Jahresendgespräch mit ESV-Obmann Paul Vogel: Ausblick auf 2018

Text: feldwaldwiesenblogger

Am 21. Dezember veröffentlichte ich den ersten Teil des Jahresendgespräches mit Paul Vogel, dem Obmann des Eidgenössischen Schwingerverbandes (ESV). Er zog dabei Bilanz über das Schwingerjahr 2017. Themen wie die Mitgliedschaft beim Dachverband Swiss Olympic, Verletzungssorgen aus Sicht des ESV, die Zahlen der Aktiven und Jungschwinger, der neue Medienvertrag mit SRF und die sechs Bergfeste wurden angesprochen. Heute erklärt der Luzerner, was den ESV 2018 beschäftigen wird. Zu interessanten Schwerpunkt-Themen stellt Paul die Sicht des Schwingerverbandes dar.


Paul Vogel erklärt, was den ESV 2018 beschäftigt
Foto: feldwaldwiesenblogger

Was den ESV über 2017 hinaus beschäftigt
2020 feiert der ESV seinen 125. Geburtstag. Die „Jubiläumsschrift 2020“ soll 2018 in Angriff genommen werden. Zudem liegen nun mit Davos, Interlaken und Colombier drei Bewerbungsdossiers für den Jubiläumsanlass vor. Weiter will man kleine Anpassungen im Werbe-Reglement vornehmen und schliesslich beschäftigt die „No Billag“-Abstimmung auch den Schwingerverband. Der ESV ist zwar politisch und konfessionell neutral. Trotzdem: Wie geht man damit um, und wie wird sich der ESV positionieren? Denn die Billag ist für den ESV wichtig. Einerseits möchte man, dass SRF weiterhin viel und regelmässig über den Schwingsport berichtet. Andererseits wären auch die regionalen Fernseh- und Radiostationen, welche ebenfalls regelmässig Beiträge über den Nationalsport ausstrahlen, betroffen. Denn diese bekommen momentan 60 Millionen Franken aus diesen Gebührengeldern.
Der Goldene Kranz, welcher von Roger Fuchs ins Leben gerufen wurde, konnte vom ESV übernommen werden. Die Ehrung zum Aufsteiger des Jahres und zum Schwinger des Jahres erfolgt jeweils nun an der Abgeordneten-Versammlung (AV).
Künftige grosse Feste wie das ESAF 2019 in Zug oder auch schon der nächste Kilchberger Schwinget werden ein Thema sein. Beim Kilchberger Schwinget, ebenfalls ein Schwingfest mit Eidgenössischen Charakter, möchte der Verband Anpassungen reinbringen.


Die Regiobank Schwinghalle Solothurn wurde am 12. Mai feierlich eröffnet
Foto: schwingklub-solothurn.ch

Sechs neue Schwinghallen
„Erfreulicherweise erhielten wir dieses Jahr mehrere Gesuche für den Neubau von Schwinghallen, und zwar aus der ganzen Schweiz. In den beiden letzten Jahren wurden zudem sechs neue Schwinghallen gebaut“, erzählt Paul. Weiter durfte der ESV die Geschäftsstelle mit einer 60 Prozent-Stelle aufstocken, was sich als positiv erwies. Christian Ruefer beendet auf Ende 2017 seinen Job als Medienchef beim ESV, und wird nicht ersetzt. Diese Arbeiten werden neu in die Geschäftsstelle integriert. Der Obmann erläutert: „Früher hat es diesen Job gebraucht. Heute kommen die Anfragen zu 70 Prozent zu mir und die restlichen 30 Prozent zur Geschäftsstelle.“
Des Weiteren hat der ESV Sorgen mit der Zeitung „Schwingen Hornussen Jodeln“. Denn der Abonnentenschwund ist enorm und die Inserate-Zahl ging ebenfalls zurück. Laut Paul mussten sie die Handbremse ziehen und der Verband ist nun auf der Suche nach Lösungen. Sonst wird das Ganze irgendwann zum Verlustgeschäft.
Die Schwingerhilfs-Kasse wird künftig in die ESV-Geschäftsstelle integriert. Die Funktions-Diagramme wurden dementsprechend überarbeitet. Paul sagt dazu: „Der Arbeitsanfall hat in den letzten Jahren ständig zugenommen. Bei der Schaffung der Geschäftsstelle vor einigen Jahren hatte man das Bestreben, den Zentralvorstand zu entlasten. Wir müssen dabei ständig aufpassen, dass wir die Zentralvorstandsmitglieder und die Teilverbandspräsidenten nicht mit Arbeit überladen. Das Ziel vom ESV ist nach wie vor, dass vom Klub bis hin zum Obmann ehrenamtlich gearbeitet wird. In naher Zukunft müssen wir die Geschäftsstelle erneut aufstocken, und zwar im Technischen Bereich. Die Anforderungen haben sich gegenüber früher stark verändert, dazu gehört sicher auch die Ausbildung.“


