwingsport im Allgemeinen?
«Dass er weiterhin eine bodenständige Sportart ist, und fair und kameradschaftlich bleibt. Ich hoffe, dass es mit den Sponsoring-Verträgen nicht ausartet. Damit wir nicht irgendwann eine Zweiklassengesellschaft haben mit Halbprofis oder Profis und Hobbysportlern.»

In welcher Funktion wird man dich in Zukunft auf den Schwingplätzen antreffen?
«Jetzt erstmal als Zuschauer, ich habe noch keine konkreten Pläne. Ich möchte irgendwann den Kampfrichterkurs besuchen, und könnte mir auch vorstellen, an einigen Schwingfesten diesen Job zu machen. Aber: Erst soll sich jetzt das Ganze etwas setzen. Als Helfer an Schwingfesten werde ich den Mythenverbändlern erhalten bleiben.»


Bruno Linggi
Der Schwyzer gewann in seiner Karriere 31 Kränze und feierte zwei Rangschwingfestsiege

Wie hast du dich beim letzten Schwingfest deiner Karriere gefühlt?
«Ich habe mich ganz normal darauf vorbereitet. Am Tag davor kam ein Kribbeln auf. Am Schwingfest fühlte ich mich gut und es war nicht viel anders als sonst. Als der Speaker meinen letzten Gang ankündigte, wurde mir bewusst, dass nachher Schluss ist. Es ging dann alles auf, und ich durfte mit einem Sieg einen tollen Abschluss feiern.»

Was waren deine Beweggründe zurückzutreten?
«Ich habe mich schon länger damit befasst und darüber nachgedacht, wann der richtige Zeitpunkt ist. Am Frühling war mir bewusst, dass es die letzte Saison sein könnte. Als ich mich dann fürs Eidgenössische qualifizierte, entschied ich mich endgültig, am Ende der Saison zurückzutreten. Für mich galt stets: Aufhören dürfen, statt aufhören müssen. Bis vor kurzer Zeit hatte das Schwingen für mich immer erste Priorität. Nun kamen auch andere Dinge hinzu, und man war auch etwas gesättigt vom Schwingsport. So fiel es mir leichter zurückzutreten.»

Was sind rückblickend deine Karrierehöhepunkte?
«Das sind eindeutig meine vier gewonnenen Bergkränze. Das grösste Highlight ist der Stoos-Kranz 2008 mit fünf Eidgenossen auf dem Notenblatt, davon drei bezwungenen. Weiter die drei hintereinander gewonnenen Rigi-Kränze. Dies an meinem erklärten Lieblingsfest, quasi vor der Haustür. Zudem zähle ich auch die Qualifikation für den Kilchberger Schwinget 2008 zu meinen schönsten Erfolgen. Ein Fest mit eidgenössischem Charakter, wo nur die besten 60 Schwinger teilnehmen können.»

Was waren in deiner langen Schwingerkarriere die grössten Enttäuschungen?
«Eine grosse Enttäuschung ist der verpasste Rigi-Kranz im Jahr 2007. Ich wies damals vier Siege auf dem Notenblatt auf, und ging trotzdem ohne Kranz heim. Ich schwang gar um den Festsieg, und mein Gegner ging als Sieger heim.»

Hast du während deiner Karriere Veränderungen im Schwingsport wahrgenommen?
«Es wurde alles professioneller, wie beispielsweise die Vorbereitung vor einem ESAF. Mehr Leute, die einem bei der Vorbereitung unterstützen und das entsprechende Angebot ist viel grösser geworden. Weiter hat die Werbung und das Sponsoring während meiner Aktivzeit zugenommen.»

Was wünscht du dir für den Schwingsport im Allgemeinen?
«Dass er friedlich und bodenständig bleibt, und dass es unter den Zuschauern weiterhin friedlich abläuft. Ich hoffe zudem, dass das Sponsoring nicht ins Negative fällt, und sich keine Zweiklassengesellschaft bildet. So dass jene Schwinger, welche zu 100 Prozent arbeiten müssen, weiterhin eine Chance auf dem Schwingplatz haben.»

