Schwyzer Schwinger im Jubiläumsjahr – Präsident René Schelbert sagt im Interview: «Um ein 100-jähriges Bestehen feiern zu können, braucht es unzählige Stunden an freiwilliger Arbeit»

Der Schwyzer Kantonale Schwingerverband feiert dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Aus diesem Grund hat Hansruedi Ulrich eine vierteilige Serie am Laufen. Heute erfolgt bereits der vierte und letzte Teil. In diesem unterhält sich der Schwyzer Medienchef mit René Schelbert, dem Präsidenten der Schwyzer Schwinger.

Text und Foto: Hansruedi Ulrich (Medienchef Schwyzer Kantonaler Schwingerverband / Bearbeitung: Schwinger-Blog

Wie für alle anderen Verbände gibt es auch für den Schwyzer Verband verschiedene Prioritäten. Die Förderung des Schwingsports, Schwinger- und Mitgliederzahlen, die Zusammenarbeit der sechs Klubs innerhalb des Kantons aber auch diejenige mit den anderen Kantonalverbänden innerhalb des Innerschweizer Schwingerverbandes (ISV) sind enorm wichtig. Jede gelungene Durchführung grosser Schwingfeste im Kanton Schwyz sind neben den sportlichen Erfolgen die beste Visitenkarte, die man nach aussen hin präsentieren kann. Denn grosse Schwingfeste im Kanton sind nicht nur willkommene gesellschaftliche Anlässe bei der Bevölkerung, sie dienen auch der Werbung für den Schwingsport. Neben den alljährlichen Kantonalfesten fanden in der Vergangenheit 30 Innerschweizer Schwingfeste im Kanton Schwyz statt. Neun davon vor der Gründung des SKSV, 1905 sogar einmal auf Rigi Kulm. Das erste ISAF nach der Gründung des Schwyzer Verbands fand in Arth 1925, das letzte 2021 in Ibach statt. Zweimal wurde ein eidgenössischer Anlass auf Schwyzer Boden durchgeführt, der Bundesfeier Schwinget 1941 und das ESAF 1974, jeweils im Hauptort Schwyz. Und wer weiss, vielleicht folgt mit dem ESAF 2034 sogar der dritte. Im letzten Teil der Schwyzer Jubiläumsserie sprechen wir mit dem Muotathaler René Schelbert über seine Arbeit als Kantonalpräsident.

René Schelbert ist seit 2021 Präsident der Schwyzer Schwinger

In deiner Aktivzeit hast du es bis zum Kranzschwinger gebracht. Hast du noch spezielle Erinnerungen daran?

«Der erste und einzige Kranzgewinn am Schwyzer Kantonalen 2005 in Arth bleibt mir bestens in Erinnerung. Nach den beiden Startsiegen folgten zwei schnelle Niederlagen gegen den Eidgenossen Edi Kündig und den Kranzschwinger Urs Ming. Damit hatte ich den Kranzgewinn bereits abgeschrieben. Nach dem Sieg im fünften Gang folgte im sechsten der entscheidende Gang gegen Beat von Rickenbach. Beat war ebenfalls Nichtkranzer und die Chancen waren 50:50. Nach mehr als der Hälfte der Gangdauer konnte ich einen Kurzangriff mit Gammen/Kreuzgriff kontern und zum Plattwurf werfen. Am Abend durfte ich mit meinen Trainingskameraden Leo und Erwin Betschart, Christian Föhn und Guido Gwerder den Kranz in Empfang nehmen und ihn anschliessend im Restaurant Alpenrösli in Muotathal gebührend feiern. Am Samstag nach dem Schwyzer Kan-tonalen verlor ich am Morgarten-Schwinget im ersten Zug gegen den gleichen Gegner. Im Herbst folgte dann noch die Kranzfeier bei mir zu Hause mit Trychlereinzug, welche ebenfalls unvergessen bleibt. Als Aktivschwinger durfte ich die erfolgreiche Karriere von Heinz Suter nahe miterleben. Die harten Trainings als 16-jähriger sind mir ebenfalls noch bestens in Erinnerung.»