Dies beschäftigt den ESV u.a. 2018: Wie weiter mit der Zeitung „Schwingen Hornussen Jodeln“?
Foto: feldwaldwiesenblogger

Wichtigen Themen für den ESV im neuen Jahr
Das Eidgenössische 2022 mit dem Standort Pratteln ist so ein Thema. An der AV im kommenden März möchte man diesen Anlass definitiv vergeben. Paul dazu: „Wir haben dies genau angeschaut und sind der Meinung, dass das Bewerber-OK gute Arbeit geleistet hat. Wegen den Platzverhältnissen vor Ort wird die Arena des ESAF 2022 etwas kleiner werden. Geplant ist eine Grössenordnung wie 2010 in Frauenfeld mit 47’000 Zuschauern. Zum Vergleich: 2019 werden in Zug 56’000 Zuschauer Platz finden. Wir sind froh, dass wir mit Pratteln nun einen Standort haben. Denn die Standorte Aesch BL und später das St. Jakob-Stadion in Basel führten bekanntlich zu verschiedenen Schwierigkeiten.“
Weiter steht die Umsetzung eines Kommunikationskonzeptes auf dem Programm. Dieses Konzept beinhaltet die Printmedien bis hin zum Extranet, oder wie es mit der Schwingerzeitung weitergehen soll. Erkenntnisse aus einer vorgängig gemachten Analyse liess man in das Konzept einfliessen.
Anpassungen im Technischen Bereich, wie die Ausbildung in Zukunft aufgegleist werden soll, stehen an. Ein Ziel ist, dass die 23 Schwinger, welche Sport-WK’s absolvieren, eine Grundausbildung im Technischen Bereich absolvieren können. Weiter wird ein Thema sein, wie man zurückgetretene Schwinger dazu motivieren kann, sich als Technische Leiter zu betätigen. Der höchste Schwingfunktionär ergänzt: „Zu weiteren Arbeiten gehört auch die Unterstützung der Klubs im technischen und administrativen Bereich. Die Arbeit geht uns nicht aus. Ich bin jetzt im vierten Jahr als Obmann. Die Arbeit wird jedes Jahr mehr, schätzungsweise um 5 Prozent.“

Keine weitere Professionalisierung des aktiven Schwingsportes
Mit diesem Thema konfrontiert, erläutert Paul: „Wir haben drei oder vier Schwinger, welche derzeit vom Schwingsport leben könnten. Aber was machen diese, wenn sie nicht mehr aktiv sind? Es ist deshalb wichtig und richtig, dass alle einer geregelten Arbeit nachgehen. Das Schwingen wird nie ein Profisport werden. Ich finde nach wie vor gut, dass die Schwinger etwas an Werbeeinnahmen generieren können. Denn die Athleten haben auch mehr Auslagen als früher. Die Schwinger geben zehn Prozent der Werbeeinnahmen zugunsten der Nachwuchsförderung an den Verband ab. Dieser Betrag steigt für 2017 über 200’000 Franken. Grob gesagt sind es etwa 70 Schwinger, welche durch Werbung Geld bekommen. Einige Athleten wollen dies zum Teil (noch) nicht. Ich habe keine Bedenken, dass das weiterhin auf einer guten Basis und mit gesundem Menschenverstand abläuft.“

Die Rekrutierung von Funktionären wird zunehmend schwieriger
„Die Rekrutierung von Personen für Vereins- und Vorstandsaufgaben ist tatsächlich schwieriger geworden. Das ist ein allgemeiner Trend und fusst auf dem Wohlstand in der Bevölkerung. Viele geben lieber Geld und machen dafür nichts. Mit diesem Umstand kämpft aber nicht nur der Schwingsport, es trifft alle Vereine“, so der Luzerner.