In welcher Funktion wird man dich in Zukunft auf den Schwingplätzen antreffen?
«Ich bin bei den Rigiverbändlern bereits Technischer Leiter der Aktiven und J+S-Coach. Diese beiden Ämter werde ich weiterhin versehen, und meinen Klub tatkräftig unterstützen. Natürlich werde ich auch als Zuschauer an Schwingfesten anzutreffen sein.»


Christian Gwerder
Der Schwyzer gewann in seiner Karriere elf Kränze und feierte zwei Rangschwingfestsiege

Wie hast du dich beim letzten Schwingfest deiner Karriere gefühlt?
«Es war speziell, und ich war nervös wie an einem Kranzfest. Ich wollte eine gute Leistung zeigen und steckte mir meine Ziele. Mein letztes Schwingfest kam mir wie ein Kranzfest vor.»

Was waren deine Beweggründe zurückzutreten?
«Mein Alter, ich werde bald 36-jährig. Es ging nicht mehr alles so einfach wie in jüngeren Jahren. Ich habe den Bauernbetrieb meiner Eltern in Goldau übernommen und gehe zudem 100 Prozent einer Arbeit nach. Da wäre es schwierig geworden, genügend Zeit fürs Training zu finden, um weiterhin eine gute Leistung abliefern zu können.»

Was sind rückblickend deine Karrierehöhepunkte?
«Das sind 2010 der Rigi-Kranz und die Qualifikation fürs Eidgenössische. Weiter die Festsiege am Zugerberg-Schwinget und am Hallenschwinget Aarau. Der Lebendpreis vom Zuger Bergschwinget steht immer noch in meinem Stall, und erinnert mich an den schönen Moment. Hinzu kommen zwei Festsiege an Schwingfesten in den USA. Schliesslich zähle ich auch einen zweiten Platz am Herbschwingertag Siebnen, an welchem ich starke Gegner hatte und einen Lebendpreis gewann, zu meinen grössten Erfolgen.»

Was waren in deiner langen Schwingerkarriere die grössten Enttäuschungen?
«Ich musste glücklicherweise nie wegen grösseren Verletzungen pausieren. Ich zähle einige verpasste Chancen, wie beispielsweise an einem Zuger Kantonalen, bei welchem ich ein starkes Notenblatt aufwies und am Schluss doch ein Vierteli fehlte, zu meinen grössten Enttäuschungen.»

Hast du während deiner Karriere Veränderungen im Schwingsport wahrgenommen?
«Die Werbung und das Sponsoring hat in meiner Aktivzeit stark zugenommen. Man soll wegen der Tradition schwingen, und nicht wegen dem Geld. Es ist zudem nicht unbedingt fair, dass einige Schwinger nicht mehr 100 Prozent arbeiten müssen, und die anderen diese Möglichkeit nicht haben.»

Was wünscht du dir für den Schwingsport im Allgemeinen?
«Dass die Jungen weiterhin Freude am Sport haben. Dass es so weiterläuft wie bisher, und unser Klub dank motivierten Schwingern und Funktionären am Leben bleibt. Ich finde es schön, die Jungen zu beobachten. Vom Jungschwinger bis hin zum Aktiven, wie sie dabei Ehrgeiz und Willen zeigen, und sich im Sägemehl beweisen.»

In welcher Funktion wird man dich in Zukunft auf den Schwingplätzen antreffen?
«Ich hatte bereits in den letzten Jahren viel für die Jungschwinger getan
und dabei beim Schwingerverband am Rigi eine Trainingsgruppe mit jungen Aktivschwingern aufgebaut. Diese Gruppe habe ich nun weitergeben können. Da ich wie erwähnt einen Bauernbetrieb übernahm und auch verheiratet bin, will ich etwas kürzertreten. Im Vorstand bin ich weiterhin als Versicherungskassier tätig. Unser Klub führt jedes Jahr vier Schwingfeste durch, und an diesen werde ich als Helfer fungieren.»

feldwaldwiesenblogger

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