Nach dem Rücktritt: Sieben Fragen an Marcel Mathis, Lutz Scheuber und Stefan Gasser

Text und Fotos: feldwaldwiesenblogger

Letzten Sonntag traten die beiden Nidwaldner Marcel Mathis, Lutz Scheuber sowie der Obwaldner Stefan Gasser am Allweg zu ihrem letzten Schwingfest der Karriere an. Entsprechend stimmungsvoll verlief der Schwinget, erst recht hinterher die bestens organisierte und emotionale Verabschiedung. Ich berichtete auf dem «Schwinger-Blog» bereits darüber, und stellte auch ein Video online, wo Marcel, Lutz und Stefan ihre Schwingerhosen an den berühmten Nagel hängten.
Zur Erinnerung: Die drei Athleten schlossen ihre Karriere mit Spitzenplätzen ab. Sieger wurde bekanntlich Marcel Mathis, auf Platz zwei folgte Lutz Scheuber und Stefan Gasser belegte Rang 3g.
Den heutigen Beitrag widme ich den drei Zurückgetretenen, bei welchem ich sie mit den gleichen sieben Fragen konfrontierte.


Marcel Mathis
Der Nidwaldner gewann in seiner Karriere 56 Kränze (unter anderem drei Eidgenössische Kränze) und feierte drei Kranzfestsiege

Wie hast du dich beim letzten Schwingfest deiner Karriere gefühlt?
«Ich fühlte mich ähnlich wie bei anderen Schwingfesten. Die Emotionen sind erst nach dem letzten Gang hochgekommen. Im Hinterkopf hatte ich natürlich schon, dass es das letzte Schwingfest ist. Ich war bei jedem Schwingfest leicht nervös, das war am Allweg auch nicht anders.»

Was waren deine Beweggründe zurückzutreten?
«Das sind in erster Linie zeitliche Gründe. Zudem wollte ich den grossen Trainingsaufwand nicht mehr auf mich nehmen. Ich schwinge nun seit 22 Jahren und blieb dabei vor grösseren Verletzungen verschont. So musste ich mich nie einer Operation unterziehen. Dafür bin ich sehr dankbar. Kleinere Zerrungen oder Verletzungen muss man in Kauf nehmen. Schwingen ist halt ein rauer Sport, da muss man topfit sein.»

Was sind rückblickend deine Karrierehöhepunkte?
«Das sind der Sieg am ersten Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag 2006, die drei Eidgenössischen Kränze und der Sieg am Innerschweizerischen Schwing- und Äplerfest 2017 in Alpnach.»

Was waren in deiner langen Schwingerkarriere die grössten Enttäuschungen?
«Ich hatte eigentlich keine Enttäuschungen zu verzeichnen.»

Hast du während deiner Karriere Veränderungen im Schwingsport wahrgenommen?
«Im sportlichen Bereich, was das Schwingen anbelangt, habe ich keine Veränderungen wahrgenommen. Der Rummel um den Schwingsport ist aber in dieser Zeit viel grösser geworden.»

Was wünscht du dir für den Schwingsport im Allgemeinen?
«Dass der Schwingsport so bodenständig und fair bleibt wie er ist.»

In welcher Funktion wird man dich in Zukunft auf den Schwingplätzen antreffen?
«Das weiss ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Ich ziehe mich nun ein wenig zurück. Dabei mache mir Gedanken darüber, in welcher Form ich mich sehe und werde dann sicher in absehbarer Zeit in irgendeiner Funktion auf den Schwingplätzen anzutreffen sein.»


Lutz Scheuber
Der Nidwaldner gewann in seiner Karriere 35 Kränze (unter anderem ein Eidgenössischer Kranz) und feierte einen Kranzfestsieg

Wie hast du dich beim letzten Schwingfest deiner Karriere gefühlt?
«Es war nicht wirklich anders als bei anderen Schwingfesten und ich versuchte mich wie üblich zu fokussieren. Während dem letzten Gang hatte ich schon im Hinterkopf, dass nachher fertig ist. Aber wirklich extrem war es nicht, da ich mich schon vorher damit auseinandergesetzt habe.»

Was waren deine Beweggründe zurückzutreten?
«Der Hauptgrund ist der zeitliche Aufwand. Ich habe mich nicht gegen den Schwingsport, sondern für meine Familie entschieden. Zudem: Im Schwingsport gibt es halt nicht verschiedene Ligen. Entweder schwingt man stets mit der letzten Konsequenz, oder eben nicht.»

Was sind rückblickend deine Karrierehöhepunkte?
«Dazu gehört der Kranzfestsieg am Urner Kantonalen 2016. Weiter die beiden Siege am Allweg und natürlich der Eidgenössische Kranz in Zug.»

