Andreas Döbeli zeigte am Nordwestschweizer Schwingfest eine abgeklärte und taktisch reife Leistung

Text: feldwaldwiesenblogger

Andreas Döbeli gewann vor Wochenfrist überzeugend das Nordwestschweizer Schwingfest in Zunzgen BL. Am eigenen Teilverbandsfest bot er dem Schwingerkönig Kilian Wenger Paroli und bezwang im Schlussgang den formstarken Verbandskollegen Patrick Räbmatter. In der SCHLUSSGANG-Wertung, der offiziellen Jahrespunkteliste des Eidgenössischen Schwingerverbandes, belegt Andreas derzeit den hervorragenden 10. Platz und ist dabei gleich hinter Kilian Wenger und vor Kilian von Weissenfluh rangiert. Und: Der Aargauer Eidgenosse ist gemäss dieser Wertung der beste Nordwestschweizer Schwinger in dieser Saison.

Sehr gute Bilanz

Die Kranzfestsaison ist für Andreas nun abgeschlossen. Es resultieren sechs Kränze (ein Teilverbands-, zwei Berg- und drei Kantonalkränze), der erwähnte Kranzfestsieg, eine weitere Schlussgang-Teilnahme auf dem Weissenstein und fünf Topklassierungen. Einzig beim Innerschweizer Schwing- und Älplerfest und beim Rigi-Schwinget kehrte der mittlerweile 22-fache Kranzschwinger ohne Kopfschmuck heim.

Gespräch mit spannenden Stichworten

Der Schwinger-Blog führte mit dem glücklichen Nordwestschweizer Sieger ein Gespräch und sprach ihn beispielsweise auf die abgeklärte und taktisch reife Leistung in Zunzgen an. Weiter kamen verschiedene spannende Stichworte wie «Räbi», der Kilchberger Schwinget, Athletiktrainer Tommy Herzog, das ESAF 2022 in Pratteln und der Beruf von Andreas zur Sprache.

Andreas Döbeli sagt: «Mit dem Kranzfestsieg zum Abschluss, der Schlussgang-Teilnahme auf dem Weissenstein und mit dem errungenen Brünigkranz bin ich mit der Saison sehr zufrieden.»

Bild: Andreas Döbeli

Herzliche Gratulation zum Sieg in Zunzgen! Wie war die Gefühlslage nach dem Sieg?

«Herzlichen Dank. Für mich war es unbeschreiblich schön, das erste Mal so an einem grossen Kranzfest gewinnen zu können. Es war einfach super!»

Du hast am Nordwestschweizer Schwingfest eine abgeklärte und taktisch reife Leistung gezeigt. Auf was führst du das zurück?

«Das hat mit der Erfahrung zu tun, welche nun langsam kommt. Weiter auch mit besserer Kenntnis der Gegner. Zudem habe ich aus meinen Fehlern gelernt und konnte dadurch locker in den Wettkampf gehen.»

Stichwort «Räbi»: Wie bezwingt man eigentlich einen gut 150 Kilogramm schweren Schwinger wie Patrick Räbmatter? Denn: Dem Schreibenden fiel auf, dass du es mit Kurz gar nicht erst probiert hast, stattdessen dreimal mit innerem Haken, beim dritten Mal warst du erfolgreich. Stammt dieses Erfolgsrezept vom gemeinsamen Training?

«Nein, eigentlich nicht. Ich habe «Räbi» noch nie in einem Training mit diesem Schwung bezwungen. Mit einem Kurz hätte ich mich zu unsicher gefühlt, ich stellte dies bereits beim Greifen fest. Beim ersten Versuch mit innerem Haken fiel «Räbi» auf die Seite, und ich konstatierte, dass es so gehen könnte. Mir war bewusst, dass es etwas Geduld brauchen würde. Schliesslich ging es dann auf.»

Du hast eine starke Kranzfest-Saison mit sechs Kränzen hinter dir. Ausser beim ISAF und Rigi-Schwinget holtest du bei jedem von dir bestrittenen Kranzfest den begehrten Kopfschmuck. Wie beurteilst du rückblickend deine Saison?

«Mit dem Kranzfestsieg zum Abschluss, der Schlussgang-Teilnahme auf dem Weissenstein und mit dem errungenen Brünigkranz bin ich mit der Saison sehr zufrieden. Mein Ziel war es, in dieser Saison meinen ersten Bergkranz zu gewinnen. Das habe ich nun erreicht. Beim ISAF und beim Rigi-Schwinget hatte ich eine kleine Baisse und das Wettkampfglück war nicht auf meiner Seite. Auf dem Weissenstein lief es dann wieder rund. Es ist schön, dass ich wieder einen Schritt nach vorne tätigen konnte. Ich versuche mich, mit kleinen Schritten an die Spitze zu bewegen. Ich hatte auch das Glück, dass ich nie verletzt war und immer trainieren konnte.»