Du giltst als ruhiger und besonnener Mensch, bedacht mit viel Organisationstalent. Deine Fähigkeiten blieben nicht nur im Muotathal bekannt, sondern mittlerweile weitherum. Was sind deine Stärken?

«Ich bin sehr stark mit dem Schwingen aufgewachsen, da mein Vater ebenfalls Klub- und anschliessend Kantonalpräsident war. Ich war schon früh immer als Helfer bei den Schwingfesten im Thal dabei und befasste mich schon immer mit dem Schwingen. Mit 21 Jahren kam ich in den Vorstand vom Schwingklub Muotathal und hatte somit Einblick in die Organisation von Jung- und Rangschwingfesten. Am Innerschweizer Schwingfest 2006 in Muotathal war ich als Protokollführer im OK. An den Kantonalen 2009 war ich als Medienchef sowie 2014 und 2022 als OK-Vizepräsident tätig. Ich habe somit alle Stufen in verschiedenen Funktionen durchlaufen und hatte somit überall Einblick. Damit weiss ich eigentlich, wie der Karren läuft. Weiter besuche ich jährlich sehr viele Schwingfeste, und auch da kann man manchmal organisatorisch etwas dazulernen. In meiner zehnjährigen Tätigkeit als Klubpräsident vom Schwingklub Muotathal war ich diverse Male OK-Präsident am Muotathaler-Schwinget und am Muotathaler-Nachwuchsschwinget. Mit der Organisation dieser Feste habe ich mich immer sehr fest befasst, denn ich wollte es allen recht machen und eine gute Visitenkarte vom Schwingklub Muotathal abgeben. Weiter kann man wohl sagen, dass mir die Perfektion in die Wiege gelegt wurde.»

Vor zwei Jahren hast du Ivan Besmer als Präsident der Schwyzer Schwinger abgelöst. Wohl kaum ein neuer Präsident hatte einen derart schweren Einstieg wie du, den in dieser Zeit gab Corona mit seinen Auswirkungen den Ton an. Was hat dich in dieser struben Zeit am meisten beschäftigt?

«Die grosse Angst war sicher der Bestand der Aktiv- und Jungschwinger. Wie entwickeln sich die Zahlen, wenn nicht trainiert werden kann und keine Schwingfeste stattfinden? Die Leute werden bequem und sehen, dass sie ohne Schwingen auch leben können. Glücklicherweise haben sich die Zahlen der schwingenden Athleten im Kanton Schwyz gegenüber 2021 wieder erholt. Weiter hat mich die Organisation der Schwingfeste sehr beschäftigt. Wie und wann können wieder Schwingfeste durchgeführt werden. Man musste sich stets Gedanken machen und bereit sein, falls Lockerungen durch den Bundesrat bekannt gegeben wurden. Auch musste man in den Vorständen und OK’s jeweils dem Umstand Achtung schenken, dass es nicht zu einer Zweiklassengesellschaft kommt. Die Zusammenarbeit von Impfgegnern und Impfbefürworten musste auch stets ohne Krach untereinander funktionieren. Diese Pandemie war zeitintensiv und hat wohl alle sehr gefordert.»

Konntest du aus dieser leidigen Situation auch nützliche Lehren ziehen?

«Eigentlich nein. Was man aber sagen kann, dass sich die Zusammenarbeit unter den Klubs im Kanton Schwyz und der Kantonalverbände in der Innerschweiz dadurch sicher verbessert hat. Plötzlich wurde allen bewusst, dass alle am gleichen Strick ziehen müssen, damit Schwingfeste wie beispielsweise das Schwyzer Kantonale in Ibach 2021 (ohne Zuschauer) durchgeführt werden können.»

Dein Vater Paul Schelbert war ebenfalls Präsident des Schwyzer Verbands (1995-1997) Gibt er dir manchmal Tipps zur Verbandsführung?

«Nein das macht er nicht. Dies war eigentlich schon so, als ich noch Klubpräsident war. Schwingen ist bei uns seit Jahren tagtäglich ein Thema. Wir diskutieren sachlich und sagen unsere Meinung, mehr nicht. Weiter kannte wohl jede Generation seine eigenen Probleme.»

Als Schwyzer Präsident vertrittst du unseren Kanton im Innerschweizer Vorstand. Wie funktioniert die kantonsübergreifende Zusammenarbeit innerhalb vom ISV? 

