Der erst 18-jährige Tim Roth holte sich am Weissenstein-Schwinget überraschend aber verdient den begehrten Bergkranz – ein Porträt und Gespräch

Das grosse Aargauer Talent gewann auf dem Weissenstein seinen allerersten Bergkranz und setzte mit einer starken Leistung ein dickes Ausrufezeichen. Mit Patrick Schenk bodigte er um den Kranzgewinn gar einen Berner Eidgenossen. Zu erwähnen gilt, dass auf dem Solothurner Hausberg bei der Berner Machtdemonstration zwei Nachwuchsschwinger für die Nordwestschweizer die Kastanien aus dem Feuer holen mussten. Der Weissenstein-Kranz bedeutet für Tim Roth bereits Eichenlaub-Nummer fünf in der laufenden Saison. Grund genug, sich mit dem «Neu-Bergkranzer» zu unterhalten.

Text: Schwinger-Blog

Bester Nachwuchsschwinger am Weissenstein-Schwinget

Nach Michael Moser anfangs Januar und Lukas Bissig nach dem Stoos-Schwinget kürt der Schwinger-Blog nun Tim Roth als den besten Nachwuchsschwinger eines Schwingfestes und widmet ihm einen Beitrag. Mit Rang fünf seinen allerersten Bergkranz an einem stark besetzten Bergkranzfest mit 23 Eidgenossen zu gewinnen, zeugt von Extraklasse. Zumal die arrivierten Nordwestschweizer Schwinger leer ausgingen, und nebst Tim nur noch der junge Baselbieter Jonas Odermatt kranzgeschmückt die Heimreise antreten durfte.

Vier Siege, einer davon gegen den Eidgenossen Patrick Schenk

Tim wies nach dem Weissenstein-Schwinget ein starkes Notenblatt auf: Vier Siege stehen einem «Gestellten» und einer Niederlage gegenüber. Zum Auftakt bodigte er Alexandre Loup, ehe die Niederlage gegen den Eidgenossen Dominik Gasser folgte. Mit der Punkteteilung gegen Ruedi Roschi schloss Tim das Vormittagsprogramm eher mässig ab. Am Nachmittag besann sich das grosse Talent seiner Stärken und bezwang im vierten Gang den Südwestschweizer Teilverbandskranzer Stéphane Haenni mit einem Plattwurf. Mit dem Sieg gegen Dominik Binggeli im fünften Gang wahrte sich Tim die Chance auf den Kranzgewinn. Vorgesetzt wurde ihm dafür mit Patrick Schenk ein Eidgenosse. Aber auch diese Aufgabe meisterte der Youngster und gewann so den begehrten Bergkranz. Tim erzählt im nachfolgenden Gespräch unter anderem, wie er Schenk bezwang, wo er seine Stärken und seine Schwächen sieht, wie er zum Schwingen kam und welche Schwingfeste 2023 noch auf seinem Programm stehen.

Tim Roth feierte auf dem Weissenstein mit einer starken Leistung seinen ersten Bergkranz

Bild: Pascale Alpiger

Mitglied beim Schwingklub Aarau

Das Geburtsdatum von Tim ist der 1. November 2004. Der 18-Jährige wohnt in Erlinsbach und gehört mit seiner Grösse (183 Zentimeter) und seinem Gewicht (120 Kilogramm) bereits in jungen Jahren zu den kräftig gebauten Athleten. Der Aargauer ist gelernter Landschaftsgärtner und arbeitet in einem kleinen Betrieb in Erlinsbach. In seiner Freizeit interessiert sich Tim für Motocross, hilft auf dem väterlichen Bauernbetrieb mit und verbringt gerne Zeit mit seinen Kollegen. Der Sennenschwinger ist Mitglied beim Schwingklub Aarau, welcher dem Aargauer Kantonalen Schwingerverband angehört, und schwingt seit 2010. 

Bergkranz und Schlussgangteilnahme am Aargauer Kantonalen als bisherige Karrieren-Highlights

In der laufenden Saison gewann der Landschaftsgärtner bereits fünf Kränze: Am Basellandschaftlichen, Baselstädtischen, Aargauer sowie Solothurner Kantonalschwingfest und nun auf dem Weissenstein. Als bisherige Karrieren-Highlights darf man den Weissenstein-Bergkranz und die Schlussgang-Qualifikation anfangs Juni am Aargauer Kantonalen bezeichnen. Tim hat mittlerweile sechs Kränze auf seinem Konto. Der erste Kranzgewinn erfolgte letztes Jahr am Aargauer Kantonalschwingfest in Beinwil (Freiamt). In dieser Saison begann sein Stern nicht nur aufzugehen, ab sofort erscheint hinter dem Namen auch ein zweiter Stern.

