Wie geht es den Muotathaler Schwingern Ralf Schelbert und Dario Gwerder?

Text: feldwaldwiesenblogger

Kürzlich führte ich mit den jungen Muotathaler Schwingern Ralf Schelbert (22-jährig) und Dario Gwerder (wird im Dezember 20-jährig) ein Gespräch. Zur Erinnerung: Ralf fiel wegen einer Verletzung die ganze Saison aus, Dario musste nach dem Luzerner Kantonalen die Saison abbrechen. Ich wollte von beiden wissen, wie es ihnen geht und wie sie 2017 mit ihrer Verletzungsgeschichte erlebt haben. Weiter unterbreitete ich den beiden Jungtalenten den Vorschlag, sie auf dem Weg zurück mit weiteren Blogbeiträgen zu begleiten. Beide bejahten das Unterfangen. Heute folgt in dem Sinn also der Startschuss.


Ralf Schelbert konnte 2017 kein Schwingfest bestreiten
Foto: feldwaldwiesenblogger

Kurzer Rückblick auf die Verletzungsgeschichte
Ralf: Meine Verletzungsgeschichte ist etwas kompliziert. Zwei oder drei Trainings vor dem Hallenschwinget Sarnen (12. März) begann ich im linken Knie ein Ziehen zu spüren. Beim Turntraining unserer Aktivriege konnte ich wegen den Schmerzen einige Übungen gar nicht mehr mitmachen. Darauf ging ich zum Arzt und es folgte ein MRI-Untersuch. Ich hatte mir ja vor gut zwei Jahren das Innenband jenes Knies gerissen. Bei der Operation wurde damals das Ganze am Knochen angeankert. Man vermutete nun, dass ein Anker zu nah beim Gelenk ist, und deswegen Schmerzen verursachte. Es kam zu einer Operation. Bei dieser wurde der Knochen angebohrt, und der störende Anker entfernt. Während der Operation stellten die Ärzte dann fest, dass ich einen Knorpelriss beim Kniegelenk habe. Wie mir erklärt wurde, kann man bei einem Knorpelriss nicht viel machen, ausser diesen zu glätten. Ich habe versucht, die Heilung mit Eigenblut-Spritzen anzuregen, damit der Riss gut zusammenwächst. Die Heilung hat auch darum lange gedauert, weil der Knochen angebohrt war und er nahe beim Gelenk ist. Der Knochen musste wieder vollständig zusammenwachsen. Deshalb konnte ich gar nie in die Saison einsteigen. Denn es wäre ein zu grosses Risiko gewesen, dass etwas absplittern könnte. Es sollte nun aber wieder alles gut sein.

Dario: Meine Verletzungsgeschichte begann beim Luzerner Kantonalen. Beim fünften Gang lief ich mit meinem Gegner zum Platzrand. Ich liess los, und dachte der Kampf sei vorbei. In diesem Moment packte er mich am Knie und wollte mich hochheben. Dabei drehte ich mich aus und hörte einen Knacks im Knie. Ich kümmerte mich aber nicht weiter darum. Denn gut zwei Wochen später hätte ich sowieso wegen der bevorstehenden Lehrabschlussprüfung (LAP) mein Training unterbrochen. Ich wollte dann nach den Prüfungen weiterschauen. Das Knie war nach dem Luzerner Kantonalen geschwollen. Vor der LAP ging ich sogar noch heuen und ich konnte mich soweit ohne Probleme bewegen. Der Schwarzsee-Schwinget stand etwas später auf dem Programm, und ich dachte mir, dass es bis dahin wieder gehen sollte. Ich bat trotzdem meinen Arzt um einen Untersuch. Dieser ordnete ein MRI an, bei welchem festgestellt wurde, dass das vordere Kreuzband gerissen ist. Ich entschied mich für eine Operation, welche am 30. Juni erfolgte.