Was waren in deiner langen Schwingerkarriere die grössten Enttäuschungen?
«Eine Enttäuschung war sicher das berühmte Vierteli, welches an zwei Eidgenössischen Schwing- und Älplerfesten für den Kranzgewinn gefehlt hat (Burgdorf 2013 und Estavayer 2016). Daran ist man aber auch gewachsen. Es war eine Enttäuschung, und doch nicht.»

Hast du während deiner Karriere Veränderungen im Schwingsport wahrgenommen?
«Ja, definitiv. Ganz allgemein ist die Nachfrage nach dem Schwingsport grösser geworden. Zudem hat die Popularität immens zugenommen. Die Art des Trainings ist polysportiver geworden. Ich selber habe mein Training polysportiver ausgerichtet. So ging ich während dem Winter mit den Kunstturnern trainieren und bekam dabei viele neue Impulse. Es wurden andere Reize gesetzt und ich erfuhr eine Abwechslung, welche nicht geschadet hat.»

Was wünscht du dir für den Schwingsport im Allgemeinen?
«Dass der Schwingsport so bleibt wie er ist. Dass er populär bleibt und keinen Rücklauf erfährt. Und natürlich: Dass er interessant und fair bleibt.»

In welcher Funktion wird man dich in Zukunft auf den Schwingplätzen antreffen?
«Das weiss ich jetzt noch nicht. Ich habe immer gesagt, dass ich dem Schwingsport nicht den Rücken kehren werde. Während etwa einem Jahr möchte ich noch kein Amt übernehmen. Ich werde aber sicher einzelne Trainings geben. Ich lasse es auf mich zukommen, und schaue, was sich dabei ergibt. Als Zuschauer werde ich sicher an Schwingfesten anzutreffen sein.»


Stefan Gasser
Der Obwaldner gewann in seiner Karriere 37 Kränze und feierte zwei Kranzfestsiege

Wie hast du dich beim letzten Schwingfest deiner Karriere gefühlt?
«Ich empfand gemischte Gefühle und ein bisschen Wehmut war auch dabei. Ich durfte auf dem Allweg einen schönen Karriereabschluss erleben.»

Was waren deine Beweggründe zurückzutreten?
«Der Gesundheitsaspekt gab den Ausschlag für den Rücktritt, und mein Körper machte nicht mehr so mit. Schliesslich bin ich mit 33 Jahren in einem Alter, wo mein Körper immer mehr Erholung braucht, und ich dadurch nicht mehr so viel trainieren kann.»

Was sind rückblickend deine Karrierehöhepunkte?
«Das sind die beiden Brünig-Kränze und die Kranzfestsiege am Urner (2010) und am Ob- und Nidwaldner Kantonalen (2015).»

Was waren in deiner langen Schwingerkarriere die grössten Enttäuschungen?
«Der verpasste Eidgenössische Kranz und die Verletzungen im Allgemeinen. Dazu gehört auch die Schulterverletzung, welche ich während der Saison 2017 erlitt. Das zog eine Operation nach sich, und in der Folge musste ich 2017 abbrechen sowie die ganze 2018er-Saison auslassen. Diese Saison habe ich nochmals ein Comeback gegeben.»

Hast du während deiner Karriere Veränderungen im Schwingsport wahrgenommen?
«Der Schwingsport ist immer populärer geworden, das spürt man vor allem an Eidgenössischen Schwingfesten. Zudem ist der Schwingsport immer intensiver geworden. Das merkt man auch daran, dass gewisse Schwinger nicht mehr zu 100 Prozent einer Arbeit nach gehen und dadurch mehr Zeit für das Training und die Erholung haben.»

Was wünscht du dir für den Schwingsport im Allgemeinen?
«Dass der Schwingsport ein Amateursport bleibt und man nicht davon leben kann. Und: Dass es keine Zweiklassen-Gesellschaft geben wird, wo plötzlich einige davon leben könnten, währenddessen die anderen 100 Prozent arbeiten müssen.»

In welcher Funktion wird man dich in Zukunft auf den Schwingplätzen antreffen?
«Jetzt erst mal als Zuschauer. Es ist schön, wenn etwas Ruhe einkehrt und sich das Ganze etwas setzen kann. Ich werde sicher irgendwann mal ein Amt in einem Vorstand übernehmen. Als Technischen Leiter sehe ich mich aber nicht.»

Ich bedanke mich bei Marcel, Lutz und Stefan für die interessanten und offenen Antworten. Den drei zurückgetretenen Schwingern wünsche ich für die Zukunft alles Gute und beste Gesundheit!

feldwaldwiesenblogger

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.