«Die kantonsübergreifende Zusammenarbeit innerhalb vom ISV funktioniert sehr gut.»

2023 feiert der Schwyzer Schwingerverband sein 100-jähriges Bestehen. Was löst dies bei dir für Gedanken aus?

«Um ein 100-jähriges Bestehen feiern zu können, braucht es unzählige Stunden an freiwilliger Arbeit. Weiter dürfen wir auf eine Epoche von 25 erfolgreichen Jahren zurückblicken. Ich bin stolz darauf als 16. Präsident diesen Verband zu führen.»

Die grosse Popularität des Schwingens und der stetig steigende Kommerz führt zu vielen Veränderungen. Wie nimmst du diese wahr?

«Mir wäre es am liebsten, dass durch die Popularität des Schwingens die Zahlen der Jung- und Aktivschwinger massiv steigen würden. Dies ist leider nicht der Fall. Viele kommen ans Schwingfest, um abends zu festen, wie beispielsweise an den vergangenen ESAF’s. Aber ganz auf den Kommerz verzichten wird schwierig. Auch auf die Sponsoren ist man heute angewiesen, damit die Eintrittspreise nicht massiv in die Höhe schnellen.»

Das 100 Jahre-Jubiläum wird 2023 gefeiert. Was hat die Jubiläumskommission unter der Leitung des Eidgenossen Torsten Betschart für Anlässe geplant?

«Am 30. April findet das Schwyzer Kantonale Schwing- und Älperfest in Küssnacht statt, organisiert durch den Schwingklub Küssnacht.

Am 18. November findet dann in Rothenthurm die Jubiläumsfeier mit rund 250 geladenen Gästen statt, welche durch die Jubiläumskommission organisiert wird. Weiter sind keine Anlässe geplant. Das Jubiläum soll würdig, schlicht und einfach über die Bühne gehen.»

Der langjährige Schwinger Berichterstatter Werner Schönbächler schreibt zum Jubiläum eine Festschrift. Wann kann das neue Werk bewundert werden?

«Das Werk wird an der Jubiläumsfeier vom 18. November vorgestellt.»

Steht der Schwyzer Verband im Jubiläumsjahr in Sachen Mitglieder gesund da? 

«In der Gesamtzahl der Mitglieder steht der Schwyzer Verband gut da. Wie schon erwähnt dürften die Zahlen der Aktiv- und Jungschwinger um mindestens 40 bis 50 höher sein.»

Mit den sechs Schwingklubs Mythenverband, Muotathal, Rigiverband, Küssnacht, Einsiedeln und March-Höfe ist der Schwyzer Verband gut strukturiert. Wie funktioniert die Zusammenarbeit innerhalb des Kantons?

«Auch hier funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut. Im Kantonalvorstand herrscht gute Stimmung. Der Zusammenhalt unter den Schwingern hat sich in den letzten Jahren enorm verbessert. Heute ist jeder Schwinger aus einem anderen Klub im Training jedes Schwyzer Klubs willkommen. Man hat die Zeit der Not erkannt und bemerkt, dass eine Zusammenarbeit auch in den Trainings notwendig ist, um Erfolg zu haben.»

1974 fand in Schwyz zum ersten Mal ein Eidgenössisches Schwingfest auf Schwyzer Boden statt. 2034 wäre der Kanton Schwyz wieder an der Reihe. Wie realistisch siehst du die Chancen für ein ESAF 2034 auf Schwyzer Boden?

«Ich sehe die Chance auf ein ESAF 2034 sehr realistisch und hoffe, dass das Fest in der Ausserschwyz durchgeführt werden kann. Ansonsten müssten wir nochmals über die Bücher und nach einem Festplatz in der Innerschwyz auf die Suche gehen.»

Zum Abschluss: was wünschst du dem Schwyzer Schwingerverband für die nächsten 100 Jahre?

«Dass es weiterhin auf allen Stufen genügend freiwillige Funktionäre gibt, die Zahlen der Aktiv- und Jungschwinger steigen und der Verband sportlich wieder auf erfolgreichere Zeiten hinsteuert.»

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