Wie verlief der Heilungsprozess? Sind die Verletzungen vollständig ausgeheilt?
Ralf: Zuerst hatte ich das Gefühl, dass die Heilung etwas schleppend verläuft, da ich noch länger etwas spürte. Ich fuhr dann viel Velo, damit es mir durch die Bewegungen das Knie durchspült. Als ich wieder mehr Sport trieb, ging einen Ruck durch meinen Körper und es ging immer besser. Ich bin inzwischen wieder voll im Training und trainiere derzeit viermal pro Woche. Ich spüre mein operiertes Knie zwar schon ein wenig. Aber: Es ist gut, wenn man etwas spürt. Das Gegenteil wäre wohl nicht so gut. Mittlerweile ist alles gut verheilt und ich bin zufrieden, wie es verlief. Denn es läuft immer besser.
Nach der Operation Ende März durfte ich während sechs Wochen mein linkes Knie überhaupt nicht belasten. Anschliessend begann ich mit der Physiotherapie. Dort wurde mir einiges gezeigt und ich durfte langsam wieder mit dem Velofahren beginnen. Bei der Physio habe ich zudem viel gelernt. Vor gut einem Monat stieg ich wieder ins normale Kraft- und Konditionstraining ein. In der Zeit, wo ich nicht trainieren konnte, habe ich einiges an Muskelmasse verloren. Darum ist jetzt ein richtiger Aufbau sehr wichtig, damit ums Knie wieder genügend Muskeln gebildet werden. Wenn die Basis wieder vorhanden ist, beginne ich mit dem Schwingtraining. Dies wird im Dezember der Fall sein.

Dario: Nach der Operation verspürte ich keine grossen Schmerzen. Die Krücken als Gehhilfe benötigte ich nur während drei Wochen und die Muskelmasse verkleinerte sich darum auch nicht gross. Ich machte dann bis Ende August eine Trainingspause, machte aber bis viermal pro Woche Physiotherapie. Jetzt trainiere ich wieder leicht. Ich fahre vor allem Velo und mache Krafttraining. Ich kann aber noch nicht alle Übungen mitmachen, da ich das Knie noch spüre. Das ist aber sicher ein gutes Zeichen. Mit dem Schwingtraining kann ich voraussichtlich im kommenden Februar oder März beginnen. Es wurde mir gesagt, dass man sechs Monate nach der Operation allenfalls mit Schulschwingen ein bisschen starten kann. In der Regel sollte man aber acht bis neun Monate mit dem Schwingtraining warten. Der Heilungsprozess verlief bis anhin sehr gut.


Dario Gwerder gewann 2017 immerhin zwei Kränze, bevor er verletzungsbedingt ausfiel
Foto: feldwaldwiesenblogger

Wie habt ihr das mental verarbeitet, dass ihr in letzter Zeit bei Schwingfesten nur zuschauen durftet? Was gab euch besonders Mut und Zuversicht?
Ralf: Am meisten hat es mich anfangs Saison beschäftigt, auch dass ich nicht ans Schwyzer Kantonale konnte. Ich wäre parat gewesen. Mit der Zeit habe ich es aber akzeptiert und konnte damit gut umgehen.
Ich habe in diesem Jahr sehr viel dazu gelernt, und hatte gute Leute zur Seite. Ich lernte einiges über den Körper und wie man richtig aufbaut. Ich mache das Krafttraining nun anders als vorher. Diese Erkenntnisse haben mir Mut gegeben, damit es gut weitergeht. Daran konnte ich mich festhalten.

Dario: Im Gegensatz zu Ralf durfte ich 2017 immerhin ein paar Schwingfeste bestreiten und konnte zwei Kränze gewinnen. Für mich war es so gesehen sicher weniger schlimm. Trotzdem hat mir die Verletzung zu denken gegeben. Und das Innerschweizerische musste ich vom Spitalbett aus im TV verfolgen, das war schon hart. Als dann die Physiotherapie losging, begann ich je länger je weniger an die Verletzung, dafür umso mehr an die nächste Saison zu denken. Auch ich konnte von der Physio profitieren und habe seither viel gelernt. So zum Beispiel wie man richtig aufbaut. Überdies habe ich meinen Körper vorher gar nicht gross gekannt. Ich lernte zudem, welche Positionen man beim Training einnimmt.

Für was fandet ihr während eurer Zwangspause Zeit, was sonst während einer normalen Schwingsaison zu kurz gekommen wäre?
Ralf: Ich hatte mehr Zeit für meine Freundin und meine Kollegen. Es ging auch dann und wann mal in den Ausgang, was man vor einem Schwingfest nicht machen würde. Weiter fuhr ich viel Velo. Und in den Vordergrund trat auch meine Arbeit. Ich habe in dieser Zeit mit der Vorarbeiterschule begonnen. Dies erfordert, dass ich in meiner Freizeit lernen muss. Schwingfeste schauen wurde in dieser Zeit auch zu einem Hobby.

Dario: Auch ich hatte mehr Zeit für meine Freundin. Und es blieb auch Zeit für die Planung unseres neuen Stalles zuhause. Dies brachte mich auf andere Gedanken. Weiter lernte man die Schwingfeste von einer anderen Seite kennen.

