Vor dem Zuger Kantonalen: Interview mit Marcel Bieri, dem zurzeit stärksten Zuger Schwinger

Text: feldwaldwiesenblogger

Der Zuger Turnerschwinger Marcel Bieri ist hervorragend in die neue Saison gestartet. Ein besonderes Glanzstück gelang ihm beim Sieg am Frühjahrsschwinget Pfäffikon, wo er im Schlussgang den grossen Favoriten Christian Schuler bezwingen konnte.
Marcel bestritt in dieser Saison bisher fünf Rangschwingfeste: Hallenschwinget Sarnen (Rang 3b), Rangschwinget Engelberg (Rang 4a), Frühjahrsschwinget Cham (Rang 2), Frühjahrsschwinget Pfäffikon (Rang 1) und Bad-Schwinget Wolhusen (Rang 2). Das sind allesamt starke Resultate!

Auf die einleitende Frage, ob Marcel nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Neueidgenosse Pirmin Reichmuth zurzeit die Nummer eins der Zuger sei, meint er: „Dass dies andere so sehen war mir bis zum Festsieg beim Frühjahrsschwinget Pfäffikon nicht bewusst. Schaut man auf die Resultate, könnte man das behaupten. Es gibt jedoch mehrere Zuger Schwinger, die zurzeit stark sind. In gemeinsamen Trainings zeigt sich, dass ich nicht die Nummer eins bin. Denn viele agieren auf gleichem Niveau. In Trainings schwinge ich nicht so stark wie an Wettkämpfen. Ich denke, dass ich zum Saisonstart bestimmt auch das Wettkampfglück auf meiner Seite hatte und hoffe, dass das so weitergeht.“

Marcel Bieri wurde am 2. Dezember 1994 geboren und wohnt in Edlibach, welches politisch zur Gemeinde Menzingen ZG gehört. Der 190 Zentimeter grosse und 110 Kilogramm schwere Athlet ist derzeit Student an der Pädagogischen Hochschule Zug (PHZG). In einem dreijährigen Bachelorstudium lässt er sich zum Primarlehrer ausbilden. Der ursprünglich erlernte Beruf des Edlibachers ist Zimmermann. Er kam über den zweiten Bildungsweg an die PHZG.

Der zehnfache Kranzgewinner gehört dem Schwingklub Ägerital an, welcher im Zuger Kantonalverband integriert ist. Nebst dem Sieg beim Frühjahrsschwinget Pfäffikon wurde der Teilverbandskranzer beim Bergschwinget Sörenberg 2016 Co-Sieger und belegte Rang 1b. Marcel’s älterer Bruder Christian schwingt auch, und wird ebenfalls als Teilverbandskranzer geführt.
Neben dem Schwingen gehören das Nationalturnen, der Turnverein und der Ausgang zu den Hobby’s des Studenten.

Nach dem überraschenden Sieg von Marcel beim Frühjahrsschwinget Pfäffikon und einem erneut starken Auftritt beim Bad-Schwinget Wolhusen war für mich klar: Vor dem Zuger Kantonalen führe ich mit dem jungen Turnerschwinger ein Interview. Im Verlauf der Woche stellte ich dem angehenden Primarlehrer zehn Fragen zu, welche er mir schriftlich beantwortete.


Marcel Bieri, nach dem Erreichen des 2. Platzes beim Badschwinget Wolhusen
Foto: feldwaldwiesenblogger

Du bist sehr gut in die neue Saison gestartet. Hast du eine Erklärung dafür?
Dafür habe ich eigentlich vier Erklärungen. Einerseits bestritt ich ein neues und intensiveres Herbst- und Wintertraining. Andererseits war bereits der letztjährige Saisonabschluss beim Herbstschwinget Unteriberg, bei welchem ich den Schlussgang erreichte, sehr gut. Weiter habe ich beim Eidgenössischen in Estavayer um den Kranz geschwungen. Erwähnen möchte ich aber auch das nötige Wettkampfglück, welches mir hold war.

Hast du in deiner Vorbereitung, deinem Training oder gar in deiner Schwingweise etwas verändert, dass du derart parat bist?
Ich praktizierte ein neues Krafttraining mit den Menzinger und Ägerer Schwingern. Dazu veränderte ich meinen Schwingstil, welchen ich über mehrere Jahre praktizierte. Vorher schwang ich sehr konterhaft und defensiv, heute agiere ich meist offensiv. Zudem nahm ich neue Schwünge wie der Kurz in mein Repertoire auf.

Wie hast du eigentlich das Kunststück geschafft, Christian Schuler beim Schlussgang des Frühjahrsschwingets Pfäffikon zu bezwingen?
Dies war so nicht geplant, und ich habe instinktiv gehandelt. Denn ich ziehe eigentlich nie die Kombination Kopfgriff/Kniestich. Da ich schon mehrmals gegen ihn verlor, wollte ich abwarten und auf einen Fehler seinerseits warten, um kontern zu können. Was sich letztendlich auszahlte.

