Dass wieder ALLE schwingen dürfen, hat die Gemüter innerhalb der Schwingerwelt ziemlich beruhigt. Wie geht es nun weiter?

Text: feldwaldwiesenblogger

Am Donnerstag letzter Woche überraschte der Eidgenössische Schwingerverband (ESV) mit einer frohen Botschaft: Es dürfen wieder ALLE schwingen! In Zusammenarbeit mit der Technischen Kommission (TK) und dem Aktivenrat hat der Zentralvorstand (ZV) nämlich folgendes beschlossen: Die Öffnungsschritte vom 1. März (Training im Sägemehl und Wettkämpfe der U20-Schwinger) und 17. März (120 in Zusammenarbeit mit Swiss Olympic definierte Schwinger der Leistungssportgruppe) behalten weiterhin ihre Gültigkeit. Die restlichen Ü20-Schwinger dürfen das Training unter strengen Schutzmassnahmen auch wieder aufnehmen. In der Tat eine gute Neuigkeit und ein weiterer Schritt zurück in die Normalität.

Training unter Schutzmassnahmen

Für die Ü20-Schwinger gilt nun: Die wichtigste Schutzmassnahme ist die permanente Maskenpflicht beim Training, auch beim Schwingen. Weiter dürfen maximal 15 Schwinger inklusive Trainingsleiter an einer Trainingslektion teilnehmen, und diese Lektionen dürfen nur im Freien abgehalten werden. Pro trainierendes Schwingerpaar soll eine Sägemehlfläche von 20 Quadratmetern zur Verfügung stehen. Der Sägemehlring soll zudem eine Mindesthöhe von 15 gewalzten Zentimetern aufweisen. Schwinger der Gruppen U20 und des Leistungssports können an den Trainings ebenfalls teilnehmen, haben sich dann aber an diese strengeren Regeln zu halten. Der ESV empfiehlt zudem, mit dem Schulschwingen, dem sogenannten Techniktraining zu beginnen. Weiter sollen sich die Schwinger einmal wöchentlich einem Corona-Selbsttest unterziehen. Soweit die Spielregeln für diesen eminent wichtigen Öffnungsschritt.

Stefan Strebel als Motor hinter den Öffnungsschritten

Diese stufenweisen Öffnungsschritte darf man als Erfolg werten. Der bisher letzte Öffnungsschritt mit dem Verdikt «Es dürfen wieder ALLE schwingen» lässt innerhalb der Schwingerwelt nach den jüngsten Turbulenzen sicher etwas Ruhe einkehren. Denn das sollte inzwischen allen klar sein, dass der ESV nicht einfach tun und machen kann, was ihm beliebt. Auch dieser grosse Sportverband muss sich an die Vorgaben des Bundes halten. Darum sind die einzelnen Öffnungsschritte so wichtig, mit dem einzigen Ziel, in absehbarer Zeit wieder Schwingsport geniessen zu können, wie wir ihn kennen. Dazu braucht es jetzt einfach ein wenig Geduld. Der grosse Motor hinter den einzelnen Öffnungsschritten ist Stefan Strebel, der TK-Chef vom ESV. Beharrlich ging er seinen Weg und setzte sein Ziel, dass alle wieder schwingen können, in die Tat um. Im Gespräch mit Stefan wollte ich erfahren, ob sich die erhitzten Gemüter nun tatsächlich etwas beruhigt haben, wie die Ü20-Schwinger diese gute Nachricht aufnahmen und wie die Erfahrungen in der ersten Trainingswoche aussahen. Weiter erzählte Stefan von den Reaktionen auf die bisherigen Öffnungsschritte und wann mit Schwingfesten der Aktiven zu rechnen ist. 

Seit diesem Montag sind Schwingtrainings auf Aussenschwingplätzen möglich, wie hier in Amriswil TG

Bild: Schwingerverband Oberthurgau (Facebook)

Haben sich nach dem letzten Öffnungsschritt die erhitzten Gemüter innerhalb der Schwingerwelt etwas beruhigt?

«Diese Frage kann ich klar mit ja beantworten. Ich habe viele positive Nachrichten erhalten. Einerseits von Seiten der Sozialen Medien und den herkömmlichen Medien, andererseits bekam ich auch Briefe. Die meisten haben nun verstanden, um was es bei diesen Öffnungsschritten geht.» 

Steckt hinter dem Öffnungsschritt «Schwingen auch für die Ü20-Schwinger» ein grosses Ringen mit BASPO/Swiss Olympic?

«Ja, dahinter stecken tatsächlich ein grosses Ringen und viele Telefonate mit den entsprechenden Stellen. Damit alle schwingen können, wurde der Kompromiss mit der Maskenpflicht beim Training ausgehandelt. Wir vom ESV haben dabei quasi die Vorreiterrolle für die Kampfsportarten übernommen. Die nächsten Öffnungsschritte werden direkt vom Bundesrat kommen. Swiss Olympic wird dann nur noch eine beratende Rolle einnehmen und Informationen übermitteln.»

Wie nahmen die Ü20-Schwinger die frohe Botschaft samt den strengen Schutzmassnahmen auf?

«Die Ü20-Schwinger haben das sehr positiv aufgenommen. Einige von ihnen haben zum Teil seit eineinhalb Jahren nicht mehr geschwungen. Es stimmt für sie, dass sie mit Schulschwingen beginnen können. Es ging ihnen auch darum, sich wieder mal zu treffen und austauschen zu können. Viele Schwingklubs haben bereits Aussenplätze errichtet, auch das ist ein positiver Aspekt.»

