Schwingen in Randregionen: Schwingklub Engadin –Teil 3

Beim Teil 2 erfuhren wir von Bernie Locher, dem Technischen Leiter, von den Problemen des noch jungen Schwingklubs. Der aus der Region Thun stammende Metzger ist mittlerweile im Oberengadin zuhause und führt in Zuoz eine eigene Metzgerei. Bernie brachte das Schwing-Virus ins Engadin. Es begann dort heftig zu keimen, ist mittlerweile aber der nüchternen Realität ausgesetzt. Der Berner wünscht sich zu den momentan vier bis sechs Jungschwingern weitere interessierte Sägemehlathleten.
Kleinere Erfolge konnten die jungen Schwinger auch schon verbuchen. So zählt der Klub zu seinem Palmarès schon einige Zweige und mit Men Camichel konnte 2012 einer der ihren beim Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag (ENST) in Hasle-Entlebuch LU starten.

Der dritte Teil ist wie der zweite, nämlich auch ein Interview-Beitrag. Bernies‘ Antwort zur Schlussfrage „Was wünschst du dir?“ fasst nochmals die ganze Problematik beim 2011 gegründeten Schwingklub Engadin zusammen.

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Bernie Locher im Schwingkeller des Schwingklubs Engadin
Bildquelle: feldwaldwiesenblogger

Wie lauten eure Ziele für 2017?
Ein Highlight wird das Bündner-Glarner Kantonale Schwingfest vom 1. Juli in S-chanf auf dem FLAB-Militärplatz. Unser Hauptziel für 2017 ist denn auch die Organisation dieses Anlasses, welchen wir gut über die Bühne bringen möchten. Wir hoffen, dass das Wetter mitspielt und um die 3000 Zuschauer kommen werden. Dieser Schwinget findet an einem Samstag statt, damit die Leute bei uns übernachten können. Wir werden auch ein Unterhaltungsprogramm am Samstagabend anbieten. Wir hoffen, dass dieses Schwingfest bei uns einen Boom auslöst. Von unseren Schwingern kann leider noch keiner teilnehmen. Ausser diejenigen, welche aufgehört haben, würden wieder mit schwingen beginnen.
Zudem ist wieder unser Klub-Schwinget für die Jungschwinger für Mitte August geplant.

Ein weiteres Ziel ist das gleiche wie dieses Jahr: Mehr Jungschwinger.
Apropos Bündner Kantonales Nachwuchsschwingfest: Diesen Schwinget würden wir schon erhalten. Nur, der Terminkalender des Nordostschweizerischen Schwingerverbandes hat diesen Anlass für die Bündner immer für den Monat April fixiert. Das kann man im Engadin aber vergessen, weil bei uns dann noch Schnee liegt. Der Schwinget müsste bei uns im Juli oder August stattfinden können.

Wo trainieren eure Schwinger hauptsächlich? Finden auch Trainings bei anderen Bündner Schwingklubs statt?
Unsere Schwinger trainieren hauptsächlich im klubeigenen Schwingkeller im Selas-Park. Ab und zu auch draussen im Prättigau oder in Untervaz, wo die Kantonalen Trainings stattfinden. Wir werden dazu auch eingeladen, die Möglichkeit würde schon bestehen. Das Problem sind die angesprochenen Distanzen. Die Trainings dauern dort bis 21 Uhr. Bis unsere Buben zuhause im Bett sind, ist es etwa 22.30 Uhr. Und wenn sie am nächsten Tag Schule haben, ist das nicht unbedingt ideal. Während den Schulferien spielt das keine Rolle.

Gaben bei euch auch schon bekannte Schwinggrössen Schwingkurse?
Wie erwähnt, war Thomas Sutter schon hier. Damals, als 2012 das Nordostschweizerische in Silvaplana durchgeführt wurde, konnten unsere Jungschwinger auch an einem Training mit Jörg Abderhalden teilnehmen.
Als wir Aktive hatten, kamen ein paar Bündner Schwinger wie Roman Hochholdinger oder Mike Peng, welche hier im Oberengadin vorübergehend gearbeitet hatten, ins Training.
Armon Orlik war leider noch nie bei uns zum Training, wohl aber zur Jagd. Für unsere Jungschwinger ist er natürlich das grosse Vorbild.

Wie motivierst du eure Schwinger?
Extra motivieren müssen wir unsere Jungschwinger nicht, das wäre sowieso schwierig. Sie müssen von sich aus wollen. Wir trainieren darauf, dass wir bei den Schwingfesten nicht weit entfernt von den anderen sind. Wir sind jeweils immer nahe dran, und holen auch unsere Zweige. Das ist schon eine Motivation.
Das Problem sind vor allem die Fahrwege, und das frühe Aufstehen am Morgen. Wenn wir dort sind, sind unsere Jungschwinger dann hellwach und motiviert. Sie kennen ausserhalb vom Engadin auch andere Schwingkollegen und sind mit einigen von ihnen befreundet.

