Trainingsbesuch beim Schwingklub Lenzburg und Umgebung

Text und Fotos: feldwaldwiesenblogger

Am Dienstag, 11. April, stattete ich dem Schwingklub Lenzburg und Umgebung einen Trainingsbesuch ab. Das Training der Aktivschwinger findet jeweils am Dienstag von 20 bis 22 Uhr im Schwingkeller in Möriken AG statt. Geleitet wird das Training vom technischen Leiter und Aktiven Yves Steinmann. Bevor am 11. April trainiert wurde, machte ich mit Yves ein ausführliches Interview.


Yves Steinman: Aktivschwinger und TK-Chef Aktive vom Schwingklub Lenzburg und Umgebung

Wann wurde der Schwingklub Lenzburg und Umgebung gegründet?
Yves verwies mich auf die clubeigene Homepage. Unter „Geschichte“ kann man nachlesen, dass am 26. Januar 1921 die Gründungsversammlung abgehalten wurde.

Wann erlebte der Schwingklub seine besten Zeiten, und mit wem?
Weiter entdeckte ich auf der Online-Seite der Lenzburger, dass schon ein Jahr nach der Gründung einer ihrer Schwinger, Jakob Kull, in Münchenstein das Nordwestschweizerische Schwingfest gewann. 1929 gewannen die Brüder Jakob und Ernst Dössegger beim Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Basel den Kranz. 1931 tat es ihnen Bruder Hans Dössegger gleich, und holte in Zürich ebenfalls Eidgenössisches Eichenlaub. Soviel zur frühen Geschichte vom Schwingklub Lenzburg und Umgebung.

Yves: Vor etwa 30 Jahren zählte unser Schwingklub wirklich sehr viele Schwinger. Ich selber erlebte die Gebrüder Thürig, welche sehr erfolgreich sind und waren. Guido hat inzwischen seine Karriere beendet, Mario ist immer noch aktiv. Nun haben wir mit Nick Alpiger einen weiteren erfolgreichen Schwinger, welcher obenaus schwingt. Wir erleben momentan also auch gute Zeiten. Leider zählen wir derzeit nicht so viele Schwinger. Durchschnittlich sind jeweils um die sieben Aktive im Training.

Wie sieht das Einzugsgebiet vom Schwingklub Lenzburg und Umgebung aus?
Yves: Unser Einzugsgebiet besteht aus der Region Lenzburg/Seetal. Vom Wohnort her wäre ich eigentlich Freiämter. Da mein Vater und Onkel schon in Lenzburg schwangen, kam ich schon von klein auf immer hierher.

Wie sehen die Zahlen der Aktiven und der Jungschwinger derzeit aus?
Yves: Wir haben einen Bestand von etwa zehn Aktiven. Bei den Jungschwingern sind jeweils zwischen zwanzig und dreissig im Training. An den Schwingfesten nehmen so um 15 bis 20 Jungschwinger teil.

Wie sieht für 2016 die Saison-Bilanz der Aktiven und der Jungschwinger aus?
Yves: Wir blicken auf eine sehr erfolgreiche Saison zurück, auch dank unseren beiden Zugpferde Mario und Nick. Beide Schwinger kamen mit dem Eidgenössischen Kranz heim. Mario war lange verletzt und man wusste länger nicht, ob er überhaupt schwingen kann. Mit dem Erfolg beim Solothurner Kantonalen sah man einen Lichtblick. Leider verletzte er sich kurz vor dem Eidgenössischen wieder, konnte den Kranz in Estavayer dennoch realisieren.
Nick startete zum ersten Mal an einem Eidgenössischen, und gewann den Kranz auf Anhieb. Das ist natürlich sensationell.
Bei den Jungschwingern haben wir auch zwei, drei Zugpferde. Der eine Jungschwinger gewann 2016 zwölf Schwingfeste in der jüngsten Kategorie. Da sind wir sicher gut unterwegs, denn die Jungschwinger bringen regelmässig Zweige heim.

Wurden die anvisierten Ziele 2016 erreicht?
Yves: Der grösste Teil konnte realisiert werden. Da wir leider einige Verletzte zu beklagen hatten, konnten wir beim AMAG-Cup nicht das gewünschte Ziel erreichen. Das Ziel wäre der dritte Platz gewesen. Wir erreichten schlussendlich Platz vier.
Apropos AMAG-Cup: Das ist ein Aargauer Wettbewerb, bei welchem an jedem Schwingfest die besten vier Resultate zählen. Wir hatten wegen den angesprochenen Verletzungen teilweise Mühe, dass wir überhaupt vier Schwinger stellen konnten.

Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen den Aargauer Schwingklubs aus?
Yves: Die Kantonaltrainings, welche meistens sehr gut besucht sind, finden hier bei uns statt. Diese fördern auch den Zusammenhalt, und die Schwinger lernen sich besser kennen. Das ist positiv für die jungen Aktiven. Ich sage unseren Jungen jeweils, dass sie auch teilnehmen sollen. Man kann in diesen Trainings nur voneinander profitieren.

Wie äussert sich bei euch die Tatsache, dass die Nordwestschweizer im Teilverbands-Vergleich „nur“ die Nummer vier sind? Ist das Motivation oder manchmal auch Frust?
Yves: Ich finde dies eigentlich eine freche Aussage, uns als Nummer vier zu bezeichnen! Wenn man das Eidgenössische Schwingfest von letztem Jahr unter die Lupe nimmt, dürfen wir mit unseren fünf Kränzen sehr zufrieden sein. Wir können überdies prozentual auch weniger Schwinger schicken. Von der Grösse her können wir nie mit den Bernern oder den Innerschweizern mithalten. Aber ich glaube, dass das Niveau dank den Kantonal- und Nordwestschweizer Trainings relativ hoch ist.


Aufwärmtraining der Aktiven

Erlebt euer Schwingklub dank den beiden Eidgenössischen Kränzen nun einen Aufschwung?
Yves: Soviel ich weiss, hatten wir deswegen keinen grossen Zuwachs zu verzeichnen. Wir sind zufrieden mit den Zahlen, welche wir derzeit haben. Natürlich dürfen jederzeit Neue kommen. Zudem machen wir jedes Jahr beim Eidgenössischen Nachwuchs-Schnuppertag mit.

Wurde letzte Saison mehr als sonst ins Training investiert und so beim ESAF den Lohn in Form von Eichenlaub eingefahren?
Yves: Es wurde auf jeden Fall mehr ins Training investiert. Es ist von jedem Schwinger das Ziel, an einem Eidgenössischen starten zu dürfen. Und wenn man dort antreten kann, ist es sicher auch das Ziel, dass man möglichst sechs oder acht Gänge bestreiten darf. Oder gar Eichenlaub mit heimnehmen kann.

Wann erfolgte der Trainingsstart in die neue Saison?
Yves: Der Trainingsstart für die Saison 2017 erfolgte in der letzten Oktoberwoche 2016, mit dem grossen Ziel Unspunnen-Schwinget.

Sind alle Aktiven fit und gesund?
Yves: Nein, leider nicht. Von etwa zehn Aktiven sind sieben fit. Ein Schwinger hat gebrochene Rippen, ein anderer erlitt eine Handverletzung.
Nick Alpiger ist heute wieder zum ersten Mal hier im Training. Er hat soeben die Rekrutenschule (RS) für Sportler beendet. Nick absolvierte dabei eine normale RS, bei welcher er zwei- bis dreimal pro Woche ins Training durfte.

Auf was habt ihr im Wintertraining besonderen Wert gelegt?
Yves: Wir haben auf das Schulschwingen grossen Wert gelegt. Um neue Schwünge zu erlernen, und jene die man beherrscht, zu perfektionieren. Auf das Bodenschwingen richteten wir auch einen besonderen Fokus. Ich finde, dass ganz allgemein zu wenig Wert auf das Bodenschwingen gelegt wird.

Welche von euren jungen Schwingern dürften in Zukunft auf sich aufmerksam machen?
Yves: Ich glaube, dass jeder Schwinger von uns das Potenzial hat, erfolgreich zu sein. Es kommt immer darauf an, wie viel ein Schwinger bereit ist, zu investieren, um wirklich an die Spitze zu kommen. Aber ich würde es jedem zutrauen.