Wie lange habt ihr wegen den Verletzungen eigentlich an euren Arbeitsplätzen gefehlt? Was macht ihr derzeit beruflich?
Ralf: Ich fehlte zwei Monate an meinem Arbeitsplatz. Ich arbeite als Zimmermann und absolviere wie erwähnt seit dem Juni eine Weiterbildung als Vorarbeiter.

Dario: Ich schloss im vergangenen Juni meine Lehre als Netzelektriker ab. Seit der Operation am 30. Juni fiel ich unfallbedingt aus. Ab dem 16. Oktober darf ich wieder zu 50 Prozent arbeiten. Ich arbeite dann zuhause auf dem elterlichen Bauernbetrieb und helfe beim Bau des neuen Stalles.


Ralf schwang in Estavayer gar mit dem späteren Schwingerkönig Matthias Glarner
Foto: Rolf Eicher

Ich nehme an, ihr habt eure Kameraden vom Schwingklub Muotathal während der 2017er-Saison trotzdem bei Schwingfesten unterstützt. Wie sieht die Saisonbilanz eures Klubs aus?
Ralf: Dario gewann in der ersten Saisonhälfte zwei Kränze. Es traten dann andere Schwinger in den Vordergrund. Einer ist Carlo Gwerder, welcher sich Kränze beim Schwyzer und Urner Kantonalen sowie auf der Rigi erkämpfte. Dies ermöglichte ihm die erstmalige Teilnahme beim Unspunnen-Schwinget. Wir hatten leider einige Verletzte zu beklagen. Nebst mir und Dario erwischte es auch unseren Cousin Andre Bürgler.

Dario: Zeitweise fiel auch Guido Gwerder verletzungsbedingt aus. Die Situation mit den verletzten Schwingern schlug ein wenig auf die Moral unserer Kollegen.

Ralf: Deswegen war auch keine Konstanz vorhanden, auch bei den Trainings nicht. Denn wenn zwei oder drei fehlen die ziehen, fehlt es den anderen auch ein wenig an der Motivation. So ist man halt nicht bei den Leuten und kann höchstens mal einen Exploit landen. Trotzdem: Zwei oder drei unserer Kollegen haben sich diese Saison gemacht und machten einen Schritt nach vorne. Ich bin gespannt wie es ist, wenn wieder alle im Training sind.

Dario: Nebst Carlos Erfolgen konnten wir den Brünigkranz von Guido und den Innerschweizer Kranz von Stefan Heinzer feiern. Trotz allem waren das doch schöne Erfolge!

Ralf: Diese Highlights haben auch mich überrascht. Erwähnen darf man auch Stefan’s Auftritt beim Schwyzer Kantonalen, welcher zur Mittagspause mit drei gewonnen Gängen an der Spitze lag. Leider fiel er noch unglücklich aus dem Kranz. Über alles betrachtet dürfen wir aber sicher zufrieden sein.

Wie sieht euer Training momentan aus?
Ralf: Ich bin wie erwähnt wieder voll im Training. Das sind wöchentlich zweimal Krafttraining in unserem Schwingkeller und zwei Ausdauereinheiten auf dem Velo. Jetzt ist Grundlagentraining angesagt. Das, was mal war, kommt nun relativ schnell wieder. Anfangs Dezember beginnt beim Schwingklub Muotathal wieder das Schwingtraining, bei welchem ich auch wieder einsteigen werde.

Dario: Wie bereits erklärt, trainiere ich noch nicht mit voller Intensität. Wöchentlich trainiere ich wie Ralf auch viermal. Ich mache jene Übungen, welche gehen und bei einigen muss ich mich noch zurückhalten und auf mein Knie achten. Die Ausdauereinheiten absolviere ich zuhause auf einem Hometrainer. Dies als Vorsichtsmassnahme, um allenfalls Stürze beim Velofahren zu vermeiden. Ins Schwingtraining steige ich voraussichtlich im kommenden Februar oder März.


Dario durfte 2016 als Neukranzer gleich einen Lebendpreis in Empfang nehmen
Foto: Dario Gwerder

Wie sieht der Trainingsplan im Winter aus?
Ralf: Auf dem Programm stehen zwei Schwingtrainings, sowie Kraft- und Ausdauereinheiten. Wir trainieren nach einem Plan und die Grundlagen werden jetzt erarbeitet. Jetzt gilt es, diesbezüglich Vollgas zu geben. Während dem Winter trainiere ich etwa fünf- bis sechsmal pro Woche. Dabei kann man natürlich nicht bei jedem Training 100 Prozent geben. Dazu gehört beispielsweise auch eine lockere Ausfahrt mit dem Velo. Da ich zu 100 Prozent arbeite, muss ich alles irgendwie unter einen Hut bringen.
Im Dezember beginnen wir erst mit dem Schulschwingen. Wir halten es so, dass wir beim Mittwoch-Training das Schulschwingen praktizieren und am Freitag bereits ein wenig wettkampfmässig schwingen.