Hast du bereits während dem Schwingfest gespürt, dass der Tagessieg durchaus drin liegen könnte?
Nein. Da ich bis anhin jeden Schlussgang verlor, kam der Tagessieg für mich erst nach dem Schlussgang in Frage.

Du bist bereits beim Frühjahrsschwinget Cham mit Christian Schuler im Schlussgang gestanden. Dort hast du noch gegen ihn verloren. Wie lief dieser Schlussgang ab?
Ich hatte ihn schon beim Anschwingen, wo ich denselben Fehler machte wie beim Herbstschwinget in Unteriberg und angegriffen habe. Im Schlussgang konnte er mich mit seiner Bodenarbeit besiegen: Mit aufreissen am Boden und Kniekehlengriff.

Auch beim Badschwinget in Wolhusen lief es sehr gut. Fünf gewonnene Gänge, darunter der Sieg gegen den Eidgenossen Sven Schurtenberger im sechsten Gang. Wie hast du diesen doch relativ schweren Schwinger bezwungen?
Bis zur letzten Minute habe ich eher verhalten geschwungen, da ich gegen ihn bisher immer verlor und einmal stellte. In der letzten Minute konnte ich ihn mit einem Schlungg auskontern.

Letzte Saison hast du dir vier Kränze erschwungen: Nebst zwei Kantonalen auch den Innerschweizer und den Stoos-Kranz. Geht es in dieser Saison im gleichen Stil weiter, liegt gar der erste Kranzfestsieg drin?
Es wäre schön. Aber damit rechne ich nicht und will mir deswegen auch keinen Druck aufbauen. Wichtiger ist mir, an jedem Kranzfest den Kranz zu erkämpfen. Was auch wegen der neuen Beschickungsregel schwieriger wird als die letzten Jahre.

An welchen Schwingfesten wird man dich demnächst antreffen? Welche Kranzfeste sind bereits terminiert?
Folgende Kranzfeste stehen fix in meiner Agenda: Das Zuger, das Schwyzer und das Urner Kantonale. Weiter das Innerschweizerische Schwing- und Älplerfest und die Bergkranzfeste Stoos, Brünig und Schwarzsee. Zudem sind zwei Gastschwingfeste bereits geplant: Der Homberg-Schwinget (Reinach AG) und der Fraumatt-Schwinget (Oberwil BL).

Du gehörst dem Schwingklub Ägerital an. Mit welchen Ambitionen steigt euer Schwingklub am Sonntag beim eigenen Zuger Kantonalen in die Kranzfestsaison?
Die neue Beschickungsregel wird es nicht einfacher machen für die Nichtkranzer und die Kranzer. Trotzdem hoffe ich auf Neukranzer aus dem Ägerital. Unsere Kranzschwinger haben allesamt Chancen auf einen Kranz und eine gute Platzierung.

Wie sind die Zuger Schwinger derzeit aufgestellt? Was traut ihr euch beim Kantonalen in Baar zu?
Tatsache ist, dass wir viele Verletzungen im vorderen Feld zu beklagen haben. Rainer Betschart verletzte sich in Ibach, Dominik Waser in Cham und natürlich Pirmin Reichmuth. Ob Rainer und Dominik rechtzeitig fit werden, weiss ich nicht. Ich hoffe es jedoch. Starke Nichtkranzer aus allen vier Zuger Schwingklubs streben das Eichenlaub an. Zum Beispiel Christian Bucher, Thomas Bucher, Adrian Hurschler, Manuel Elsener, Lukas Baumann, Dominik Müller, Beat Suter oder Christoph Moos. Ein Exploit ist jederzeit möglich.


Marcel Bieri, der glückliche Sieger beim Frühjahrsschwinget Pfäffikon
Foto: schwingklub-aegerital.ch

Ich bedanke mich bei Marcel Bieri für seine aufschlussreichen Antworten! Von dem aufstrebenden Talent wird man in Zukunft sicher noch einiges hören. Dass der junge Zuger seine Führungsrolle von sich weist, finde ich mehr als verständlich. Denn mit solchen „Prädikaten“ werden die Athleten meist nur unter Druck gesetzt. Trotzdem: Marcel ist der zurzeit stärkste Zuger Schwinger und die eingangs erwähnten Resultate geben aus Innerschweizer Sicht zu berechtigter Hoffnung Anlass.
Vorderhand wünsche ich dem Turnerschwinger beim Zuger Kantonalen einen guten Wettkampf, das nötige Glück und ein gutes Resultat. Und natürlich, dass er sich verletzungsfrei durch die Saison schwingt!

feldwaldwiesenblogger

2 Gedanken zu “Vor dem Zuger Kantonalen: Interview mit Marcel Bieri, dem zurzeit stärksten Zuger Schwinger

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