Jeweils drei Schwing-Paare massen sich gleichzeitig, derweil die anderen pausierten und Tipps zuriefen

Wie betreibt ihr die Förderung der Jungschwinger?
Yves: Einmal pro Woche wird hier ein Jungschwingertraining durchgeführt. Weiter bilden wir Fahrgemeinschaften, damit unsere Jungschwinger die Kantonal- und Teilverbands-Trainings besuchen können. Mittlerweile teilen sich drei Trainer die Trainings für unsere vielen Jungschwinger. Da ist sicher eine grosse Unterstützung vorhanden.

Wie oft trainieren die Aktiven und die Jungschwinger?
Yves: Pro Woche absolvieren unsere Aktiven hier ein Klubtraining und das Kantonaltraining. Das Kantonaltraining wird deshalb hier durchgeführt, da unser Schwingkeller relativ gross ist. Weiter geht der grösste Teil unserer Aktiven am Donnerstag noch bei einem anderen Schwingklub ins Training, um mit anderen Gegnern schwingen zu können.
Die Jungschwinger trainieren hier einmal die Woche, und individuell besuchen sie auch Trainings bei anderen Schwingklubs.

Du bist aktiver Schwinger. Seit wann bist du zusätzlich TK-Chef der Aktiven? Wie viele Kränze besitzt du?
Yves: Seit 2010 übe ich dieses Amt aus. Ich schwang mir bisher einen Kranz heraus.

Was für eine persönliche Bilanz ziehst du über deine Arbeit seit deinem Amtsantritt?
Yves: Eigentlich eine sehr erfreuliche. Als ich mein Amt antrat, waren wir relativ wenig Aktive. Damals waren wir öfters nur zu dritt oder zu viert im Training. Diese Zahl haben wir inzwischen verdoppelt. Die Trainings werden von allen Schwingern regelmässig besucht. Das ist sehr erfreulich!

Welche Schwingfeste organisiert euer Schwingklub 2017?
Yves: Wir haben unser Schwingfest, das Hallenschwingen Brunegg, bereits hinter uns. An jenem Samstag nahmen rund 65 Aktivschwinger daran teil und am Sonntag darauf wurde an gleicher Stätte der Aargauer Kantonale Jungschwingertag durchgeführt. Dabei zählten wir etwa 270 Jungschwinger. Es lief alles sehr gut ab.

Wie lauten die Ziele für 2017?
Yves: Ich vereinbare mit jedem Schwinger eigene Ziele, welche wir gemeinsam besprechen. Diese Ziele sind sehr individuell, und können von einem Topresultat beim Unspunnen-Schwinget bis hin zu regelmässiger Teilnahme beim Ausstich lauten. Sehr verschieden halt.

Wo treten die Lenzburger Schwinger zu den nächsten Schwingfesten an?
Yves: Der nächste Anlass unserer Athleten wird der Guggibad-Schwinget sein, welcher der Schwingklub Freiamt organisiert.


Die beiden Eidgenossen schauen nicht nur vom Plakat (rechts oben) zu, Nick Alpiger (linkes Schwing-Paar) und Mario Thürig (rechtes Schwing-Paar) packten auch kräftig zu

Nach dem Interview begann Yves das Training mit den Aktiven. Erst liefen die Schwinger draussen ein, ehe sie sich im Sägemehl mit gezielten Übungen aufwärmten. Danach wurde frei geschwungen, und zwar in zeitlich gestoppten Drei Minuten-Blöcken. Anwesend waren nebst Yves unter anderem auch die beiden Eidgenossen Nick Alpiger und Mario Thürig. Insgesamt waren neun Aktive im Training, welches nach dem Training der Jungschwinger begann.

Zwei Tage vor meinem Trainingsbesuch gewann Nick souverän in Klingnau AG den Schwinget im Zurzibiet. Dass der 20-Jährige parat ist, stellte ich auch beim Beobachten des Schwing-Trainings fest. Der Neueidgenosse gewann nicht nur etliche Zweikämpfe. Er motivierte auch seine Kameraden und gab ihnen wertvolle Tipps. Solche Schwinger sind für jeden Klub extrem wertvoll!

Zum Schluss spreche ich Yves und den Lenzburger Schwingern für ihre Gastfreundschaft meinen Dank aus! Für die bevorstehende Kranzfestsaison wünsche ich ihnen viel Erfolg und zahlreiche Kränze. Aber auch, dass sie verschont vor Verletzungen bleiben und ihre rekonvaleszenten Schwinger wieder in die Sägemehlringe zurückkehren können.

feldwaldwiesenblogger

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