Dario: Beim Schulschwingen zeigen wir uns gegenseitig Schwünge. Das heisst, jeder Schwinger führt in jedem Training einen Schwung vor.

Ralf: Wenn einer einen Schwung gut beherrscht, zeigt er ihn den anderen. Seit diesem Jahr besitzt unser Klub eine Kamera, welche uns beim Training filmt. So können wir uns überprüfen und hinterher besprechen, was gut ist oder was es zu verbessern gibt. Es gilt auch, die Schwünge, welche man schon hunderte Male gemacht hat, weiterhin zu üben. Damit diese bei einem Schwingfest ohne Probleme abrufbar sind. Für einen neuen Schwung braucht es etwa zwei bis drei Jahre, bis man ihn richtig beherrscht. Ich bin froh, wenn ich drei oder vier Schwünge gut beherrsche und diese auch bei Wettkämpfen anzuwenden weiss.

Dario: Während den kommenden ein bis zwei Monaten muss ich trainingsmässig noch etwas vor- und nachgeben. Danach möchte ich genauso intensiv Kraft und Ausdauer trainieren, wie es Ralf jetzt schon handhabt. Ich denke, dass ich etwa fünfmal pro Woche trainieren werde. Und ab Februar oder März möchte ich auch wieder ins Schwingtraining steigen. Das wird dann sicher happig für mich werden.

Auf was legt ihr beim Wintertraining besonderen Wert?
Dario: Dass die einzelnen Übungen fürs Krafttraining korrekt ausgeführt werden. Ich habe dabei sehr viel aus der Physiotherapie mitgenommen.

Ralf: Die grundlegendste Änderung wird bei mir, wie auch bei Dario, das Training im physischen Bereich sein. Das ist doch ziemlich anders als bisher. Das Schwingtraining wird in etwa gleichbleiben und unser TK-Chef hat seine Linie. Denn die letzten Jahre bin ich dabei immer einen Schritt nach vorne gekommen. Ich denke, ich werde physisch noch bereiter sein als in anderen Jahren. Das Ziel ist auch, gut darauf zu achten, was man macht.

Dario: Da wir nun gezielter vorgehen, machen wir dabei sicher weniger unkontrollierte Dinge.

Ralf: Das mentale Training ist sicher ein Thema bei mir. Ich habe letztes Jahr wieder einen Anlauf gekommen. Dann kam leider die Operation und der Unterbruch dazwischen. Momentan mache ich diesbezüglich eigentlich nichts. Das wird sich wohl vor der Wettkampfzeit wieder ändern.

Dario: Ich denke, wenn ich das Schwingtraining aufnehme, schaue ich darauf, wie es mir geht. Denn zu diesem Zeitpunkt geht es bald schon Richtung Saisonstart. Ich möchte dann die Verletzung gewissermassen aus meinem Kopf gelöscht haben. Es wird sich zeigen, wie gut ich das ausblenden kann.

Ralf: Wegen der Verletzung mache ich mir eigentlich keine Sorgen. Denn wenn man einen guten Aufbau macht, denkt man eigentlich gar nicht mehr daran. Wenn es nach ein paar Schwingtrainings wieder zu laufen beginnt, kommt sicher auch das Selbstvertrauen zurück.

Habt ihr euch eigentlich schon Ziele für die 2018er-Saison gesteckt? Wie würden die aussehen?
Ralf: Sportliche Ziele habe ich mir noch nicht gesteckt. Ich möchte im Training Schritt um Schritt vorwärtskommen. Meine grössten Ziele sind dabei, noch weiter nach vorne zu rücken, auch im physischen Bereich. Dass ich die Schwünge, welche ich im letzten Winter anzutrainieren begann, im kommenden Frühling beherrsche. Und dass ich diese Schwünge auch in einem Wettkampf anwende, nicht bloss im Training.

Dario: Mein grösstes Ziel ist, dass ich nächstes Jahr mein Comeback geben und dabei beschwerdefrei schwingen kann. Ich weiss sowieso noch nicht, ob ich bereits anfangs Saison Schwingfeste bestreiten kann. Vermutlich kann ich bei den Frühjahrsschwinget noch nicht antreten.

feldwaldwiesenblogger

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