Stefan Burkhalter bestreitet am Herbstschwingertag Siebnen sein allerletztes Schwingfest – Ein ausführliches Gespräch mit einem aussergewöhnlichen Schwinger

Der 49-jährige Thurgauer Ausnahmeathlet beendet nun am Sonntag, 24. September in Siebnen seine lange und erfolgreiche Karriere. Bei seinem letzten Schwingfest trifft er verdientermassen auf ein starkes Teilnehmerfeld mit zehn Eidgenossen. Es beeindruckt mich ungemein, wie ein Sportler mit Jahrgang 1974 bis heute aktiver Schwinger ist. Stefan verdankt diesen Umstand sicher seiner brillanten Athletik und einem Körper, welcher den enormen Belastungen des Schwingsportes viel länger standhielt als normalerweise der Fall ist. Vor einigen Jahren fragte ich den 113-fachen Kranzschwinger nach seiner Motivation im «hohen Alter» noch zu schwingen. Er antwortete: «Die Hauptmotivation ist die Freude am Schwingsport.» Im heutigen Gespräch blicke ich mit Stefan zurück, thematisiere das letzte Schwingfest und natürlich auch die Zukunft.

Text: Schwinger-Blog

Stefan Burkhalter blickt gespannt auf sein letztes Schwingfest voraus

Bild: Gian Ehrenzeller / KEYSTONE

2023 absolvierte der «Methusalem» des Schwingsportes sage und schreibe seine 33. Saison als Aktiver. Dass Stefan auch in diesem Jahr nicht nur einfach mitschwang, belegt die Tatsache, dass er einen Kantonalkranz und den NOS-Kranz herausschwang.

Wie fühlst du dich vor dem letzten Schwingfest deiner Karriere?

«Ich fühle mich ausserordentlich gut, bin fit und habe derzeit nur kleinere Beschwerden.»

Wie emotional war für dich deine letzte Saison, mit dem Wissen, an diesen Schwingfesten zum letzten Mal anzutreten?

«Emotional nicht unbedingt. Ich bin mit grosser Freude an diesen Anlässen angetreten. Die Zuschauer hatten ebenfalls grosse Freude, mich noch einmal in Aktion zu sehen. Ich wollte eigentlich schon Ende letzter Saison zurücktreten. Mein Sohn überzeugte mich aber, noch eine Saison anzuhängen. Als sich Thomas beim Glarner-Bünder Kantonalschwingfest verletzte, wollte ich erst gleich zurücktreten. Ich entschied mich aber dagegen, weil das nicht meiner Art entsprochen hätte.»

Warum hast du gerade den Herbstschwingertag Siebnen als Abschluss gewählt, auf Innerschweizer Terrain und nicht auf Nordostschweizer? Hat das etwa mit der Nichtnomination für den Unspunnen-Schwinget zu tun?

Stefan lacht. «Der Hauptgrund ist, dass ich in Siebnen immer gerne angetreten bin. Es ist eines der letzten Schwingfeste der Saison, und ich wurde dort als Gast immer sehr gut behandelt. Zudem gewann ich am Herbstschwingertag 2015, im Schlussgang bezwang ich damals Bruno Nötzli. Und: Kein Kommentar zur Anschlussfrage betreffs Nichtnomination für den Unspunnen-Schwinget.»

Ist in Siebnen nach deinem allerletzten Gang etwas Spezielles geplant? Gibt’s hinterher eine grosse Feier?

«Ich habe keine Kenntnis davon, dass nach meinem letzten Gang etwas geplant ist. Ich habe jedenfalls nichts organisiert. Nach dem Schwingfest werde ich am Sonntagabend sicher etwas länger sitzen bleiben und so mein letztes Schwingfest ausklingen lassen. Ein grösseres Abschlussfest mit Freunden, Kollegen und Sponsoren ist noch nicht geplant, werde ich aber noch machen.»

Der 113. Kranzgewinn beim NOS in Mollis, von links nach rechts: Die Thurgauer Mario Schneider, Domenic Schneider, Stefan Burkhalter, Elias Kundert und Janic Voggensperger

Bild: Stefan Hungerbühler

«Burki» gehört mit 113 herausgeschwungenen Kränzen dem «Hunderter-Klub an, und ist beispielsweise Thurgauer Rekordkranzer. Nebst 67 Kantonal-/Gaukränzen gewann Stefan 26 Teilverbands-, 18 Berg- und zwei Eidgenössische Kränze. Hinzu kommen vier Kranzfestsiege und 39 Siege an Regionalschwingfesten.