Das Riesengelände vom ESAF 2016 in Estavayer FR
Foto: schlussgang.ch

Die sich weiter öffnende Schere zwischen Riesen-Anlässen und den kleinen Rangschwingfesten
Die Schere hat sich laut dem ESV-Obmann vor allem oben weiter geöffnet, indem diese Feste immer grösser und beliebter geworden sind. Man darf sich aber auch an das ESAF 2001 in Nyon erinnern, wo eine Arena mit 32’000 Sitzplätzen gebaut, aber „nur“ 27’000 Plätze verkauft wurden. Das Fest wies deswegen hinterher ein Defizit von 400’000 Franken auf. Das ESAF 2016 in Estavayer ist das erste Eidgenössische Schwingfest in der Südwestschweiz, welches finanziell positiv abgeschlossen hat. Aber auch die Teilverbandsfeste wurden laufend grösser. So soll beispielsweise das ISAF 2018 in Ruswil 2’000 zusätzliche Plätze zu vergangenen Festen aufweisen. Paul ist nicht unbedingt ein Freund davon, denn irgendwann ist eine Obergrenze erreicht und die ganze Infrastruktur rings um so grosse Arenen muss auch seinen Platz haben. Trotzdem meint der Ruswiler: „Die kleineren Feste haben ganz klar ihre Daseinsberechtigung. Es gehört aber auch dazu, dass sie sich anpassen und gute Arbeit leisten müssen. Vom ESV her wurde bekanntlich die Regelung der vier zu besuchenden Rangschwingfeste verabschiedet. Der ISV will das gleiche in Zukunft auch machen, damit ihre Athleten über ihren Wohnkanton hinaus für Schwingfeste selektioniert werden. Die ersten Auswirkungen sahen wir dieses Jahr, als gewisse Spitzenschwinger für Feste ausserhalb ihres Teilverbandes nicht berücksichtigt werden konnten. So stärken wir die Klubs, denn diese sind für uns die Basis. Ganz schlechte Beispiele sind jene Klubs, welche in ihrem Gebiet keine Schwingfeste mehr organisieren. Diese verschwinden früher oder später von der Bildfläche.“

Ein Älplerfest ist zu einem Volksfest geworden
Das ESAF heisst ausgeschrieben Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest. Der Begründer der Vogel Design AG fragt: „Warum wurde es wohl Älplerfest genannt? Weil die Älpler früher neben dem Schwingen auch ein Fest machen wollten. Wenn man es heutzutage neu betiteln müsste, würde es wohl Eidgenössisches Schwing- und Volksfest heissen. Die Organisatoren vom ESAF 2019 in Zug müssen stark darauf achten, dass sie den Volksauflauf auf den vorgegebenen Plätzen bewältigen können. Denn heute gibt es enorm viele Leute, welche nur ans Volksfest kommen, aber nicht in die Schwing-Arena. Das hat sich in den letzten Jahren definitiv geändert. Man muss darauf ein Auge halten, damit dies nicht noch mehr gepusht wird. Es gibt dabei verschiedene Ideen und Lösungsansätze. Uns ist es wichtig, dass sich Personen mit einem mittleren Einkommen weiterhin den Eintritt bei einem Eidgenössischen leisten können. Was uns auch beschäftigt, sind die Arenakosten. Denn die Ticketpreise decken diese momentan nicht mehr. Es sind dabei auch extreme Auflagen betreffs Sicherheit hinzugekommen.“

feldwaldwiesenblogger

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