Gibt es von Seiten der Schwingklubs viele Fragen zur Umsetzung der entsprechenden Vorgaben?

«Nein, ich erhielt keine einzige Frage. Das von uns erarbeitete Schutzkonzept beschreibt meines Erachtens die Wiederaufnahme des schwingtechnischen Trainingsbetriebes sehr gut. Das Konzept enthält vier Eckpunkte: Die Teilnahme von 15 Schwingern inklusive eines Technischen Leiters, Trainings nur draussen und mit Maske, das empfohlene Praktizieren des Schulschwingens und das wöchentliche Testen.»

Wie waren die ersten Erfahrungen bei den Trainings dieser Woche mit den entsprechenden Schutzmassnahmen?

«Ich bekam etliche positive Feedbacks. Die Ü20-Schwinger sind froh um das Techniktraining und das Schulschwingen mit Maske ist machbar. Die Schwinger müssen sich nun einfach ein wenig gedulden, denn der nächste Öffnungsschritt mit frei schwingen ohne Maske wird folgen.»

Stefan Strebel ist der Motor hinter den Öffnungsschritten

Bild: esv.ch

Du darfst diese schrittweisen Öffnungen, welche nun seit dem 1. März erfolgen, auch als deine Erfolge verbuchen. Welche Schritte erwartest du als nächstes?

«Am 12. Mai erwarte ich den nächsten Bundesrats-Entscheid, welcher für Ende Mai weitere Öffnungsschritte vorsehen sollte. Ich rechne damit, dass ab anfangs Juni die Schwingtrainings ohne Maske erfolgen können. Meiner Einschätzung nach können ab anfangs Juli Schwingfeste mit 3’000 Personen stattfinden. Zu diesen 3’000 Personen zählen die Schwinger, Funktionäre, Hilfspersonal und die Zuschauer. Diese Einschätzung ziehe ich aus meinem engen Kontakt mit Swiss Olympic.»

Das eine definierte Anzahl von 120 Schwingern nun der Leistungssportgruppe angehören war eine besonders umstrittene Geschichte, sowohl innerhalb des Zentralvorstands als auch in der grossen Schwingerfamilie. Wie beurteilst du dieses zähe Ringen rückblickend?

«Die stufenweisen Öffnungsschritte waren rückblickend der richtige Weg, auch wenn dieser viel Gegendruck verursachte. Ich würde es wieder genau gleich machen. Ich habe mich dabei ständig hinterfragt, und habe viel Verständnis für andere Meinungen aufgebracht. Denn: Wenn ich nicht so nahe am ganzen wäre, hätte ich wohl auch für ein «Entweder alle oder keiner» plädiert.»

Erhieltest du deswegen auch böse Reaktionen und Kommentare?

«Ich konnte wegen der Corona-Pandemie bisher noch an keinem Schwingfest die Einteilung leiten. Ich rechne damit, dass es dann schon ein paar böse Reaktionen geben könnte. Es war schon heftig Ende Februar/anfangs März mit dem vielen Druck. In dieser Zeit war die Situation ziemlich angespannt, und etliche haben fast schwarzgesehen. Wenn die ESV-Abgeordnetenversammlung in dieser Zeit physisch stattgefunden hätte, hätte ich wohl einige Kommentare über mich ergehen lassen müssen. Im Verlauf vom März und April hat sich die Situation nun sichtlich entspannt.»

Gestern wurde bekannt, dass in Ibach SZ in den Monaten Juni/Juli gleich vier Kranzfeste stattfinden sollen. Die ersten beiden Feste sind für den 20. respektive 26. Juni geplant. Das bedingt aber, dass der Bundesrat weitere Lockerungen auf Ende Mai bekannt gibt. Darum die Frage: Braucht’s die sogenannte Vier-Wochen-Regel vor dem ersten Schwingfest gar nicht mehr, jetzt wo alle Schwinger mindestens Techniktraining machen können?

«Diese vier Wochen sind nicht in Stein gemeisselt. Wenn es auf Ende Mai tatsächlich den nächsten Öffnungsschritt gibt, werde ich mich innerhalb des Zentralvorstandes, der Technischen Kommission und beim Aktivenrat dafür stark machen, dass ab Mitte/Ende Juni Wettkämpfe möglich sind. Bedingung ist, dass ab anfangs Juni die Maske weggelassen werden kann und Wettkämpfe für die Aktiven auch tatsächlich möglich sind. Übrigens: Ich habe mich gestern über die gute Nachricht aus der Innerschweiz sehr gefreut. Vier Kranzfeste auf einem Platz für die Monate Juni/Juli zu planen zeugt von grossem Innovationsgeist und liess mich jubeln. Wir sind auf einem guten Weg, auch wenn es halt manchmal harzt.»

Ein Blick in die Zukunft: Ob das Eidgenössische Jubiläumsschwingfest am 5. September zur Austragung kommen wird, entscheidet sich nächste Woche. Im Raum steht eine Verschiebung ins 2022. Der Kilchberger Schwinget vom 25. September besitzt jedoch gute Chancen auf eine Durchführung. Wird der Zutritt für möglicherweise 10’000 Zuschauer nur mit einem Covid-Zertifikat des Bundes möglich sein?

«Meines Erachtens ja. Ich glaube, dass 10’000 Zuschauer teilnehmen können, halt gemäss den Vorgaben des Bundes. Eine Ausnahme wird es für den Schwingerverband nicht geben.»

feldwaldwiesenblogger

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