Was wird dir nach der langen und erfolgreichen Karriere besonders in Erinnerung bleiben?

«Sicher die siegreichen Schwingfeste und die vielen positiven Kontakte mit Schwingern und Schwinger-Freunden.»

Welches waren deine grössten Erfolge?

«Das sind die beiden Eidgenössischen Kränze (2001 und 2010) sowie die beiden Siege auf der Schwägalp (2006 und 2010).»

Was war die grösste Enttäuschung in deiner Karriere?

«Ich konnte keinen Sieg am Thurgauer Kantonalschwingfest erringen, belegte aber sieben Mal den zweiten Schlussrang. Und: Wenn ich Unfall hatte und deswegen Schwingfeste habe auslassen müssen. In meiner ganzen Karriere musste ich nie eine komplette Saison auslassen. Es gab aber schon Phasen, in welchen ich wegen Verletzungen länger pausieren musste.»

Wenn du auf deine Karriere zurückblickst: Auf was bist du besonders stolz?

«Ich nahm an zehn ESAF’s, drei Kilchberger- und vier Unspunnen-Schwinget teil. Weiter habe ich das Gefühl, dass ich gegenüber jedem Kontrahenten fair war, und alle gleich behandelt habe.»

Stefan und Thomas Burkhalter am ESAF 2022 in Pratteln: Erstmals in der Geschichte des ESV bestritten Vater und Sohn gemeinsam ein «Eidgenössisches»

Bild: Reto Stadelmann

Der 49-Jährige machte der Schwingerschweiz in vielerlei Hinsicht Freude. Nebst seinem authentischen Auftreten und seiner Geradlinigkeit war Stefan ein sogenannter «Vielschwinger» und bestritt jährlich über 20 Schwingfeste. Er war sich nicht zu schade und trat nebst den Kranzfesten auch an vielen Regionalschwingfesten an: Ein grosses Dankeschön an die Organisatoren und eine grosse Motivation für die Nachwuchsathleten.

Du bist voll bepackt mit Erfahrungen. Was gibst du den jungen Schwingern mit auf den Weg?

«Dass man auch als junger Schwinger in die Offensive gehen soll. Angriff ist die beste Verteidigung, und man hat damit deutlich die grösseren Chancen erfolgreich zu sein. Ich empfehle ihnen zudem, möglichst viele kleine Schwingfeste zu bestreiten. Dies ist nämlich das beste Training.»

Was sind die grössten Unterschiede zwischen deiner ersten und deiner letzten Saison als Aktivschwinger? Inwieweit hat sich der Schwingsport verändert?

«Das Schwingen wurde viel athletischer und sportlicher. Man schaut beispielsweise viel mehr auf die Ernährung, praktiziert CrossFit und kann dadurch viel schneller an Masse zulegen. Am Anfang meiner Karriere wurde diese Trainingsmethodik von Christian von Weissenfluh zum ersten Mal von einem Schwinger praktiziert und fand dann nach und nach seine Verbreitung im Schwingsport.»

Was denkst du: Ist der Schwingsport in seiner heutigen Form auf dem richtigen Weg?

«Ja, ich denke schon. So wie es jetzt ist, soll’s auch bleiben. Im Vergleich zu früher schaut man heute besser zu den Jungen. Die Unterbringung der Athleten an Schwingfesten ist deutlich besser, ebenfalls ganz allgemein der Support für uns Schwinger.» 

In welcher Form wirst du dem Schwingen erhalten bleiben?

«Das weiss ich noch nicht, vorläufig werde ich kein Amt übernehmen. Ich werde einfach als Betreuer von meinem Sohn fungieren.» 

Zum Schluss des Gespräches wünsche ich Stefan alles Gute für die Zukunft! Der Ausnahmeathlet verdient es, dass ihm bei seinem letzten Schwingfest in Siebnen nochmals viele Schwinger-Freunde die Ehre erweisen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.