Wie viel Zeit investierst du eigentlich in den Schwingsport?
Das sind um die sechs bis sieben Wochenenden pro Jahr, wo ich weg bin. Weiter gehören auch das Organisieren und Treffen mit anderen Technischen Leitern dazu. Mit allen Arbeiten inklusive einigen Schreibarbeiten sind es pro Monat zwei bis drei Abende. Im Sommer natürlich mehr als im Winter. Als ich selber noch die Trainings leitete, war der zeitliche Aufwand noch grösser. Das macht inzwischen Dani Sutter.

Habt ihr keine Schwierigkeiten, den Vorstand des Schwingclub Engadin zu besetzen?
Unser Vorstand ist vollzählig. Ganz einfach ist es nicht und wir mussten auch schon einige Male nachfragen, um einen Posten zu besetzen. Es ist auch nicht dringend erforderlich, dass alle vom Schwingsport gleich viel verstehen. Beispielsweise ein Kassier. Aber: Zwei oder drei Vorstandsmitglieder sollten schon eine gewisse Ahnung vom Schwingen haben.
Von Vorteil ist, dass ich in der Ostschweiz mittlerweile viele Leute rings um die Schwingszene kenne und gut vernetzt bin.

Was wünschst du dir?
Mehr Jungschwinger! Und dass von unserem Vorstand mehr „Pfupf“ kommt. Weiter wünsche ich mir mehr Verständnis von Seiten des Nordostschweizerischen Schwingerverbandes: Wir können nicht immer an Trainings und NOS-Zusammenzüge kommen. Das ist von der Distanz her einfach schwierig für uns.
Einen Wunsch samt Anregung an den ESV habe ich bereits geäussert: Ein gemeinsames Weekend mit den Oberwallisern und den Tessinern, den beiden anderen schwingerischen Randregionen. (Siehe dazu beim Teil 2). Klar, zwischen uns dreien bestehen grosse Wege, von einem Ecken der Schweiz zum anderen. Das Tessin würde in der Mitte liegen. Ich bin der Meinung, dass der ESV das in die Hand nehmen, und dort etwas organisieren sollte. Im Übrigen werde ich mit Edi Ritter, dem Technischen Leiter der Tessiner, nächstens Kontakt aufnehmen. Wir würden auch zu ihnen fahren.

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Die Jungschwinger Severin, Nico und Jens sowie Trainigsleiter Dani Sutter beim Aufwärmtraining
Bildquelle: feldwaldwiesenblogger

Zum Schluss unseres längeren Gesprächs erzählte mir Bernie Locher, dass der Schwingkeller im Serlas-Park einfach zu klein ist: „Solange wir nur diesen kleinen Schwingkeller haben, kann ich keinen Schwingklub mit 15 bis 20 Jungschwingern zum Training einladen. Wir suchen einen grösseren Raum und führten diesbezüglich bereits Gespräche. Wir müssen da einfach dran bleiben. Wenn wir einen grösseren Schwingkeller hätten, könnten wir auch andere Schwingklubs, zu denen wir trainieren gehen, einladen. Stell dir vor, wir hätten 10 oder 12 Aktive, der momentane Raum wäre schlicht zu klein. Bei einem grösseren Schwingkeller könnten wir auch Aktive einladen. Aber bei den momentanen Platzverhältnissen kann ich niemandem etwas anbieten.
Die Mitglieder vom Schwingklub Münchenbuchsee würden sofort zu einem Training kommen, auch im Winter. Zu ihnen habe ich immer noch beste Kontakte. Auch Thomas Sutter würde mit den Appenzeller Schwingern kommen. Das wären Wintertrainings, super für die Athleten! Sie könnten neben dem Schwingtraining auch Langlauf ausüben oder Skifahren. Das wäre nämlich so eine Art Höhentraining für diese Schwinger. Es fehlt uns einfach ein geeigneter Schwingkeller. Übernachtungsmöglichkeiten wie Jugendherbergen oder Massenlager sind genügend vorhanden. Auch andere Trainingsmöglichkeiten könnten wir nutzen.“

Am 1. Juli 2017 findet in S-chanf auf dem FLAB-Militärplatz das Bündner-Glarner Schwingfest statt. Der Schwingklub Engadin darf diesen Anlass organisieren. Ich wünsche Bernie und seinen Mitstreitern heute schon viele Besucher, die den Weg ins Oberengadin finden werden. Ich wünsche ihnen aber auch, dass dieser Schwinget einen kleinen Boom im Engadin auslösen wird. Den Schwingsport im Engadin zu etablieren dürfte aber so oder so ein schwieriges Unterfangen sein. Die Distanzen und die Lage sprechen diesbezüglich nicht wirklich dafür.
Trotzdem: Ich freue mich, dass es im Engadin auch einen kleinen Schwingklub gibt, und hoffe für Bernie, dass seine unermüdliche Arbeit Früchte trägt. Ein herzliches Dankeschön für den freundlichen Empfang und das überaus interessante Gespräch!

feldwaldwiesenblogger

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