Stichwort Kilchberger Schwinget: Man darf dich durchaus als Geheimfavoriten handeln. Wie sehen deine Ambitionen für den Saisonhöhepunkt aus?

«Ich glaube nicht, dass ich dort zu den Geheimfavoriten gehöre. Der Festverlauf ist zudem schwierig abzuschätzen. Ich werde von Beginn weg, ohne gross abzuwarten, Gas geben und dabei versuchen, meine Gänge zu gewinnen. Wenn es gut läuft, kann es durchaus weit nach vorne gehen. Es zählt nur der Sieg, Kränze kann man keine gewinnen. Ich bereite mich auf diesen Anlass wie auf jedes andere Kranzfest vor.»

Andreas Döbeli hatte seinen Kontrahenten Patrick Räbmatter im Schlussgang vom Nordwestschweizer Schwingfest in festen Griffen

Bild: Andreas Döbeli

Hast du deinen Trainingsumfang nach dem ESAF 2019 in Zug gleich behalten, verändert oder gar vergrössert?

«Mit meinem Arbeitspensum und der Weiterbildung, welche ich zurzeit absolviere, bringe ich nicht mehr Zeit auf fürs Training. Ich habe aber Dinge in meinen Alltag eingebaut, die auf die Erholung abzielen. Dazu gehören einmal pro Woche ein Besuch in einer Eiskammer (drei Minuten bei -110 Grad Celsius), des weiteren Physiotherapie und Massage. Das sind vielleicht die Gründe, dass ich ohne grosse Blessuren und Schmerzen an die Schwingfeste fahren konnte. Ich habe zudem dann und wann ein Training ausgelassen, wenn ich mich nicht gut gefühlt habe. Ich verdanke überdies viel meinem Athletiktrainier Tommy Herzog, er hat ein gutes Feingefühl für die Trainingsgestaltung.»

Stichwort Tommy Herzog: Was macht der Athletik-Trainer mit euch Schwingern, dass seine Schützlinge so befreit und stark schwingen?

«Er pflegt einen guten Umgang mit uns Schwingern und besitzt ein gutes Gespür dafür, in welcher Situation die richtige Belastung stimmt. Dank der Zusammenarbeit mit Tommy braucht es keinen Mentaltrainier. Er findet die richtigen Worte und spricht die entscheidenden Punkte an. Tommy hat mittlerweile viel Erfahrung mit uns Schwingern. Zudem findet bei ihm im Training ein reger Austausch mit anderen Schwingern statt. Am Freitag trainieren wir jeweils gemeinsam mit Christian Stucki. Das ergibt einen guten Spirit und eine grossartige Trainingsatmosphäre.»

Stichwort ESAF in Pratteln: Der Schwingerkönig-Titel ist für dich nicht ganz unerreichbar. Was meinst du, in welchen Bereichen müsstest du noch zulegen?

«Um das anzustreben, müsste ich im Kraft- und Athletikbereich noch besser werden. Ich bin kraftmässig sicher gut, aber nicht top. Ich spüre das beim Vergleich mit anderen Athleten. Schwingtechnisch gesehen müsste ich noch vielseitiger werden. Es besteht zudem die Frage: Würde das Potential bei meinen Voraussetzungen reichen?»

Stichwort Beruf: Was arbeitest du, und wie sieht dein Pensum aus?

«Ich arbeite zu 70 Prozent im Betrieb meines Vaters, dieser ist auf die Legehennen-Brüterei spezialisiert. Ich bin zuständig für die Planung und das Qualitätsmanagement. Zudem bin ich in einem 30 Prozent Pensum in unserem familieneigenen Landwirtschaftsbetrieb beschäftigt, welchen ich dereinst übernehmen werde. Wie bereits erwähnt, absolviere ich eine Weiterbildung. In einer höheren Fachschule lasse ich mich zum Agrokaufmann ausbilden. Dafür drücke ich jeweils am Samstag die Schulbank. Mein wöchentliches Arbeitspensum beträgt also 100 Prozent. Der Vorteil dabei ist, dass es sich um ein flexibles Pensum handelt.»

Bleiben neben der Arbeit und der Weiterbildung sowie dem Schwingsport noch Zeit für Hobbys?

«Grundsätzlich schon, man muss sich dafür nur die nötige Zeit nehmen. Im Winter fahre ich gerne Ski. Die Arbeit auf unserem Bauernhof erachte ich als Hobby und Ausgleich. Weiter verbringe ich möglichst viel Zeit mit meiner Freundin, was nun einfacher ist, seit wir zusammenwohnen. Es ist alles eine Sache der Organisation. Und: Schwingen ist meine Leidenschaft und in dem Sinne mein grösstes Hobby. Ich verdiene mein Geld nicht mit diesem Sport.»

feldwaldwiesenblogger

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