Das hier ein äusserst talentierter Nachwuchsschwinger am Werk ist, beweisen weitere Daten im Palmarès: Tim absolvierte acht Gänge am ESAF 2022 in Pratteln, gewann 2021 am ENST den begehrten Doppelzweig und feierte als Jungschwinger etwa 14 Siege. Weiter holte er sich rund 75 Zweige. Erwähnenswert ist zudem, dass sein Zwillingsbruder Jan ähnlich stark schwingt. Die beiden sind sich sehr nahe und pushen sich gegenseitig zu Höchstleistungen. Jan steht bei fünf Kränzen und auch hinter seinem Namen prangt bereits ein zweiter Stern.

Im alles entscheidenden Kampf gegen Patrick Schenk geht Tim Roth (rechts) hochkonzentriert ans Werk

Bild: Pascale Alpiger

Herzliche Gratulation zum Weissenstein-Kranz! Was für Gedanken begleiteten dich am Ende dieses erfolgreichen Bergkranzfestes?

«Besten Dank! Ich war etwas überrascht, aber sehr glücklich über den Kranzgewinn. Mein Ziel für 2023 war es, entweder einen Teilverbands- oder einen Bergkranz zu gewinnen. Ich vermutete, dass ich meinen zweiten Stern eher am Nordwestschweizer Schwingfest holen würde. Dass es jetzt schon funktioniert hat, freut mich sehr. Mir war bewusst, dass ich es schaffen kann, wenn alles zusammenstimmt.»

Welcher der sechs Gänge war dein härtester Kampf?

«Ich würde sagen der letzte Gang gegen Patrick Schenk. Die Vorbereitung dazu war mental am schwierigsten. Ich wusste, dass es funktionieren könnte. Wenn es um den Kranz geht und man dafür einen Eidgenossen vorgesetzt bekommt, bedeutet das eine grosse Herausforderung. Um noch einmal alles zu geben und dies in den Kampf zu werfen.»

Wie hast du den Berner Eidgenossen Patrick Schenk bezwungen?

«Er zog mich immer wieder an. Ich konnte Patrick in einem guten Moment mit einem Kurz ziehen, spalten und am Boden den Kampf fertig machen.»

Welches sind deine bevorzugten Schwünge?

«Mein Hauptschwung ist der Kurz, ich wende aber auch gerne den Wyberhaken und den Gammen an. Diese drei Schwünge liegen mir am besten. Am Boden mache ich den Bodenhüfter, und hin und wieder versuche ich mich mit Grittelen und Münger. Um den Bodenkampf muss ich mich in nächster Zeit aber vermehrt kümmern.»

Wo siehst du deine Stärken, wo deine Schwächen?

«Als Stärke sehe ich meine mentalen Fähigkeiten. Wenn ich eine schwierige Aufgabe mit einem stärkeren Gegner vor mir habe, weiss ich gut damit umzugehen. Als Schwächen würde ich meine Unerfahrenheit bezeichnen, und dass ich konditionell noch nicht so stark bin wie höher dotierte Schwinger.»

Die beiden Zwillingsbrüder Tim (links) und Jan stehen sich sehr nahe und schwingen auch leistungsmässig ähnlich stark

Bild: Tim Roth (Facebook)

Wie sieht dein wöchentliches Trainingsprogramm aus? 

«Ich absolviere bis drei Schwingtrainings pro Woche. Während der Saison kommen ein bis zwei Krafttrainings mit Schwerpunkt Schnellkraft hinzu. Im Winter bestreite ich nebst den drei Schwingtrainings zwei Einheiten Krafttraining.»

Trainierst du in einer Trainingsgruppe?

«Mein Zwillingsbruder Jan und ich arbeiten seit letztem Winter mit dem Athletiktrainier Felix Zimmermann zusammen. Einmal pro Monat fahren wir zu ihm nach Rheinfelden zum Training. Ansonsten stellt er uns ein Trainingsprogramm zusammen. Weiter steht das gemeinsame Training mit unserem Schwingklub auf dem Programm.»

Welche Schwinger sind deine Vorbilder?

«Als meine Vorbilder bezeichne ich Christoph Bieri und Bruno Gisler. Ich hatte die beiden schon in jungen Jahren an Schwingfesten beobachtet. Ich war auch ein Fan von ihnen, weil sie einerseits Nordwestschweizer sind. Andererseits haben mir ihre Schwingart, ihre Vielseitigkeit, ihr Schwingstil und ihr Image beeindruckt. Ich habe einiges von ihnen abgeschaut.»

Wie bist du zum Schwingsport gekommen?

«2010 verfolgten wir zuhause am Fernsehen das ESAF von Frauenfeld. Mein Bruder und ich begangen hernach auf dem Sofa miteinander zu kämpfen und raufen. Unsere Mutter fuhr dann mit uns nach Aarau ans Schwingtraining. Seither üben mein Bruder und ich gemeinsam den Schwingsport aus

Welche Schwingfeste stehen bei dir 2023 noch auf dem Programm?

«Geplant sind der Fricktaler Abendschwinget, das Nordwestschweizer Schwingfest, der Schwägalp-Schwinget und wenn ich selektioniert werde der Unspunnen-Schwinget

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